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Harte Urteile in MaliKraftprobe in Westafrika

Mit hohen Haftstrafen für 46 Soldaten aus der Elfenbeinküste kontert Mali ein Ultimatum zu ihrer Freilassung. Kommen neue Sanktionen?

2021 waren sie noch Freunde: Gedenken an tote UN-Soldaten aus der Elfenbeinküste in Bamako Foto: Nicolas Remene / Le Pictorium via www.imago-images.de

Berlin taz | Die Militärregierung in Mali verschärft ihren außenpolitischen Konfrontationskurs weiter. 46 Soldaten aus der Elfenbeinküste, die im Juli bei der Landung in Malis Hauptstadt Bamako festgenommen worden waren, sind am Freitag von einem Gericht in Bamako zu je zwanzig Jahren Haft verurteilt worden. Drei Soldatinnen, die zu der Gruppe gehörten, aber im September freikamen, erhielten Todesurteile in Abwesenheit.

Die ursprünglich 49 Ivorer waren am 10. Juli im Rahmen der UN-Mission in Mali (Minusma) in Bamako gelandet, allerdings nicht als UN-Blauhelme, sondern als Schutztruppe der vom deutschen Unternehmen Sahel Aviation Services (SAS) betriebenen UN-Militäreinrichtung Camp Senou am Flughafen von Bamako, wo deutsche Bundeswehrsoldaten untergebracht waren. Malis Behörden hatten sie als „Söldner“ bezeichnet und ihnen unerlaubte Einreise mit Waffen vorgeworfen.

Als der damalige Minusma-Sprecher Olivier Salgado widersprach und erklärte, Mali sei korrekt vorab informiert gewesen, wurde er ausgewiesen. Die Minusma distanzierte sich daraufhin von der Vereinbarung zwischen der Elfenbeinküste und SAS, die der Entsendung der Soldaten zugrunde lag. Daraufhin musste Camp Senou schließen. Das deutsche UN-Kontingent in Mali war wochenlang handlungsunfähig. All dies gab den Forderungen nach einem Ende des deutschen Bundeswehreinsatzes in Mali Auftrieb; im November beschloss die Bundesregierung schließlich, den Einsatz in Mali 2024 tatsächlich zu beenden.

Die Elfenbeinküste hatte monatelang versucht, auf diplomatischem Weg die Freilassung ihrer Soldaten zu erreichen, aber außer der Freilassung der drei weiblichen Mitglieder des festgenommenen Kontingents geschah nichts. Einem französischen Bericht zufolge hatte dies mit malischen Vorwürfen zu tun, denen zufolge die Elfenbeinküste auf westafrikanischer Ebene russisches Investitions­kapital für Malis Goldbergbau blockierte.

Ultimatum bis 1. Januar

Anfang Dezember hatte ein Gipfeltreffen der Regionalorganisation Ecowas (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) Mali eine Frist bis zum 1. Januar 2023 zur Freilassung der Ivorer gesetzt und neue Sanktionen angedroht – eine ernstzunehmende Warnung, hatte die Ecowas doch schon vor einem Jahr mit scharfen Sanktionen Malis Militärregierung für die Nichteinhaltung eines Wahltermins bestraft.

Eine Delegation der Elfenbeinküste unter Leitung des Verteidigungsministers Ibrahim Tené Ouattara reiste kurz vor Weihnachten nach Bamako und zeigte sich nach der Rückkehr optimistisch: Das „Missverständnis“ sei „auf dem Weg der Lösung“, erklärte Ouattara. Malis Regierung erklärte, man habe eine Vereinbarung unterzeichnet.

Nun allerdings wirft Malis Regierung der Elfenbeinküste den Bruch dieser Vereinbarung vor, deren Inhalt nicht bekannt ist, und zieht Konsequenzen. Der Prozess gegen die 46 Ivorer dauerte nur zwei Tage und fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Sie wurden wegen „Verschwörung gegen die Regierung“, „Gefährdung der äußeren Sicherheit des Staates“ und „Besitz von Waffen mit dem Ziel der Störung der öffentlichen Ordnung durch Einschüchterung und Terror“ verurteilt.

In ersten Berichten hieß es, Mali wolle die Auslieferung geflohener Malier aus der Elfenbeinküste erreichen und Malis Militärherrscher Assimi Goi­ta werde die 46 in seiner Neujahrsansprache begnadigen. Dies hat er jedoch nicht getan. Nun wartet die Region gespannt, wie die Ecowas darauf reagiert, dass Mali auf ihr Ultimatum zur Freilassung der Ivorer mit Terrorurteilen antwortet.

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