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Verantwortung von Fridays for FutureUnd die Politik schaut zu

Bei der Klimakrise auf die Kids zu hoffen, ist falsch. Auch der Rest der Gesellschaft muss reagieren. Denn etwas verändern kann nur die Politik.

Waldbrand im Nationalpark Sächsische Schweiz am 26. Juli Foto: Sebastian Kahnert/dpa

„FFF muss aus ihrem Wachkoma erwachen. Jetzt wäre der richtige Moment“, schreibt Daniel Hinz bei Zeit Campus, der darüber nachdenkt, wo die Aktivisti bleiben, während „die Welt brennt“. Es stimmt, von der Bewegung ist dieser Tage wenig zu sehen, zu lesen und zu hören. Währenddessen toben in Deutschland sowie auf der ganzen Welt Waldbrände.

Doch ist es überhaupt wichtig, wie sich die Klimaaktivisti zu den Waldbränden verhalten? Kann man sich das nicht denken? Immerhin haben sie die Öffentlichkeit schon vor Jahren davor gewarnt.

Egal wie Klimaaktivisti sich verhalten, ist es falsch. Der „Letzten Generation“ wird vorgeworfen, sie seien „zu radikal“. Dass Aktivisti, die ihre Hände auf Asphalt kleben, ihren ganzen Körper einsetzen, um auf das Problem der irgendwann unbewohnbaren Erde aufmerksam zu machen, scheint eine Nebensache zu sein.

Andere Vorwürfe gelten Klimaaktivisti von Fridays for Future: Ihnen wird wechselweise vorgeworfen, sie würden Schule oder Universität vernachlässigen, sie wären zu brav oder ihr Erfolg wäre zu gering. Wie soll sich eine Bewegung, die größtenteils aus Kindern, Jugendlichen und Studierenden besteht, denn verhalten? Muss sie die Lösung auf alle Klimapro­ble­me vielleicht auch gleich umsetzen? Denn nur das bringt uns wirklich weiter.

Die Klimakrise ist ein Pro­blem, das von der Politik viel zu wenig ernst genommen wird, und auch Medien bieten diesem Thema viel zu wenig Aufmerksamkeit. Natürlich gibt es einzelne Politiker:innen, Jour­na­lis­t:in­nen und Medienhäuser, auf die das nicht zutrifft. Und es gibt Veränderungen – die „Tagesschau“ greift das Thema immer öfter auf, und es hat sich das Netzwerk Klimajournalismus Deutschland gegründet. Bei ihnen wird die Klimakrise laut ihrer Charta als „Dimension jedes Themas“ priorisiert. Dass die Aufmerksamkeit auf das Thema gelenkt wurde und immer ernster genommen wird, liegt auch an Fridays for Future.

Wo bleibt der Druck auf die Politik?

Doch ein wirklicher Aufschrei bleibt aus – und eine angemessene Reaktion von Po­li­ti­ke­r:in­nen und Medien ebenfalls. Hanno Christ wies im Juni schon für den RBB darauf hin, dass Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach Brandenburg fuhr, um Feuerwehrleute zu besuchen, die Waldbrände löschten. Er sagte, man müsse „dringend mit der Bundesregierung“ sprechen – aber nach Ausbruch des Kriegs in der Ukraine war er einer der Po­li­ti­ke­r:in­nen, die den Kohleausstieg bis 2030 infrage stellten. Wie passt das zusammen?

Immer wieder betont die SPD, auch bundesweit, wie wichtig „Arbeitskräfte“ für „Kohlekumpel“ seien. Als ob sich durch Solaranlagen und Windenergie keine Arbeitsplätze schaffen ließen. Als in Deutschland aufgrund der Koalition von Union und SPD Arbeitskräfte in den erneuerbaren Energien abgebaut wurden, war es um die SPD herum seltsam still.

Und der Druck auf die Politik? Blieb ebenfalls aus. Dabei bräuchte es diesen dringend. Auch die derzeitige Regierung macht zu wenig gegen die Klimakrise. Das ist teils verständlich, weil Realpolitik nicht von einem auf den anderen Tag Vereinbarungen aushebeln kann und die Union 16 Jahre lang so regierte, als gäbe es die Klima­krise nicht.

Andererseits wird diese immer heftiger, je länger nichts unternommen wird. Schon jetzt bekommt man das Ausmaß zu spüren, dazu braucht es keine Aktivisti. 30.000 Menschen sind seit 2000 durch Extremwetterereignisse wie Hitze und Flut gestorben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) selbst in Auftrag gegeben wurde.

