Klimaschutz oder Greenwashing?: Hamburg Airport jetzt klimaneutral
Der Hamburger Flughafen hat sich Klimaneutralität bescheinigen lassen. Das gilt jedoch nur für den Betrieb am Boden und nicht für den Flugverkehr.
Der Hamburger Airport hat es nach eigenen Angaben geschafft, seinen Kohlendioxidausstoß seit 2009 um 80 Prozent zu drücken: von 40.000 auf 8.700 Tonnen im Jahr. Um das hinzukriegen, betreibt er ein eigenes Blockheizkraftwerk, das 70 Prozent der Wärme und 30 Prozent des benötigten Stroms liefert. Die Raumluft wird je nach Jahreszeit vorgewärmt oder vorgekühlt, indem sie durch das Erdreich unter dem Flughafen geleitet wird.
Der Flughafen arbeitet mit Ökostrom, hat seine Beleuchtung auf stark stromsparende LEDs umgestellt, betreibt Fahrzeuge mit Ökostrom und Wasserstoff sowie die Fahrgastbrücken mit Solarzellen. Als CO2-Fresser hat er einen Wald von 750 Hektar Größe angelegt. Und weil das immer noch nicht reicht, um auf null zu kommen, kauft er für die letzten 20 Prozent Ausgleichszertifikate aus dem internationalen Emissionshandel.
Der Naturschutzbund (Nabu) anerkennt diese Anstrengungen. „Dass Flugzeuge beispielsweise ihre Turbinen ausstellen und am Boden mit grünem Strom versorgt werden, hat Vorbildcharakter“, lobt der Landesvorsitzende Malte Siegert. Es dürfe aber in der Öffentlichkeit nicht der Eindruck entstehen, dass Fliegen kein Problem mehr sei, nur weil der Flughafen selbst klimaneutral operiere.
Der Umweltverband BUND bezeichnete das Zertifikat als „riesige Mogelpackung, ein Greenwashing, wie es perfider kaum geht“. Und die Fluglärmgegner aus der Nachbarschaft, der Initiativkreis Klima- und Fluglärmschutz und die Arbeitsgruppe Luftverkehr, kritisierten die Präsentation des Zertifikats, zu der der Finanz- und der Wirtschaftssenator kamen, als „Showveranstaltung, die in keiner Weise der Klimakrise gerecht wird“.
Die Fluglärmbetroffenen weisen darauf hin, dass der Flugverkehr in Hamburg ein Vielfaches der Emissionen verursacht, die der Flughafenbetrieb am Boden emittiert. Dabei muss jede Tonne CO2 wegen der besonderen Effekte des Luftverkehrs dreifach gewertet werden, die Maßeinheit dafür sind „CO2-Äquivalente“.
Dem Statistikamt Nord zufolge hat der Luftverkehr Hamburg im Vor-Corona-Jahr 2019 insgesamt 1,1 Millionen Tonnen CO2 emittiert, zu denen aber auch der Flugverkehr des Airbus-Werks beiträgt. Der Hamburger Flughafen sei 2019 global für mehr als 2 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente verantwortlich, rechnet der BUND vor.
Die Flughäfen dagegen haben ihr eigenes Rechensystem und weisen sich nur den CO2-Ausstoß bei Starts und Landungen zu. Fuhlsbüttel kam nach dieser Rechnung auf gut 120.000 Tonnen.
Für Malte Siegert vom Nabu ist jedenfalls klar, dass es darum gehen muss, die Zahl der Flüge zu reduzieren. Es sei „absolut unvereinbar mit den klimapolitischen Zielen des Senats, auf ein Wachstum am Flughafen zu setzen, an dem die Stadt beteiligt ist“. Politisches Ziel müsse es sein, auf die Schiene umzusteigen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen