piwik no script img

Waffenlieferungen an die UkraineAmpelzank geht weiter

Ver­tre­te­r:in­nen von Grünen und FDP sprechen sich für die direkte Lieferung von Panzern aus. Die SPD will an Ringtausch-Vereinbarungen festhalten.

Leopard-Panzer in Litauen Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Der Streit über Waffenlieferungen an die Ukraine ist in der Ampelkoalition neu entflammt. Die Rollen sind dabei wie gewohnt verteilt: In der Frage, ob Deutschland nun doch Kampfpanzer an die Ukraine abgeben sollte, machen FDP und Grüne Druck, während die SPD bremst.

„Es gibt keine Änderung der Grundsätze unserer Lieferungen“, sagte am Montag eine Sprecherin von Bundeskanzler Olaf Scholz. Ebendies hatten Ver­tre­te­r*in­nen der Koalitionspartner zuvor gefordert, weil in den Verhandlungen über sogenannte Ringtausch-Vereinbarungen bislang keine Erfolge erzielt wurden.

Die Gespräche verliefen „konstruktiv“ und seien „zum Teil weit fortgeschritten“, sagte dagegen die Regierungssprecherin. Man gehe davon aus, dass es bald zu Abschlüssen komme.

Auch der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner widersprach den Forderungen der Koalitionspartner. „Aus guten Gründen hat der Kanzler deutsche Alleingänge ausgeschlossen und ebenso gut begründet haben bislang weder die USA, Großbritannien, Frankreich und Italien noch Deutschland westliche Kampfpanzer oder Kampfflugzeuge an die Ukraine geliefert“, sagte Stegner, der im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags sitzt, der taz. „Der Ringtausch ist zugesagt und wird bei gutem Willen aller Seiten peu à peu funktionieren.“

„Verengung auf Waffenlieferungen“ falsch

Ohnehin bleibe die „Verengung auf Waffenlieferungen“ falsch. Dagegen sei das Abkommen über den See-Export uk­rai­nischen Getreides, das in der vergangenen Woche geschlossen wurde, ein „Signal der Hoffnung für weitere diplomatische, ökonomische und humanitäre Initiativen als Alternative zu rein militärischer Unterstützung eines Dauerkriegs“.

Die Bundesregierung hatte im April Ringtausch-Vereinbarungen mit osteuropäischen Nato-Staaten angekündigt: Sie sollten Waffensysteme sowjetischer Bauart an die Ukraine abgeben und als Ersatz Panzer aus Deutschland bekommen. Verhandlungen über entsprechende Vereinbarungen verlaufen aber zäh.

Zuletzt kam aus der polnischen PiS-Regierung Kritik an Berlin: Polen hat der Ukraine nach eigenen Angaben bislang über 200 Panzer zur Verfügung gestellt. Als Ausgleich habe die Bundesregierung 20 Leopard-2-Panzer angeboten, deren Lieferung sich über 12 Monate strecke. Benötigt würden nach Ansicht Warschaus allerdings mindestens 44 der Kampfpanzer.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) entgegnete am Freitag in einem Interview mit der Bild-Zeitung zwar, dass von Beginn an klar gewesen sei, dass „wir natürlich nicht von heute auf morgen mit einem Fingerschnips jeden einzelnen Panzer ersetzen können“. Die Bundesregierung prüfe aber, warum der Ringtausch nicht klappe und „ob wir dann andere Unterstützung leisten müssen“.

Verhandlungen über den Ringtausch verlaufen bisher zäh. Kritik kommt aus Polen

Baerbocks Parteikollegin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich daraufhin offen für die direkte Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Ähnlich äußerten sich aus der FDP die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmerman und Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Während die Bundesregierung bisher Kampf- und Schützenpanzer zurückhält, werden andere schwere Waffen geliefert. So sind inzwischen die ersten Gepard-Flugabwehrpanzer in der Ukraine eingetroffen. „Die ersten drei Geparden kamen heute von Deutschland“, sagte Verteidigungsminister Oleksij Resnikow am Montag.

Insgesamt soll die Ukraine 30 Gepard-Panzer erhalten. Noch sind aber nicht alle davon instand gesetzt. Ebenfalls schon eingetroffen sind sieben deutsche Panzerhaubitzen, angekündigt sind zudem unter anderem drei Mehrfachraketenwerfer.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • Bei allen Diskussionen um die Ukraine wundere ich mich täglich über die in der taz gezeigt Statistik der Flüchtenden: Wieso flüchtet die Mehrzahl aus der Ukraine nach Russland, kann mir das mal jemand einordnen? Erst an zweiter Stelle steht Polen.

