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Rückzug von Bayer-Chef wegen GlyphosatMilde Strafe für Totalversagen

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Bayer-Chef Baumann ignorierte Warnungen vor dem Kauf des US-Glyphosat-Herstellers Monsanto. Nun steht Bayer vor der Zerschlagung.

Hat bei Bayer ein Desaster angerichtet: Werner Baumann, Chef des Chemiekonzerns Foto: Wolfgang Rattay/reuters

W erner Baumann hat als Chef des Chemiekonzerns Bayer in vielerlei Beziehung unverantwortlich gehandelt – sowohl wirtschaftlich als auch moralisch. Dass er nun ein Jahr früher gehen muss als geplant, ist eine äußerst milde Strafe.

Baumann hat ein Desaster bei Bayer angerichtet, indem er die Fusion mit dem US-Pestizid- und Saatguthersteller Monsanto organisiert hat. Er setzte sich über alle Warnungen etwa von Umweltschützern hinweg – und über die Moral, denn Monsanto hat einfach zu viel Dreck am Stecken.

Die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation WHO hatte den Wirkstoff Glyphosat der wichtigsten Monsanto-Pestizide bereits 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Damit war klar, dass auf Monsanto eine Welle von Schadenersatzklagen zurollen wird von Menschen, die ihre Krebserkrankung auf Glyphosat zurückführen. Das Unternehmen sah sich auch mit zahlreichen weiteren Klagen wegen Umweltvergehen konfrontiert.

Zudem ist die Firma führend bei gentechnisch veränderten Pflanzen, die eine umweltschädliche Landwirtschaft fördern. Mit ihrer Hilfe kann zum Beispiel Mais in Monokulturen angebaut werden, die die Artenvielfalt weiter reduzieren. Dennoch übernahm Bayer unter Baumanns Führung im Juni 2018 Monsanto für rund 63 Milliarden Dollar.

Abschiedspaket für Baumann?

Boni hat er trotzdem kassiert, während das Unternehmen bluten musste: Milliarden Dollar sind für Schadenersatz oder Rückstellungen für spätere Zahlungen an Glyphosat-Kläger draufgegangen. Seit der Übernahme hat Bayer rund die Hälfte an Börsenwert eingebüßt. Der Konzern war vor Baumanns Rückzugsankündigung ungefähr so viel Wert, wie er für Monsanto gezahlt hat. Tausende Stellen wurden gestrichen. Bayer ist jetzt selbst ein Übernahmekandidat. Fonds wollen das deutsche Traditionsunternehmen zerschlagen und einzelne Sparten an die Börse bringen.

Zwar geht Baumann jetzt etwas früher als zuletzt geplant, aber die Schäden, die er hinterlässt, macht er natürlich nicht wieder gut. Im Gegenteil: Vermutlich bekommt er noch ein komfortables Abschiedspaket. Und dann Rente mit 60. Davon können selbst französische Arbeiter nur träumen.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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13 Kommentare

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  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Es ist schon eine Wahnsinns-Ironie des Schicksals, dass nach all den Skandalen die Bayer so selbst produziert hat - Lipobay, Yasminelle, ... - jetzt ein fahrlässig dazu gekaufter Skandal den Sargnagel macht.

    Ein sehr schöner Artikel, den man einfach nur wörtlich nehmen muss: "Damit war klar, dass auf Monsanto eine Welle von Schadenersatzklagen zurollen wird von Menschen, die ihre Krebserkrankung auf Glyphosat zurückführen." Keine Ahnung, warum das die handelnden Personen nicht gesehen haben, die müssen schon sehr von der Realität entkoppelt gewesen sein.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    Hier zeigen sich Hybris und Versagen des kapitalistischen Systems gleichermaßen.



    Die Namen sind austauschbar und letztlich unbedeutend: Nonnenmacher, Rabe, Baumann, Leman, Wirecard.



    Sie stehen gemeinsam für ein verrottetes System.

    Die Auswirkungen gehen immer zulasten der Öffentlichkeit, die all dies am Ende bezahlt – und dies offenbar als alternativlos empfindet (Übernahme der HSH Schulden durch den Steuerzahler, Arbeitslosigkeit und Armut zigtausender MitarbeiterInnen, Schaden an Gesellschaft und Umwelt).



