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EU-Sanktionen gegen RusslandBrüssel gegen Kyrill

Die EU plant auch Sanktionen gegen das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche. Es geht um sein Vermögen und ein Einreiseverbot.

Finster blickt das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche: Patriarch Kyrill Foto: Sergey Pivovarov/reuters

Berlin taz | Brüssel erbarmt sich: Die EU bereitet wegen des Ukraine­kriegs ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland vor. Auch das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, steht auf der Sanktionsliste. Laut Medienberichten soll unter anderem sein Vermögen eingefroren werden.

Spätestens seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar ist dem Kirchenmann nichts mehr heilig – am allerwenigsten die Ukrainer*innen. Der 75-Jährige, ein wahrhaftiger Kriegshetzer vor dem Herrn, ist in Sachen „Spezialoperation“ einer der engsten Verbündeten von Präsident Wladimir Putin.

So auch am vergangenen Dienstag – dem „Tag der Freude“ in der Erzengel-Michael-Kathedrale, die sich im Moskauer Kreml befindet. „Wir wollen gegen niemanden Krieg führen, Russland hat nie jemanden angegriffen“, erklärte er. Es sei erstaunlich, dass dieses große und mächtige Land nur seine Grenzen verteidigt habe.

Von Weihrauch benebelt

Gott möge dafür sorgen, dass Russland weiter stark und mächtig bleibe und von Gott geliebt werde, sagte Kyrill und man fragt sich unwillkürlich, wie viel Weihrauch wohl vonnöten gewesen ist, um dem Oberhirten derart das Hirn zu vernebeln.

Auch Papst Franziskus durfte bereits der frohen Botschaft des Patriarchen teilhaftig werden, wie er gegenüber der italienischen Zeitung Corriere della Sera bekannte. Bei einer Videokonferenz im März habe ihm Kyrill 20 Minuten lang Rechtfertigungen für den Krieg vorgelesen.

Er habe Kyrill zugehört und ihm gesagt: „Ich verstehe das alles nicht. Bruder, wir sind keine Staatskleriker. Wir können nicht die Sprache der Politik sprechen, aber die von Jesus. […] Deswegen müssen wir Wege zum Frieden finden und das Schießen muss aufhören“, sagte Franziskus.

Offensichtlich bemüht sich der Pontifex bereits seit März um ein Treffen mit Kremlchef Wladimir Putin in Moskau. Er habe aber bisher keine Antwort erhalten, sagte der Heilige Vater dem Corriere, den die Aussicht, an dem meterlangen Tisch im Kreml Platz nehmen zu müssen, nicht zu schrecken scheint, wenn es dem Frieden dient.

Apropos: Sollte Brüssel wirklich Strafmaßnahmen gegen Kyrill verhängen, dürfte er nicht mehr in die EU einreisen. Schade eigentlich. Denn dort könnte er einer Parade der LGBTQ-Community einmal aus nächster Nähe beiwohnen. Ein derart verderbtes und dekadentes Treiben sei übrigens der Grund für den Konflikt im Donbass, hatte Kyrill im März gesagt. Die Menschen dort leisteten verzweifelten Widerstand gegen die Werte derer, die nach der Weltherrschaft strebten.

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33 Kommentare

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  • Der Papst hat Putin als Messdiener von Kyrill bezeichnet entsprechend dessen Auftritts als Kerzenhalter bei Kyrills KriegsSegnung.

    "Der Satan ist unter uns" lautet das klerikale Bekenntnis !

  • Der Pabst prangert die Nato-Osterweiterung an. Er relativiert die Schuld Putins am Angriffskrieg.



    Muss er jetzt auch auf die EU-Sanktionsliste?

    • 4G
      43421 (Profil gelöscht)
      @Volker Schmitz:

      Wenn ich die NATO-Osterweiterung nicht gut finde, rechtfertige ich damit nicht den soundsovielten putinschen Krieg und relativiere damit auch nicht Putins Schuld an selbigen.

  • Ziemlich oberflächliche. Grundsätzlich hat die Orthodoxe Kirche, ob in Russland oder anderswo (Griechenland, Serbien) immer die Nähe zur Macht gesucht - und praktiziert. Der Schulterschluss mit den Herrschenden sichert den Kirchenführern Einfluss, Macht und Pfründe. Das beschränkt sich nicht auf Putins Neo-Zarentum. Griechenland bietet ein westliches Beispiel dafür wie orthodoxe Kirchenführer über Mitsotakis konservative Regierung Macht und Geld sichern wollen - immerhin zahlt der Staat die Priester - aber die Kirche keine Steuern. Ein Blick in die Kirchengeschichte zeigt: Nazi- Evangelische 'Deutsche Christen' huldigen dem 'Führer', katholische Massenmörder im Ustascha-Kroatien, Tiso, ein praktizierender katholischer Antisemit als Staatschef der Slowakei. Kyrill hat nicht Weihrauch das Hirn benebelt - sondern Machtgelüste und da findet er bei allen Religionen 'Brüder im Geiste'.....

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Putin ist ein Kriegsverbrecher.



    Ergo kann er kein Mann Gottes sein, sondern das Gegenteil.



    Kyrill ist ein Mann Putins.



    Ergo kann auch er kein mann Gottes sein.



    Sondern ...



    Denken ist garnicht so schwierig.

    • @655170 (Profil gelöscht):

      Putin ist Kyrills Messdiener und KerzenHalter beim Kriegspredigen.

  • Aussagen von Franziskus wie "Wir können nicht die Sprache der Politik sprechen, aber die von Jesus" lassen mich ernsthaft hoffen, dass die Kirche wieder auf dem Weg zurück zu ihren Wurzeln ist. Lange genug war auch die westliche Kirche fast nur mit Machtpolitik beschäftigt. Auch die Kirchen in Deutschland (da vor allem die Evangelische) beschäftigen sich ebenfalls lieber mit Politik als mit dem Evangelium. Auch da ist ein Umdenken notwendig. Bei Kyrill sowieso, der ist einfach nur Teil der Propaganda geworden.

    • @Winnetaz:

      Die Wurzeln der Kirche liegen in der konstantinischen Wende um 300 n. Chr., als die Herrschaft des Klerus über die Gläubigen mit staatlichen Mitteln zementiert wurde. Dahin braucht die Kirche nicht "zurück", da ist sie immer noch.



      Wer im Christentum zurück zu den Wurzeln will, muss die Kirche komplett abschaffen. Und für sich persönlich kann man das ja auch jederzeit tun ...

      • @Christ:

        In der Zeit von Konstantin ging die Kirche den unseligen Verbund mit der weltlichen Macht ein. Mit den Wurzeln der Kirche ist natürlich Jesus gemeint, also nochmal 300 Jahre früher, genau wie Papst Franziskus es hoffentlich auch meint.

  • 4G
    43421 (Profil gelöscht)

    Habe diesen Herrn vor 10 Jahren einmal in Moskau predigen hören. Das meiste verstand ich nicht, aber da er seine Auffassung zur "Moral" geradezu litaneihaft-obsessiv wiederholte, wurde mir nach einiger Zeit doch klar, was für ein Pope dieser "Hochmerkwürdenträger" doch ist, nämlich ein erzreaktionärer Philister. Da er zudem ebenso korrupt ist wie reaktionär, passt er offenbar bestens zu Putin, mit dem er auch eine gemeinsame KGB-Vergangenheit teilen soll.

    • @43421 (Profil gelöscht):

      "Das meiste verstand ich nicht.."



      Ach was?-



      Dann kann man ja nur staunen.

  • Den Typen bitte ganz oben auf die Liste setzten.

  • Als Nicht-Religiöser darf ich mich inhaltlich nicht über Religionen äußern. Aber wenn ein Pfaffe dazu aufruft, andere Menschen umzubringen und Treue zu einem Kriegsverbrecher fordert, dann hört der religiöse Spaß ebenso auf wie wenn jemand Verständnis für die Taliban fordert. Man kann den Mann im Faschingsgewand und der ihn scheinbar erhöhenden Kappe schon in Grundzügen mit den religiösen Extremisten des islamischen Staates und der Taliban vergleichen.

  • Verfolgte Religionsangehörige, denen man auch ans Vermögen will und keinesfalls im Land haben will, erinnern einen unweigerlich an Deutschlands düsterste Zeiten. Zu denen man auch ständig zu "Strafmaßnahmen" gegen Religiöse aufrief, unter anderem auch wegen der behaupteten, fehlgeleiteten Orientierung ihrer weltlichen Angelegenheiten mittels derer sie angeblich eine gemeingefährliche, politische Herrschafts- Agenda aufbauen wollten. Soll es jetzt schon wieder losgehen? Und dieses Mal sogar EU weit?- Mir ist unheimlich.

    • @Lästige Latte:

      Mimimi. Hier geht's nicht um Religiöse. Hier geht's um einen zentralen Akteur der russischen Kriegspropaganda. Der ist zufällig auch religiös.

      • @LeSti:

        Schon irgendwie richtig!-



        Aber er ist nunmal in seiner Haupteigenschaft Religionsführer einer immerhin großen Gemeinschaft, die sicherlich ebenfalls seine Meinung vertreten und achten wird. Und für die nun zu befürchten sein könnte, gleichfalls mit Strafmaßnahmen sanktioniert zu werden. Obwohl es in diesem Fall klar aus dem Religiösen resultierende Beweggründe sein dürften.-



        Was unterscheidet eigentlich das jüdische "Wir sind das auserwählte Volk"



        vom orthodoxen "es ist die größte Vorbestimmung der rechtgläubigen Kirche auf Erden.



        Von Osten her wird diese Erde ihr Licht erhalten."



        Wie gesagt, bei Beiden resultiert Ihre Lebensart aus religiös-kontemplativen Lebensgefühlen. Was sollen wir machen? Sanktionieren wir den Einen stehen wir vor dem Problem mit dem Anderen. Immerhin haben Beide in Kriegen ihr Leben riskiert für die zunehmende Landgewinnung für die eigene Sache.



        Komplizierte Gefahrenpotenziale für den Rest der Welt eben. Ich bin ehrlich gesagt mit diesen Sachen meistenteils überfordert aber andererseits keinesfalls dazu bereit, den allerorten auftretenden politischen Führungskräften das Feld alleine zu überlassen.

        • @Lästige Latte:

          Wir unterhalten uns wieder wenn die Sanktionen gegen "die Russisch-Orthodoxen" gerichtet sind, weil sie russisch-orthodox sind. Aktuell sind es nach wir vor Sanktionen gegen ein Individuum wegen konkreter Handlungen. Nicht wegen seiner Konfession und auch nicht wegen seiner Funktion in seiner Glaubensgemeinschaft.

        • @Lästige Latte:

          Kyrill steht aber nunmal nicht auf der Sanktionsliste, weil er findet, die russisch-orthodoxe Kirche sei besonders auserwählt und das Nonplusultra.

          Dagegen sagt keiner was.

          Auserwählt kann er sich fühlen, so lange er will.

          Er steht auf der Sanktionsliste wegen seiner nationalistischen Propaganda.

          Die resultiert nicht aus dem Religiösen.

          "Russland hat nie jemanden angegriffen“ ist nicht Teil des orthodoxen Glaubensbekenntnisses..

          Damit stehen wir vor gar keinem Problem.

          • @rero:

            Ich sagte ja, daß das irgendwie richtig ist. Gab aber zu bedenken, dass gerade russische Glaubensgemeinschaften ihren Religionsautoritäten in jeder Hinsicht folgen. Und um diese Menschen mache ich mir Sorgen, daß auch diese über kurz oder lang konsequenterweise irgendwie vom Sanktionsbannstrahl getroffen werden. Denn heutzutage ist ja in den politisch agierenden Gesellschaften nichts und niemand mehr davor sicher, nicht kurzer Hand mit Sanktionen bestraft zu werden (alias Strafmaßnahmen).



            Als Nachkriegsdeutscher kann ich nur mahnen: Wehret den Anfängen.

            • @Lästige Latte:

              Hier gibt es keine Anfänge.

              Auch in absehbarer Zukunft wird hier niemand mit Sanktionen belegt, weil er orthodox ist.

              Und wenn sie als hoch gestellte Vertreter der Kriegspropaganda auftreten, könnte es berechtigt sein.

              Weder gibt es generell Sanktionen gegen alle russischen Staatsbürger, noch gegen alle Russisch-orthodoxen.

              Ich habe leider nicht verstandfen, was da "irgendwie" richtig sein soll.

