Streit um Hafenbeteiligung: Ja zu Chinas Einstieg in Hamburg
Die Bundesregierung erlaubt der Staatsreederei Cosco mit Einschränkung die Beteiligung an einem Hafenterminal. Das kritisiert sogar Steinmeier.
Der Hamburger Hafen und die viertgrößte Reederei der Welt hatten im September 2021 vereinbart, dass Cosco 35 Prozent der Betreibergesellschaft von einem der vier Containerterminals übernehmen solle. Damit sollte jedoch kein Verkauf von Grundstücken oder Kaianlagen verbunden sein, sondern lediglich eine Beteiligung am Umschlag, also an Containerbrücken, Kränen und Fahrzeugen.
Was vor einem Jahr noch als unkritisch gesehen wurde, ruft seit der Invasion Russlands in der Ukraine bei vielen Sicherheitsbedenken hervor. Am Dienstagabend warnte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seinem Ukraine-Besuch vor einer zu großen Abhängigkeit von China. „Für die Zukunft heißt es, wir müssen Lehren ziehen“, sagte er. „Und die Lehre zu ziehen heißt, wir müssen einseitige Abhängigkeiten verringern, wo immer das geht, das gilt gerade auch gegenüber China.“
Mit der vom Kabinett beschlossenen „Teiluntersagung“ werde der Erwerb auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert, betonte das Wirtschaftsministerium. Eine „strategische“ Beteiligung werde verhindert. Cosco dürfe sich nicht per Vertrag Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen lassen. Die Schwelle von 25 Prozent könne künftig nicht ohne neue Prüfungen durch die Bundesregierung überschritten werden.
Aggressive Politik Chinas
„Nicht diese eine Beteiligung – und schon gar nicht die an einem einzelnen Terminal“ ist für Burkhard Lemper vom Bremer Institut für Seeverkehrswirtschaft (ISL) das Problem. Wichtig sei, dass Cosco nicht auf die Daten von Konkurrenten in der Logistikkette zugreifen könne, betont der Ökonom Lemper. „Es geht eher um die Frage, ob man die relativ aggressive Politik Chinas unterstützen möchte, indem man einer Staatsreederei Zugriff auf einen Containerterminal gewährt.“
Dieses Argument sticht auch für den CSU-Vize und Vorsitzenden der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. „Die chinesische Staatsführung würde europäischen Staatsfirmen nie erlauben, ihre Infrastruktur zu kaufen“, sagt Weber. Er plädiert für ein einheitliches Vorgehen in Europa.
Dass sich Reedereien an Containerterminals beteiligen, ist weltweit gängig. Für Cosco läge der Vorteil darin, in Tollerort bevorzugt und zu besonders günstigen Konditionen abgefertigt zu werden. Außerdem wäre die Reederei an den Einnahmen des Terminals beteiligt.
Im Gegenzug konzentriert Cosco seine Ladungsströme in der Hansestadt. Cosco habe zugesagt, den Terminal Tollerort zu einem „preferred hub“ – zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa zu machen, sagt Hans-Jörg Heims, Sprecher der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), die überwiegend der Stadt gehört. Ungeachtet der Vereinbarung stehe das Terminal weiterhin allen Reedereikunden offen.
Marktanteile abgegeben
Für den Hamburger Hafen ist das von besonderem Interesse, weil er in den vergangenen Jahren Marktanteile in Nordeuropa abgeben musste. Seit Jahren stagniert die Zahl der abgefertigten Container, wozu Probleme im Hinterlandverkehr mit der Bahn und die lange Verzögerung bei der jüngsten Elbvertiefung beigetragen hätten, wie Lemper sagt.
Dazu kommt, dass trotz des Ausbaus der Elbfahrrinne die gewünschten Tiefgänge nicht erreicht werden, weil der Fluss aus dem Gleichgewicht geraten ist. Es setzen sich so viel Sand und Schlick ab, dass die Wasserbauer mit dem Baggern nicht hinterherkommen.
Aus Sicht des SPD-geführten Hamburger Senats ist eine Ablehnung der Cosco-Beteiligung im Hinblick auf die nationale Sicherheit und Unabhängigkeit nicht begründbar. „Sie wäre eine schwere Belastung für den Wirtschaftsstandort und eine einseitige, wettbewerbsverzerrende Benachteiligung Hamburgs gegenüber Rotterdam und Antwerpen, in denen Cosco bereits Terminal-Anteile besitzt“, argumentiert der Senat. Rotterdam belegt auf der Rangliste der weltweit größten Containerhäfen Platz 10, Hamburg Platz 20.
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