Eine Studie des Mainzer Max-Planck-Instituts für Chemie wies nach, dass wegen der Luftverschmutzung in Europa die Lebenserwartung der Menschen um zwei Jahre gemindert wird – jährlich sterben europaweit 800.000 Menschen an Luftverschmutzung. Noch drastischer ist es für die Menschen im Globalen Süden. Schon jetzt leidet der Globale Süden am stärksten unter der Klimakrise, obwohl er am wenigsten dafür kann. Wo bleibt der Druck auf die Politik?

Die Maßnahmen fehlen

Wen das nicht empört, der ist vielleicht durch kapitalistische Logik zu überzeugen: Die Klimakrise kostet Deutschland schon jetzt durchschnittlich 6,6 Mil­liar­den Euro im Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt die gleiche Studie, die von besagtem BMWK in Auftrag gegeben wurde.

Während also wahnsinnig viel Geld ausgegeben wird wegen der Klimakrise, gibt die Bundesregierung auch Geld aus für Klimaschädliches wie den Tankrabatt oder das Dienstwagenprivileg. Das scheint alles mitzulaufen, doch die große Empörung bleibt aus.

Im Globalen Süden sterben weiterhin Menschen und verlassen ihre Wohnungen infolge von Fluten und Hitzewellen. Gerade mussten in der pakistanischen Provinz Belutschi­stan mehr als 50.000 Familien aus ihren Dörfern in Sicherheit gebracht werden.

Der Globale Norden – auch die deutsche Regierung – hat bisher dennoch keine angemessenen Maßnahmen ergriffen, die der Klimakrise etwas entgegensetzen würden. Auf Twitter regt man sich hierzulande auf, dass Robert Habeck Tipps zum Duschen gibt, während RWE mit einem Zuschuss von 1,5 Milliarden für dieses Jahr rechnet. Doch wo bleibt der Druck auf die Politik?

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7 Kommentare

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  • Und immer wieder die Frage an die Presse: was, wenn unser Problem unsere kapitalistische Lebens- und Produktionsweise ist? Dann ist Abstand zwischen schwarz und rot und gelb und grün eher gering, da diese Parteien immer in der Logike des Systemerhalts handeln und denken werden. Und der Erhalt bestimmter Arbeitsplätze, klimaschädlich oder nicht, hat dann einen ebensolchen Stellenwert, wie die Erhaltung einer bestimmten Industrieproduktion. Dann spielen Arbeitgeber und Gewerkschaften das gleiche Spiel und CDU, FDP und SPD sind dabei. Und grün bedeutet doch nur noch, andere Industrien zu fördern, die ebensowenig nachhaltig und ökologisch sind. Wer fragt denn, zu welchen Bedingungen die Rohstoffe im globalen Süden gefördert werden, die unsere Wirtschaft klimaneutral machen sollen? Wer spricht von den kapitalistischen Ausbeutungsstrukturen, wenn europäische, chinesische oder US-amerikanische Konzerne die landwirtschaftlichen Flächen des globalen Südens für unseren (zum Teil auch biologischen) Nahrungsmittel veriennahmen? Wer fragt, wer an der Rohstoffextraktion im globalen Süden verdient und wer mit der Verschmutzung leben muss? Wer fragt, wo unser Plastik- und Textilmüll landet?



    Alles Teil der kapitalistischen Logik, die hier weitestgehend ausgeblendet wird.

    FFF wird daran leider nichts ändern und die Politik will es schon drei Mal nicht, da unsere Gesellschaft nur noch als massenkonsumierende Gesellschaft denkbar erscheint.

    • @Favier:

      Ja, genau; alles Teil der kapitalistischen, neoliberalen, imperialistischen Logik! Aber eben kein Naturgesetz, sondern erdacht, entwickelt, erschaffen, angewandt von Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Absichten. Die gute Nachricht: Das weltweite ökonomische Prinzip schreiender Ungerechtigkeit durch Ausbeutung und Bereicherung kann geändert werden. Die schlechte: Menschen handeln meist erst, wenn die Flut im eigenen Keller steht. Oder wenn sich mit dem Weltuntergang Gewinne machen lassen.

  • "Die SPD setzt sich für Kohlekumpel ein",?



    Was soll das sein, ein Zitat aus den 80er Jahren?



    Die Autorin des Artikels berücksichtigt weder den Ausbau der regenerativen Energien in NRW durch rot grün noch die rot grüne Bundesregierung.



    Zu dieser Zeit wurden die Fördergelder für die Einspeisung regenerativer Energie stark erhöht, was einen entsprechenden Ausbau und Arbeitsplätze schaffte.



    Die CDU FDP Regierung stampfte die Fördermittel allerdings wieder ein und bewirkte somit den Anfang vom Ende der deutschen Solarbranche.



