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Es wäre schön, wenn die taz an dem Fall dranbleibt und Klaus Jost interviewt. Der renommierte Psychologe schrieb ein Buch über den gewaltsamen Tod des psychisch kranken Jurastudenten Alexander C. durch Polizeibeamte.
Laut dem Autor des Sachbuchs ermittelte die Staatsanwaltschaft schlecht und einseitig. Jost forderte schon vor Jahren angesichts der vielen Fälle: "Es muss sich etwas verändern!" Er forderte eine bessere Ausbildung der Polizei und strenge Ermittlungen der Staatsanwaltschaften und der Polizei, deren Handeln er in einem Kapitel des Buchs unter das Motto stellt: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf!: Keine Anklage: Polizisten handeln in "Notwehr"
Klaus Jost, der Einsicht in die Akten erhielt, sagt: „Es ist haarsträubend, was ich da gelesen habe“, sagt er und berichtet über unterlassene, verschleppte oder manipulierte Spurensicherung, Videofilme, die ausgerechnet relevante Sequenzen des Geschehens nicht aufzeichneten, eine fehlende Tatort-Rekonstruktion sowie diefehlende Bestimmung der Schussentfernung, und selektive Zeugenbefragungen.
„Aussagen, die ein anderes Szenario als die Polizisten schildern, tauchen im Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft gar nicht mehr auf“, berichtet Klaus Jost. Er fragt sich, wie es sein kann, dass in diesem Fall - wie auch in vielen anderen Fällen unverhältnismäßiger Polizeigewalt - mit Ansehen von Personen und Funktionen ermittelt wird und die Staatsanwaltschaft schließlich die Akten schließt.
Das gegen die Polizeibeamten eingeleitete Verfahren wurde im November 2011 eingestellt, ein Klageerzwingungsantrag vom Juli 2012 für unzulässig erklärt. Eine Verfassungsbeschwerde wurde abgelehnt. Die Eltern des jungen Mannes fühlen sich durch die Justiz verraten.
"Staatsanwaltschaften und Gerichte sollten aufhören, das zu akzeptieren"
Die Realität zeigt, daß Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte zunehmend eine Einheit darstellen, die sich lediglich durch unterschiedliche Aufgaben gegenseitig ergänzen.
Von Staatsanwaltschaften und Gerichten zu verlangen, daß sie aufhören, einen üblen Mißstand zu akzeptieren, ist vergleichbar mit einem Apfelbaum, von dem verlangt wird, Früchte zu tragen ohne vorher zu blühen.
Wenn aufgeräumt werden soll, dann bitte dort anfangen, wo der Wurm am dicksten ist.
Verständnisfrage: Wie sollen Staatsanwaltschaften denn "nicht akzeptieren", dass es zu Gegenanzeigen kommt?
Was tun, wenn die Justiz nicht (mehr) verlässlich funktioniert ?
Sie funktioniert ja schon länger nicht mehr verlässlich bei den Steuerbetrugskartellen, Maskenbetrug, Erpressung von Parlamentariern, Korruption ....
Oder darf man das schon garnichtmehr sagen ?
@Bolzkopf Sagen dürfen Sie das, stimmt aber trotzdem nicht.
Beim Steuerbetrug sind die Gesetze schlecht.
Auch beim Maskenbetrug, haben sich einige Parlamentarier durch Gesetzeslücken aus der Affäre ziehen können.
Massenhafte Fälle von "Erpressung von Parlamentariern" kenne ich nicht. Sollte die taz da was verpennt haben?
Korruption? Besteht grundsätzlich darin, das man Entscheidungswege in der Politik unterläuft aber was hat das mit der Justiz zu tun? Ist halt oft schlecht nachzuweisen.
Gegen Korruption würde z.B. ein Transparenzgesetz helfen, was die Politiker seltsamerweise nicht wollen.
Ich würde Ihnen eher zustimmen, dass die parlamentarische Demokratie schon länger nicht mehr rund läuft.
Dit hamse aber nich jesacht.
@Sonntagssegler Sie haben Recht.
Ich habe mit "Justiz" den falschen Begriff verwendet.
Aber wie heisst das, was da komplett aus dem Ruder gelaufen ist ?
Die Politik?
Die Verwaltung ?
Die Gerichtsbarkeit ?
ich habe da einen schlimmen Verdacht ...
Soll der Ukraine erlaubt werden, Ziele tief in Russland mit westlichen Raketen und Marschflugkörpern anzugreifen? Ein Pro und Contra.
Umgang der Justiz mit Polizisten: Unangemessener Vertrauensvorschuss
Polizisten reagieren auf Anzeigen standardmäßig mit Gegenanzeigen. Staatsanwaltschaften und Gerichte sollten aufhören, das zu akzeptieren.
Kann helfen, unhaltbare Vorwürfe zu entkräften: Smartphone, hier auf einer Demo 2022 in Hamburg Foto: dpa | Jonas Walzberg
Zum Glück gibt es das Smartphone. Ohne den Videobeweis wären die Polizisten mit ihrer abgesprochenen Version des Geschehens am Hamburger Jungfernstieg durchgekommen und der angeklagte Feuerwehrmann müsste mit einer empfindlichen Strafe rechnen – womöglich mit Folgen für seinen Beamtenstatus. So ist es nun genau andersherum.
Das Grundübel besteht darin, dass viele Staatsanwaltschaften und auch Gerichte Polizisten einen unangemessenen Vertrauensvorschuss einräumen. Das ist umso unverständlicher, als es gängige Praxis der Polizei ist, auf Strafanzeigen mit Gegenanzeigen oder – wie im vorliegenden Fall – mit einer präventiven Anzeige zu reagieren. Warum Staatsanwaltschaften und Gerichte, denen das ja immer wieder unterkommt, das akzeptieren, erschließt sich nicht. Sei es Naivität, sei es eine Art Korpsgeist – so oder so untergräbt diese Blindheit das Vertrauen in den Rechtsstaat.
Das Gleiche gilt für den Korpsgeist innerhalb der Polizei, wo einer den anderen deckt und dafür notfalls auch lügt.
Nun handeln Polizisten zwar oft unter hohem psychischen und physischem Druck, der bei der Bewertung ihres Handelns berücksichtigt werden muss. Die Situation auf dem Jungfernstieg war allerdings ausgesprochen harmlos. Hier standen der Polizei keine vermummten Autonomen mit Pflastersteinen gegenüber und auch keine schwer einzuschätzenden psychisch Kranken mit dem Messer in der Hand. Wie das Video zeigt, hat ein Polizist offenbar die Nerven verloren, weil er den Widerspruch eines Bürgers nicht aushalten konnte.
Solch einen Menschen in Ausübung des Gewaltmonopols auf die Bürger loszulassen, verbietet sich. Dass seine Kollegen das decken, ist hochproblematisch. Dass sie dafür lügen, erst recht. Noch tut die Polizei so, als zeuge jede Forderung nach unabhängiger Kontrolle ihrer Praxis von lästerlichem Misstrauen. Jeder neue Videobeweis zeigt, wie falsch sie damit liegt.
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Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Kommentar von
Gernot Knödler
Hamburg-Redakteur
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Gernot Knödler