              • @rero:

                1. Das sehe auch ich ein:



                "..nicht auf der Sanktionsliste, weil er findet, die russisch-orthodoxe Kirche sei besonders auserwählt"

                2.Mein Argument:



                "Aber er ist nunmal in seiner Haupteigenschaft Religionsführer einer immerhin großen Gemeinschaft, die sicherlich ebenfalls seine Meinung vertreten und achten wird"

                Das gilt in solchen Religionsgemeinschaften vor allem für klar geordnet werden könnende weltliche Angelegenheiten. Sowas nennt man dann: den Religionsautoritäten folgen und dadurch sich in braver Frömmigkeit verhalten. Der gäubige Russe läßt keinesfalls von dieser existenziellen Konvention. Er muss nicht unbedingt gewalttätig werden, aber er wird stur bei seinem Weltanschauungsbegriff bleiben, dass die Kirche Christi ohne Rom auf Erden zu entstehen hat und werden wird. Das Problem wird werden, dass wir diese einfachen, naiven russischen Kirchgänger nicht werden überzeugen können, dass sie ihre Religionsautoritäten nicht dulden sollen.-



                Das läuft hier bei uns im Westen- gerade heutzutage- ja erfrischend umgekehrt. Aber um diese naiven russischen Glaubenshörigen mache ich mir Sorgen.

                • @Lästige Latte:

                  Nachtrag. Gerade eben gefunden:



                  " Angriffe auf sowjetische Ehrenmale häufen sich."



                  Soviel zu Ihrem: "Hier gibt es keine Anfänge."



                  Ich sachs mal so: Man marschiert schon wieder. Und das gegen eine Institution, welche uns immerhin unter Einsatz ihres eigenen Lebens aus dem Verfolger- und Schlächter-Milieu befreien konnte.



                  Mich treibt große Sorge, wohin das alles noch sich auswachsen wird. Gegen welche Menschengruppen noch alles, wird man demnächst marschieren wollen. -Ein Menetekel für unsere, sich bisher als freiheitlich verstanden wissen wollende Gesellschaft.

            • @Lästige Latte:

              Sorgen dürfen Sie sich machen. Ich teile Sie nicht. Ich bin allerdings kein Nachkriegsdeutscher. Aber Historiker und Nebenfach-Philosoph. Dass russische Glaubensgemeinschaften ihren Autoritäten in jeder Hinsicht folgen stimmt übrigens auch nicht. Als Folge von Kyrills Äußerungen gab es bereits mehrere Abspaltungen.

              • @LeSti:

                Diese "mehrere Abspaltungen" möchte ich mal sehen!!- In welcher Größenordnung denn???

                • @Lästige Latte:

                  Amsterdam hat sich offiziell losgesagt. Es gibt beim humanistischen Pressedienst (hpd.de) einen Artikel von Gisa Bodenstein dazu mit weiteren verlinkten Artikeln.

                  • @LeSti:

                    Amsterdam ist nicht Russland ???

                    • @Lästige Latte:

                      Sie sprachen auch nur von russischen Glaubensgemeinschaften??? Dass die nicht alle in Russland zu finden sind ist ja wohl klar. Und das wenn Sie zum Allgemeinen was sagen, ist das Allgemeine der Maßstab.

  • Richtig so. Der orthodoxe Mullah aus Moskau ist ein korrupter Haßprediger, der nach dem Ende des Putin-Regimes vor Gericht gehört wie die anderen Putinisten.

  • Franziskus macht "Franz von Assisi" alle Ehre.



    Frieden gehört zur schöpferischen Kraft.

    Der Pontifex wird mir immer sympathischer, das Konklave hat eine sehr gute Wahl getroffen.

    Nihil malum, semper bonum - hoffentlich besinnt sich Kyrill, auf Seinen Herrn und Bestimmung.

    • @Tourist im Leben:

      Der bischof von rom ist ein mit allen wassern gewaschener pr-profi, seine öffentlichen bekundungen wohlfeil.

      Bei den hard facts sieht es deutlich weniger rosa aus. Seinen 'brüdern im nebel' hält er weiterhin nicht nur in deutschland die stange. Priesterweihen für frauen und die anliegen der lgbtqi-menschen sind ihm ein greuel.