    Was Windenergie betrifft, so macht dich das erwähnte Brandenburg wohl auch nicht schlecht ...



    Den Eifer in allen Ehren, den schwarzen Peter hier der SPD zuzuschieben ist falsch.



    Die größten Bremser beim Ausbau der regenerativen Energien waren in den letzten Jahren NRW (schwarz gelb) und Bayern.



    "Druck aufbauen" erscheint mir nicht das Gebot der Stunde.



    Die Ampel hat schon ganz gute Pläne, den Ukrainekrieg hatte allerdings KeinEr auf dem Zettel.



    fff war ein guter Impuls, wurde aber besonders deshalb bekannt, weil die Bewegung auf fruchtbaren Boden fiel.



    Umweltbewegungen gibt es seit den 70ern und dem Protest in der Vergangenheit wurde nicht immer so verständnisvoll begegnet, wie Kids , die freitags blau machten.



    Es mag ja sein, dass Manche einiges nicht wissen, oder erlebt haben, dann erwarte ich in einer Zeitung mit Anspruch allerdings schon dementsprechende Recherche, statt bloßer Behauptungen.

  • FFF sind nicht die einzigen, die Druck machen.

    Jetzt gibt es ein Bündnis für die Weiterführung des 9EuroTickets, das nereits 11.000 Unterschriften in wenigen Tagen gesammelt hat.



    9-euro-ticket-weiterfahren.de/

    und einen Aufruf

    "Enteignen statt Krise



    eine klimagerechte Zukunft aufbauen!

    Fridays for Future, Ende Gelände, Lützerath Lebt und RWE & Co enteignen rufen zur gemeinsamen Großdemo auf



    Samstag, 27.August 2022

    Start um 12 Uhr Köln Hohenzollernring"



    rwe-enteignen.de/demo/

  • Und selbst Habecks Verwaltungsleute spielen wieder ihre "Altmaierschen Verhinderungsjoker" aus. Ab 15.08.22 wird die Förderung von regenerativen Anlagen reduziert, mit der Begründung damit mehr davon Gebrauch machen.



    All dies bei steigenden Preisen und Zinsen im Bausektor. Wie unsensibel ist denn solch eine Strategie. Das kann auch nur einer Verwaltung einfallen.



    Das wird den Energieumbau verlangsamen statt beschleunigen.



    Wieso nicht auch die 100 Mrd. für das Militär auf mehrere Bereiche aufteilen und jeden Einzelbetrag reduzieren, dann könnte die Umsetzung vielleicht schneller gehen und jeder Militärische Bereich hat etwas davon?

    Kein Wunder das die Jugend die Füsse still hält. Bei so wenig politischer Sensibilität und realem Umsetzungsvermögen, selbst bei den grün geführten Ministerien.

    Vermutlich würde sich selbst bei Selbstmorden der letzten Generation keiner der Verantwortlichen aus der Lobbyistenblase herauswagen und endlich aktiv werden.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Wen soll da "kapitalistische Logik" überzeugen? Wer kein Geld hat kann nicht zahlen, wer welches hat will nicht zahlen. "Die Politik" verhält sich hilflos, weil sie aus den Verpflichtungsnetzen, in die sie sich ohne Bedacht versponnen hat, nicht herauszukommen weis und wagt. Populistisch wird auf Aktivisten gehoftt oder geprügelt. Hilflosigkeitssymptome. Die politischen und gesellschaftlichen Kipppunkte für rechtzeitiges Handeln wurden schon lange vor den geoklimatischen Kipppunkten überschritten. Die Versuchung seine Schäfchen irgendwie vor dem Befürchteten zu retten, hat dann womöglich klammheimlich Prorität, gerade wenn stillschweigend schon davon ausgegangen wird, dass es für Vieles schon zu spät ist. Stille Post: Es wird sich eh nur retten können, wer kann. Um sehr muss man zusehen, sich selbst zu retten. Das wird so wenig aufgehen, wie Gewinne machen ohne den "Klimawirt" aufging.

  • Jeder kümmert sich nur um seine eigenen Pfründe und deswegen kann eine APO auch nur auf Probleme hinweisen, aber wenn sie etwas ändern will, bleibt nur der Gang durch die Institutionen. War ja auch mit ein Grund für die Gründung der Grünen damals, aber die sind mittlerweile Teil des Establishments. Oder anders gesagt, wenn es keine Partei FFF gibt, bleibt man abhängig vom Gutdünken der Politik und die hat wenig Interesse an der Umsetzung, die notwendig wäre bzgl der Klimakatastrophe. Dafür sind die Verflechtungen und Seilschaften von Politik, Wirtschaft und Medien einfach zu ausgeprägt in diesem Land. 🤷‍♂️