Niederlande schließen chinesische Polizeibüros

Außenminister Hoekstra ordnet Schließung von zwei chinesischen Büros an, welche die Volksrepublik illegal nutzt – mutmaßlich auch zur Einschüchterung von Dissidenten

Chinas Polizei ist ihnen näher, als sie denken: Uigurinnen bei einem Peking-kritischen Protest in Amsterdam Ende Dezember 2019 Foto: Remko de Waal/epa

Von Sven Hansen

Die niederländische Regierung hat am Dienstag von Chinas Botschaft verlangt, sofort die beiden chinesischen Polizeibüros in Amsterdam und Rotterdam zu schließen. Diese hätten nie die Zustimmung der niederländischen Behörden gehabt, sagte Außenminister Wopke Hoekstra laut Nachrichtenagentur ANP. Sie seien deshalb „unakzeptabel“. Am Mittwoch verneinte Pe­kings Außenamtssprecher Zhao Lijian die Existenz chinesischer Polizeibüros in den Niederlanden. Er räumte laut Reuters aber die Existenz von „Servicezentren“ ein.

Letzte Woche hatten niederländische Medien erstmals über die chinesischen Polizeibüros berichtet. Dort würden Chinas Behörden unter dem Deckmantel von Dienstleistungen wie der Ausstellung von Heiratspapieren oder Verlängerung von Führerscheinen Druck auf geflüchtete Dissidenten ausüben. Die niederländische Regierung kündigte eine Untersuchung an, die laut Minister Hoekstra herausfinden soll, was die illegalen Büros genau machen.

Laut Medienberichten gibt es die Büros seit 2018. Das in Amsterdam werde von zwei Polizisten aus der Provinz Zhejiang betrieben. Das in Rotterdam sei in einer Wohnung einquartiert und werde von einem Soldaten aus der Provinz Fujian geleitet. Beide ostchinesischen Provinzen sind für ihren hohen Migrationsanteil bekannt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Chinas Behörden im Ausland landsmannschaftliche Zusammenschlüsse nutzen und so Politik für Provinzen oder die ganze Volksrepublik machen. Auslandsvereinigungen sind oft Handlanger der Botschaften.

Der chinesische Dissident Wang Jingyu, der in den Niederlanden politisches Asyl erhalten hat, berichtete dem britischen Guardian, dass er direkt nach Ankunft in Rotterdam von dem dortigen chinesischen Polizeibüro kontaktiert worden sei. „Sie forderten mich auf, nach China zurückzukehren. Auch wurde mir gesagt, ich sollte an meine Eltern denken.“ Später sei er mit Textnachrichten und Anrufen unter Druck gesetzt worden. Und man habe ihm mit dem Tod gedroht.

Vergangene Woche waren Berichte über solche illegalen chinesischen Polizeistellen in mehreren Städten überwiegend in Europa aufgetaucht, darunter London, Glasgow, Dublin, Paris, Madrid, Valencia, Prag, Porto und Frankfurt am Main. Hauptquelle war ein Bericht der spanischen Nichtregierungs- und Menschenrechtsorganisation Safeguard Defenders von Ende September. Darin zählte die Organisation 54 solcher Polizeibüros in 25 Städten von insgesamt 21 Staaten, meist in Europa.

China will keine Polizeibüros kennen, sondern sieht nur harmlose Servicezentren für seine Bürger

Bereits letzte Woche verteidigte Chinas Außenamtssprecher die Büros und wies alle Vorwürfe zurück. Sie seien in der Pandemie eine große Hilfe, wenn chinesische Staatsbürger nicht einfach in die Heimat reisen könnten. Auch dienten die Büros der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität, wobei sie die Souveränität der Gastgeberländer strikt beachteten.

Der Bericht von Safeguard Defenders nennt in Deutschland ein Büro in Frankfurt, ohne weitere Details zu nennen. Letzte Woche erklärte Hessens Innenministerium, dem Bericht nachzugehen. Laut Safeguard Defenders begann China erstmals 2018 mit Polizeibüros im Ausland. Ziel sei die Eindämmung von Internet- und Telefonbetrug gewesen. Darin sind viele im Ausland lebende Chi­ne­s*in­nen verwickelt, oft weil sie selbst Opfer falscher Versprechen wurden.

Die chinesischen Polizeibehörden rühmen sich laut Safe­guard Defenders, von April 2021 bis Juli 2022 insgesamt 230.000 ihrer Staatsbürger von einer Rückkehr nach China „überzeugt“ zu haben. Dies geschah in der Regel mit massivem Druck auf Familienangehörige bis hin zu einem Schulverbot für Kinder. Doch während laut dem Bericht die Internet- und Telefonbetrügereien chinesischer Krimineller vor allem von neun Staaten ausgingen, von denen sieben in Südostasien liegen und Nordmyanmar und Kambodscha die Zentren sind, konzentrieren sich die Überseepolizeibüros nicht dort, sondern in Europa.