Verhältnis von Deutschland zu Israel: Kapituliert vor rechtem Narrativ
Vor dem Hintergrund des Holocaust meidet das offizielle Deutschland die Konfrontation mit Israel. Damit begeht es Verrat an den eigenen Werten.
A braham Burg, ehemals Chef der Jewish Agency und Parlamentspräsident, veröffentlichte jüngst in der Tageszeitung Haaretz einen Text, worin er die Position des Zentralrats der Juden in Deutschland scharf angreift. Es geht um Themen wie das Verhältnis zum Staat Israel, Antisemitismus oder den Umgang mit dem Holocaust. Burg greift in seinem Essay die hiesige Debatte über jüdische Identität auf, die der Autor Maxim Biller mit einer Feststellung über Max Czollek auslöste, von dem er behauptete, kein Jude im Sinne der Halacha zu sein.
„Ein jüdischer Autor, der nicht im konservativen Chor singt, ist mundtot gemacht worden, weil seine Mutter keine Jüdin ist“, schreibt Burg und bringt als weiteres Beispiel den Skandal um Peter Schäfer: „Der Direktor des Jüdischen Museums wurde wegen eines Twitter-Eintrags über freie Meinungsäußerung zur Kündigung gezwungen.“ Burg greift die Haltung Deutschlands auf offizieller Ebene zu diesen Themen an und behauptet, dass Deutschland vor dem Narrativ der israelischen Rechten kapitulierte.
Recht hat er. Die kollektive Psychologie der israelischen Rechten ist nichts anderes als komplette Paranoia: Jede Kritik am israelischen Staat wird umgehend als Antisemitismus ausgelegt, und jedes gewaltsame Vorgehen Israels ist legitim, weil es als Ausdruck des Rechts der Juden auf ihr Land und Verwirklichung des Ausrufs „Nie wieder Auschwitz“ interpretiert wird. Auf diese Art wird die israelische Gewalt durch ein verzerrtes Holocaustverständnis legitimiert.
lehrt Jüdisches Denken am Sapir College in Sderot und ist Autor vieler Sachbücher und Romane. Auf Englisch erschien im Mai sein Spionagethriller „The March Angel“.
Die einzige Lektion, die die Rechte aus dem Holocaust mitnimmt, ist Stärke und Nationalismus (nicht etwa Nächstenliebe oder etwas in der Art). Die verborgene Lehre ist das Narrativ des Opfers: Wir sind das ewige Opfer, und Opfer darf man nicht kritisieren. Wenn Deutschland mit dieser Haltung kooperiert, kommt das im Grunde einer Verleugnung des humanistischen und liberalen Erbes gleich, mit anderen Worten: Deutschland nimmt Abstand zu den eigenen Lehren, die es aus dem Holocaust ziehen müsste.
Gleichzeitig wird ignoriert, dass es in Israel auch andere Stimmen gibt: Stimmen der liberalen und humanistischen Linken. Andererseits schrumpft diese Linke und verschwindet zunehmend von der Bildfläche. Insofern ergibt die deutsche Position einen gewissen Sinn. Übrigens ist inzwischen ein Teil dieser Linken nach Berlin übersiedelt. Israels Linke wandert nach Deutschland aus, weil sie es als eine Bastion des Humanismus, der Toleranz und Offenheit betrachtet. Und was erwartet sie dort?
Sie findet sich wieder in einem paranoiden, verängstigten und gewaltsamen Diskurs, der Assoziationen an die Rhetorik eines Likud-Parteitags weckt. Es scheint, als seien die Deutschen hier in eine Falle geraten, um nicht zu sagen in eine Art Benommenheit. Ihr Reflex, sobald das Thema Holocaust aufkommt, der Wunsch zur Wiedergutmachung, die Empfindlichkeit und Vorsicht sind zum Instrument in den Händen sowohl zynischer Israelis geworden, die ein sehr begrenztes und dummes Geschichtsverständnis haben, als auch einer Bande von Hofjuden.
Engstirnige jüdische Macher, die im Zentralrat der Juden Deutschlands sitzen. Was es braucht, sind deutsche Politiker, denen es gelingt, die deutsche Rhetorik und das deutsche Agieren aus diesem Sumpf herauszuziehen und wieder eine vernünftigere Haltung einnehmen zu lassen: Einfühlungsvermögen einerseits, liberaler Humanismus auf der anderen Seite. Deutschland auf offizieller Ebene muss verstehen: Rechts ist rechts und Faschismus ist Faschismus, auch wenn es um die jüdische Rechte und jüdischen Faschismus geht.
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