    Einzig im Mutterland des Kapitalismus hat man mit der Enron-Pleite und den hohen Haftstrafen für einige Vorstandmitglieder immerhin einen Weg gewiesen, wie man solchen gigantischen & idR betrügerischen „Umverteilungen“ auch anders begegnen kann.



    Auch davon sind wir in Deutschland leider weit entfernt.

  • Ein sehr treffender Artikel.



    Der Kauf von Monsanto war in jeder Hinsicht katastrophal.



    Bitter, dass Die ArbeitnehmerInnen die Zeche mit Ihrem Job bezahlen mussten.

  • Na und, das ist doch schlicht menschlich. Wer gibt schon gerne zu über Jahre hinweg einen Totalvesager untertützt zu haben? Verurteilt die CDU jetzt Merkel, weil sie diesen ganzen Schlamassel herbeigeführt und sich dann kurz vor knapp abgesetzt hat? Mitnichten, darüber redet niemand. Auch die Grünen nicht die jetzt die Panzer fordern die unter Merkel verschrottet wurden, unter dem Beifal der Grünen übrigens. Will aber heute keiner mehr wissen. Wenn as Bespiel Bayer zu irgendwas dienen kann dann einmal dass "stupid German money" überall beliebt ist (ich erinnere nur an die "Ringtausche") und dass man wenn schon dann richtig und da wo es angemessen ist kritisieren sollte, Ich erinnere mich z.B. an keine Generalabrechnung mit Merkel in der taz...

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Was diesen Herrn und seine Mitarbeitenden getrieben haben mag den "Heilgen Berg" zu übernehmen, habe ich mich schon während der Diskussion um die Planung des Kaufs gefragt. Wer hat da wen gekauft?

  • Frühe Rente und reichlich Geld ... Na, so eine "Strafe" möcht man haben ...

  • Das Übliche eben, mutige LG-Aktivisten die sich , wenn auch mit drastischen Mitteln, für die Anwendung des in Deutschland bestehenden und verfassungsrechtlich anerkannten Rechts auf Erhaltung des Klimas und der Umwelt für die kommenden Generationen einsetzen werden kriminalisiert, wohingegen solche giergesteuerten Ethik-u.-Moral-Anomalien wie W. Baumann , nachdem Sie unsere Kugel nachhaltig vergiftet haben mit fetten Boni abtreten dürfen.

  • Ja wie? Milde Strafe?!



    Da ja für sojet Aap - Kielholen!



    Im Rhein - zu flach - ist nicht empfohlen.



    Kommt allein - jetzt mal nicht gelacht!



    Die Vizekusen Plörre-Taufe in Betracht!



    Der Delinquent wird in hohem Bogen



    Dem Rhein Höhe Vizekusen gradzu eingesogen!



    & Däh!



    Bekanntlich steht das Ergebnis BAYER fest!



    Denn. Nur selten überlebt jemand diesen Test!



    Ausnahmsweise aber - quasi schwer selten eben!



    Läßt die Chemobrühe - Angedeihn doch das ewge Leben.

    • 9G
      90118 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Finde ich gut!

      Und kommt es zur seltenen Ausnahme: Das ewige Leben soll letztlich ja wohl auch eine Qual sein - so sagen diverse Fachleute.

      In diesem Falle wäre die ewige Qual also trotzdem ebenfalls eine angemessene Strafe.

      • @90118 (Profil gelöscht):

        anscließe mich ;)

  • Ekelerregend in jeder Beziehung.

    • @Anidni :

      Nicht "nur". Ich lebe dort, wo Bayer, Monsanto (Syngenta...) am gesetzlich Unbehindertsten ihre Giftmischerei seit Jahren tonnenweise abladen (Brasilien).



      Und ALSO sage weil weiss ich, dass viele unserer Indigenen (die salopp mitbesprüht werden - von wegen "alles Gute kommt von oben"!) heute mit Krebs zu kämpfen haben. Dank solchen Ekelärschen wie dieser nun in Frühpension-Millionär befindliche.

  • Dass Monsanto ein "trojanisches Pferd" sein könnte haben seinerzeit sogar einige Analysten unumwunden postuliert - natürlich ungehört.

    Die Causa Baumann zeigt indes illustriert, dass auch oder gerade Topmanager den menschlichen Verlockungen erliegen wie jede:r andere:r auch.

    Die Aussicht auf "Platz 1" vorzurücken war einfach zu verlockend - allen "Unkenrufen" der Analysten und Kritikern zum Trotz.