piwik no script img

Liste antisemitischer VorfälleKanye West an der Spitze

Rapper Kanye West führt mit seinen Äußerungen die Wiesenthal-Liste der schlimmsten antisemitischen Vorfälle des Jahres an. Auch die documenta ist dabei.

Die Nummer 1 – aber nicht in den Charts, sondern in der Antisemitismus-Liste des Wiesenthal-Zentrums Foto: Evan Agostini/Invision/ap/dpa

Tel Aviv dpa | Rapper Kanye West steht nach Einschätzung des Wiesenthal-Zentrums mit seinen Äußerungen an der Spitze der zehn schlimmsten antisemitischen Vorfälle des Jahres 2022. West, der sich heute Ye nennt, stehe auf Platz eins, weil er neben ständigen antisemitischen Äußerungen auch seinen enormen Einfluss in sozialen Medien dazu missbraucht habe, „Hass, Fanatismus und Ignoranz als Waffen einzusetzen“, hieß es in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht des Wiesenthal-Zentrums. West habe dazu beigetragen, dass Judenhass Teil des Mainstreams in sozialen Medien geworden sei.

Auf Platz acht der Liste steht die 15. Ausgabe der Kunstausstellung documenta in Kassel. „In Deutschland werden die Tabus rund um Judenhass weiter gebrochen, angeheizt von Teilen der deutschen Regierung und einer Kunstelite, die den Einschluss antisemitischer Darstellungen bei der renommierten documenta durch eine Gruppierung erlaubte, die den Boykott Israels unterstützt“, hieß es.

Die documenta in Hessen war vor und während ihrer Laufzeit von immer neuen Antisemitismus-Vorwürfen erschüttert worden. Kurz nach der Eröffnung Mitte Juni wurde eine Arbeit mit antisemitischer Bildsprache entdeckt und abgebaut. Auch danach wurden Werke mit antijüdischen Stereotypen gefunden. In der Kritik stand das Kuratorenkollektiv der documenta, Ruangrupa, dem unter anderem eine Nähe zur Israel-Boykott-Bewegung BDS vorgeworfen wird.

Das Wiesenthal-Zentrum kritisierte zudem, es gebe „Empathie, aber nicht genug Handeln“ angesichts antisemitischer Übergriffe in Deutschland und an anderen Orten auf der Welt. Auf der Liste erschienen zudem der UN-Menschenrechtsrat, dem Israel immer wieder unfaire Einseitigkeit vorwirft, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dessen Behörde, staatlich verordneter Israel-Hass im Iran sowie Antisemitismus an US-Universitäten. An letzter Stelle erscheint der Telegram-Kanal, der den Angaben zufolge von Antisemiten zum Verbreiten ihrer Hassbotschaften genutzt wird.

Das 1977 gegründete Wiesenthal-Zentrum mit Hauptsitz in Los Angeles ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern bekannt geworden. Es bemüht sich aber auch um die Förderung von Toleranz und kämpft in aller Welt gegen Rassismus, Antisemitismus, Terrorismus und Völkermord.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Ich habe den unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem Israelboikott und Antisemitismus immer noch nicht verstanden.



    Ich verurteile Israel auch auf's schärfste für seine Siedlungspolitik, und liebe die jüdische Kultur.

  • " Rapper Kanye West steht nach Einschätzung des Wiesenthal-Zentrums mit seinen Äußerungen an der Spitze der zehn schlimmsten antisemitischen Vorfälle des Jahres 2022."



    Ich persönlich finde ja körperliche Gewalt wesentlich schlimmer als verbale Äußerungen.



    Aber jedem seine Meinung.

    • @Encantado:

      Glauben Sie, dass die Äußerungen von Kanye West keine körperliche Gewalt zur Folge haben werden?

  • Wie wäre es mit einer Veröffentlichung der Liste?! Nur um den Überblick zu bewahren.