  • Während 2001 noch am Hindukusch, immerhin 4.900 km von Deutschland entfernt, noch die Demokratie verteidigt wurde (Zitat: Struck (SPD)), unter aktivem Einmarsch, einschließlich Regimechange scheint das bei der 1.700 km entfernten Ukraine nur bedingt zu gelten.

    Die SPD kann sich beim Eroberungsfeldzug einer Diktatur gegen eine (ja nicht perfekte) Demokratie sich nicht zu konkreten Maßnahme ohne erhebliche Bedenken durchringen. Man will nach wie vor nur auf Umwegen helfen. Dabei dürften die Worte von Struck für die Ukraine weit mehr gelten als für Afghanistan.

    Und es steht zu befürchten, dass sich eine Diktatur leichter exportieren lässt als Demokratie.

  • Also erstmal geht die direkte Lieferung schwerer Waffen nur in Übereinstimmung mit den NATO-Partner, und von denen hat noch keiner Kampfpanzer geliefert- Das sollten auch Grüne und FDP wissen und so sagen ansonsten ist das doch keine Diskussion.

    Was den "Ringtausch" angeht: das ist kein Tauschgeschäft, das Wort ist nichtmal ein Euphemismus sondern schlicht fake. Es ist ein Veschieben wobei einer zahlt, ud die andren profitieren. Zum zweiten kostet ein gebrauchter T72 irgendwas zwischen 300 und 500.000, ein neuer Leopard aber 16 Mio. 200x500.000 = 100 Mi0, 44 x 16 Mio = 704 Mio. Kein Wunder dass die Polen darauf bestehen. Soweit sollte doch journalistische Sorgfalt gehen dass man mal die monetäre Seite der Dinge betrachtet.

    • @Gerald Müller:

      Doch Verbündete haben Panzer geliefert Polen über 200 Stück. Und wieviel ein Panzer kostet ist egal man braucht eine gewisse Anzahl von denen und da ist es unerheblich ob T-72 oder Leopard 2.

      • @Machiavelli:

        > unerheblich ob T-72 oder Leopard 2

        Wenn dies unerheblich wäre, würde Polen ja nicht auf den Leo2 bestehen, sondern wäre mit den angebotenen Leo1 zufrieden.

        Es ist aber nicht unerheblich, denn der Leo1 ist technologisch etwa auf dem Niveau des T-72, sprich: komplett veraltet, er ist obsolet, taugt noch fürs Museum -- aber nicht für Panzergefechte mit einer modernen Armee wie der russischen.

        Der Witz dabei ist, dass "wir" von diesen deutlich moderneren und tauglicheren Leo2 selber nur 200 Stück haben, von denen ungefähr die Hälfte funktioniert. Und KMW kann davon einen pro Monat bauen, oder auch drei, wenn sie auf Dreischichtbetrieb umstellen.

        Kampfpanzer unterliegen einer zügigen "Evolution", wenn Sie so wollen, sie veralten rasch, ebenso wie Kampfflugzeuge und dergleichen. Panzerung, Feuerkraft, Sensoren etc, das entwickelt sich alles weiter, und in so einer alten Schüssel haben Sie gegen modernes Gerät kaum eine Chance.

        Es hat Gründe, warum Polen gern 44 Leo2 für 200+ T-72 hätte ... weil die modernen Leos nicht nur finanziell deutlich mehr wert sind, sondern auch auf dem Gefechtsfeld.

        (Source: Been there, done that. Nichts für ungut :-)

  • "Peu à peu", das ist blanker Hohn. Herr Stegner sollte mit seiner Nicht- "Verengung" schnellstens zur Linken wechseln. Überhaupt bleibt weiterhin völlig unklar, was die SPD sich von ihren Versteckspielchen erhofft. Mir fällt ja immer wieder der Satz von Willy Brandt ein: „Es ist und bleibt grotesk, einen deutschen Bundeskanzler für erpressbar zu halten." Ob das noch so stimmt? Nicht erst bei Scholz, sondern schon bei Schröder und Merkel konnte man manchmal Gegenteiliges denken. "Ich bin es jedenfalls nicht“, hat Brandt damals ergänzt. Etwas in der Art sollte Scholz auch mal von sich geben.

  • Stegner:



    "Ohnehin bleibe die „Verengung auf Waffenlieferungen“ falsch. Dagegen sei das Abkommen über den See-Export ukrainischen Getreides, das in der vergangenen Woche geschlossen wurde, ein „Signal der Hoffnung für weitere diplomatische, ökonomische und humanitäre Initiativen als Alternative zu rein militärischer Unterstützung eines Dauerkriegs“."



    Wenn ich so etwas lese bekomme ich Bluthochdruck!



