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Frauenförderung in der EUOhne Quote geht es nicht

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die EU setzt im neuen Jahr eine Geschlechterquote in Aufsichtsräten durch. Der Fall Deutschland zeigt, dass der Effekt groß sein kann.

Zentrale von Deutschlands größtem Kreditinstitut: zwei von zehn Vorständen sind weiblich Foto: Blatterspiel/imago

Z ehn Jahre lang haben viele Frauen hart dafür gekämpft, jetzt tritt die EU-Richtlinie für Führungsposi­tio­nen börsennotierter Unternehmen in der Europäischen Union in Kraft – und kaum jemand nimmt davon Notiz. Das mag an der für solche News unglücklichen Zeit zwischen den Jahren liegen, an der Erschöpfung durch Krieg, Krisen, Covid. Oder vielleicht daran, dass es kaum mehr jemand hören kann: Es müssen mehr Frauen Chefinnen sein, in kleinen Betrieben wie in großen Unternehmen. Dann ändern sich Unternehmenskultur und interne Kommunikation; mehr Väter gehen in Elternzeit, divers geleitete Firmen weisen bessere Ergebnisse auf.

Das darf keine Vision bleiben, sondern ist ein Anspruch an die Gegenwart. Und dieser Anspruch wird nicht geringer, wenn er aus Überdruss nicht mehr benannt wird. Die EU wird ihm nun – zumindest teilweise – gerecht: In Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen in der EU müssen künftig mindestens 40 Prozent Frauen oder Männer vertreten sein. Das ist eine sogenannte offene Quote, die im Gegensatz zur starren Quote, die verbal auf den Frauenanteil fokussiert, ein wenig charmanter klingt.

Doch Quote bleibt Quote – und diese wirkt, wenn sie gesetzlich festgelegt ist. Durch die in Deutschland geltenden Frauenquoten für Aufsichtsräte und Vorstände börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen liegt der Frauenanteil bei diesen Positionen mittlerweile bei über 36 bzw. 17 Prozent. Bei den Aufsichtsräten übersteigt die Zahl sogar die vorgeschriebene Quote von 30 Prozent.

Dummerweise ziehen sich einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey zufolge vor allem Frauen alsbald aus Führungspositionen wieder zurück. Und das, obwohl sie betonen, gern Chefin sein zu wollen. „Schuld“ daran ist laut McKinsey ein nach wie vor männlich geprägtes Betriebsklima. Chefinnen beklagten unter anderem, dass sie kaum wahrgenommen werden und ihre Arbeit wenig wertgeschätzt wird. Wie lange sollen sich Männer noch ein solches Verhalten leisten können? Die Moral von der Geschicht’ – ohne Quote geht es nicht.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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8 Kommentare

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  • Vielleicht wäre es - endlich - an der Zeit, "Frau sein" und "Mann sein" zunächst fest zu definieren und das - losgelöst - von körperlichen Merkmalen.

    Die taz ist hier doch eigentlich weiter, oder?

    Dann bräuchten wir auch keine diskriminierenden (!) Quoten, die diejenigen diskriminieren, die - sich - beispielsweise nicht in dieses Binärsystem pressen lassen wollen..

    Wer als nonbinäre Person hier berücksichtigt werden möchte, fühlt sich wieder: diskriminiert.

    • @Zweitkorrektur:

      Kann man denn Frausein und Mannsein losgelöst von körperlichen Merkmalen überhaupt fest definieren?

      • @rero:

        Auch das ist eine Frage der Definition... scheint mir akademisch - aus diesem Grund möglicherweise nicht für die gesamte Bevölkerung relevant, aber ja: Man / Mensch kann Frau und Mann undabhängig vom Körper definieren. Nur wäre es dann - imho - angebracht, neue Wörter für die - offensichtlich unterschiedlichen Körper - zu finden.

        Sie sehen: Gehen tut alles ...



        Ist das praktisch und notwendig? Nun.. das wird sich zeigen.

  • Quote, klar. Aber nur für die Filetstückchen wie Aufsichtsrat oder Vorstandspositionen

    • @Usch Bert:

      Sie meinen: Straßen- Schienen- und Bergbau beispielsweise auch mit Quoten?

      Es gibt körperliche Merkmale, wie Muskelkraft, beispielsweise, die bei manchen Menschen (egal welcher Lesart!!) oft gegen diese Tätigkeiten sprechen. Rein physiologisch.

      Beantwortet das Ihren Einwurf?

  • Ach was! ©️ Vagel Bülow

    “Dummerweise ziehen sich einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey zufolge vor allem Frauen alsbald aus Führungspositionen wieder zurück.…



    „Schuld“ daran ist laut McKinsey ein nach wie vor männlich geprägtes Betriebsklima. Chefinnen beklagten unter anderem, dass sie kaum wahrgenommen werden und ihre Arbeit wenig wertgeschätzt wird. Wie lange sollen sich Männer noch ein solches Verhalten leisten können? Die Moral von der Geschicht’ – ohne Quote geht es nicht.“

    kurz - Finde den logischen Fehler.



    Lösung: Die Kaffeekochende 👠 👠 mit BWL-Examen. Herr Erbarmen.



    Nein. Die Moral von der Geschicht - allein die Quote isses nicht! Denn.



    Old Boys Groups denken - “Schau! Die Quotenfrau - braucht keine …niemand!“

  • "Der Fall Deutschland zeigt, dass der Effekt groß sein kann."



    ...



    Istvdas der nachgewiesene Effekt in Deutschland, oder ein Wunsch?



    "Dann ändern sich Unternehmenskultur und interne Kommunikation; mehr Väter gehen in Elternzeit, divers geleitete Firmen weisen bessere Ergebnisse auf."

    • @NO47:

      Diese taz-verbreitete Denke - ist mit -



      “Pfeifen im Wald“ & Digi-Texte - nur ungenau beschrieben!



      Werner Enke hat diese Sorte “Kraut&Rüben“ mal - gut was her - mit:



      “Fehlendes WorteaneinanderreihGewissen!“ bezeichnet! - anschließe mich.