    Bin gespannt was er sagt sollte Deutschland jemals angegriffen werden und die uSA machen sich auch einen schlanken Fuss mit solchen Spruechen!



    So etwas sollte man sich in seinem Wahlkreis merken und bei der naechsten Wahl beruecksichtigen.



    Tageschau hatte heute etwas zu dem Thema:



    www.tagesschau.de/...g-ukraine-111.html



    Bestimmte Argumente sind nachvollziebar(nicht zuviel unterschiedliches,wegen Logistik und wartungsproblemen+moeglichst nicht direkter Fronteinsatz damit Systeme nicht den Russen in die Haende fallen) - aber nicht wenn es um Marder,Geparde,PzHb200 und Luftabwehr geht.



    Herr Stegner - Care Packete koennen sie schicken wenn die Russen zertruemmert sind.Vorher sind die nicht entscheidend!

  • Lichtjahre später............................

    • 9G
      95820 (Profil gelöscht)
      @Martin L.:

      Ein Jahr ist ein Jahr.... Auch im Dunkeln.

  • Es ist schon erstaunlich, wie Frau Göring-Eckardt mit den polnischen Rechtsnationalisten in der Frage der Waffenlieferungen übereinstimmt.

    • RS
      Ria Sauter
      @Rolf B.:

      Die Grünen tragen jetzt grüne Tarnwesten der Bundeswehr und Militäruniform. Der grüne Landwirtschaftsminister trägt sie auch

    • @Rolf B.:

      und? Wo die Polen Recht haben haben sie Recht. Einer Demokratie die von einer Diktatur überfallen wird hilft man Punkt aus Ende.

      • @Machiavelli:

        ... MIT Rojava ....

      • @Machiavelli:

        Fangen wir doch einmal die Rojava an. Punkt aus Ende.

        • @Rolf B.:

          Absolut, Rojava hätte schon vor Jahren anerkannt werden müssen. Deutschland hätte dort an der Grenze zur Türkei Truppen stationieren müssen um Erdogan abzuschrecken.

          • @Machiavelli:

            NATO gegen NATO?

            KEINE KLUGE IDEE.

            • @Rolf B.:

              Hat bei den Amerikanern auch geklappt.

  • Klar will Scholz nicht der SPD Kanzler sein der die Kriegsproduktion ausrufen muss, aber dieser Krieg wird wohl noch eine Weile gehen und will man nicht das Russland ihn gewinnt wird man nicht darum herum kommen mehr schweres Gerät zu liefern.



    Man muss auch langfristig denken mit den USA, Frankreich, Italien und UK hat man sehr unsichere Kantonisten als Verbündete aber ohne diese wäre Europa nicht zu verteidigen, daher sollte Deutschland nicht nur in aktive Waffen-Systeme investieren sondern auch Lager anlegen, deutlich mehr Reservisten rekrutieren und die Kriegsindustrie so ausbauen das Panzer, Haubitzen etc. wieder am Fließband produziert werden und dann damit auch die Ukraine unterstützen.

  • RS
    Ria Sauter

    Warum gibt es dazu keinen Volksentscheid.



    Bitte SPD bleibt stark!

    • RS
      Ria Sauter
      @Ria Sauter:

      Ich bin mangels Alternative daheim geblieben.



      Habe zuvor immer grün gewählt.



      Mit dieser Führungsriege ging das gar nicht mehr.



      Meine Befürchtungen haben sich leider bestätigt

  • Ich habe grün gewählt und ich verfluchte mich dafür.

    • @kah sperl:

      Ich habe Grün gewählt und bin sehr froh darüber.

      Schlimm, wenn ich SPD gewählt hätte und mit Schuld wäre, daß die Ukraine wegen ewigen verzögerns von Russland niedergemacht wird.

  • Gibt es für den Ringtausch mit Polen kein Memorandum of Understanding ? Selbst auf ein einfaches Blatt Papier passen Stückzahl, Version, grober Zeitplan, logistische Grundlagen. Das weiß und kann auch jeder im BMVg. Mittlerweile dauert alles so lange, dass man zumindest für den Marder die Ausbildung hätte längst abschließen können. Kann sein, dass es für den Leopard länger dauert, aber warum hat man nicht längst damit angefangen auszubilden? Was bedeutet das also? Es ist einfach - Scholz will nicht! Letztendlich zielt sein gesamter Kurs darauf ab Deutschland aus der Angelegenheit heraus zu halten. Er erfüllt ausschließlich Minimalforderungen. Dies wohl in der Hoffnung Hr. Putin nicht zu sehr zu verägern. Klar, er will halt nicht den Wilhelm II machen und uns tief in die Sch.... reiten. Man kann das auch richtig finden. Aber ist es das?