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Neue EU-Sanktionen gegen RusslandHoher Preis für Putin

Nach Russlands Angriff auf die Ukraine kündigt die EU ein weiteres hartes Sanktionspaket an. Doch der Energiesektor soll ausgeklammert bleiben.

Will den Kreml bestrafen und die russische Wirtschaft schwächen: Ursula von der Leyen Foto: Kenzo Tribouillard/ap

Brüssel taz | Russland muss nach dem Militärangriff auf die Ukraine mit noch nie dagewesenen Sanktionen rechnen. Dies sagten EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der Außenbeauftragte Josep Borrell am Donnerstag in Brüssel. Die Maßnahmen sind mit den USA, Großbritannien und anderen Verbündeten abgesprochen und sollen am Abend bei einem Krisengipfel der EU auf den Weg gebracht werden.

Von der Leyen erklärte, die Sanktionen zielten auf strategische Sektoren der russischen Wirtschaft und blockierten den Zugang zu wichtigen Technologien und Märkten. Es gehe darum, den Kreml zu bestrafen, die russische Wirtschaft zu schwächen und die Kriegsfähigkeit des Landes zu mindern. Nun komme das schärfste und härteste Sanktionspaket, das man je umgesetzt habe, sagte Borrell.

Details wurden zunächst nicht bekannt. Allerdings arbeitet von der Leyen, die sich mehr und mehr in die Pose einer europäischen Verteidigungsministerin wirft, seit Wochen an den Maßnahmen. Geplant ist unter anderem, Russland von den europäischen Finanzmärkten abzuschneiden und den Export von Halbleitern, Künstlicher Intelligenz und anderen kritischen Systemen zu verbieten.

Eine Sperre beim internationalen Finanzdienstleister Swift, der seinen Sitz in der Nähe von Brüssel hat und EU-Recht unterliegt, ist offenbar vorerst nicht geplant. Dagegen hatte unter anderem Deutschland schwere Bedenken erhoben: Es ist fraglich, wie man ohne Swift die Rechnungen für russisches Gas bezahlen soll. Auch soll es vorerst keine EU-Sanktionen im Energiesektor geben. Neben Deutschland hatte davor auch Italien gewarnt. Die EU will keine Energiekrise riskieren.

Gazprom will weiter liefern

Der russische Gaskonzern Gazprom kündigte an, dass er die Versorgung Europas aufrechterhalten wolle – auch mit Pipelines in der Ukraine. Allerdings ist unklar, welche Haltung die USA einnehmen. Sie hatten in der Nacht zu Donnerstag neue Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 verhängt. Zuvor hatte die Bundesregierung die Zertifizierung des umstrittenen Projekts vorerst auf Eis gelegt.

Im Gespräch sind zudem Finanzhilfen für EU-Staaten und Industriebranchen, die besonders von den nun geplanten Sanktionen betroffen sind. Dafür hatte sich unter anderem Österreich stark gemacht. Der Krieg in der Ukraine und die westlichen Strafmaßnahmen könnten den Gaspreis in die Höhe treiben und die Inflation anheizen, so die Sorge. In der deutschen Wirtschaft herrscht große Unsicherheit über die Folgen.

Am Mittwoch hatte die EU bereits ein erstes Sanktionspaket beschlossen. Es war als Warnung an Kremlchef Wladimir Putin gedacht, hat jedoch offenbar seine Wirkung verfehlt. Die Europäer sprechen bereits seit Dezember über „massive“ Sanktionen gegen Russland. Damals sollten die Strafen noch der Abschreckung dienen – doch das hat nicht funktioniert. Nun geht es um Bestrafung. Putin werde einen „hohen Preis“ zahlen, heißt es in Brüssel.

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27 Kommentare

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  • Ich denke an die zwei Optionen:



    Swift und Internet:



    Putin bzw. die FSB-Getreuen würden ja dann das eigenes Reich kontrollieren: abgeschottet von der westlichen Wirtschaft, von den Daten und Informationsströmen.



    Ein Sanktionsergebnis, das das FSB-Regime ja genau anstrebt. So wie Nordkorea.



    Es bräuchte dann Tor-Onion-Zugänge für freie Informationen für die Einwohner in Russland - die ja bestimmt mind. die Hälfte gegen dieses Regime und seinen Krieg sind.



    Energiesektor: ja endlich die Wende ohne Gas vorantreiben.

  • Titel > Hoher Preis für Putin

    Putin sieht krank aus aufgedunsen.

    Ein Hyper Psycho. Kopf. Geld. Problem. Lösen.

    www.ksta.de/kultur...?cb=1645737216764&

  • @ Ernie



    Ich kann sehr gut verstehen, dass niemand unter die Herrschaft des Verbrechers Putin geraten möche.

    Die Ukraine hat 1994 die Nuklearwaffen an Russland abgegeben, gegen Sicherheitsgarantien. Was diese wert waren, wissen wir jetzt.

    Europa muss endlich auf eigenen Beinen stehen. Energiereserven sind da wohl das mindeste.

    Wir sollten uns vorsichtshalber schon einmal darauf einstellen, dass Donald Trump ab 2025 wieder US-Präsident ist. Dann hängen wir so in der Luft wie die Ukraine jetzt. Wir sollten darüber nachdenken, wieder in die Nukleartechnik einzusteigen, nicht nur, um uns von Energielieferungen unabhängiger zu machen. Für mich schliesst das Gedanken über eine deutsche oder europäische nukleare Bewaffnung ein, zusätzlich und in Absprache mit unseren französischen Freunden. Auf die USA (Trump) oder das UK (Johnson) möchte ich mich lieber nicht verlassen müssen.

    Jetzt hoffe ich inständigst, dass der werte Herr Xi diesen Überfall ("die Erledigung der Rest-Ukraine") nicht als Anregung nimmt Taiwan zu überfallen.

    Fürs erste sollte Russland aus SWIFT ausgeschlossen werden. Auch wenn es uns selber weh tut - einen Preis müssen wir zahlen. Später wird er gewiss nicht niedriger.

    Ich glaube, wir sind näher an 1938 als uns allen lieb sein kann.

    • @Carsten S.:

      Die Situation von 1938 hätte vermeiden werden können ,wenn 1919(Versailler Vertrag) und in den Folgejahren die Siegermächte eine andere Politik gegenüber Deutschland gefahren hätten.



      Ähnlich ist es auch mit dem "System Putin". Eine andere Rußlandpolitik des Westens ,hätte den Wunsch nach einem starken Mann gar nicht aufkommen lassen.



      Beim Münchener Abkommen hatten einige Politiker zumindest teilweise diese Erkenntnis realisiert. Leider war es zu diesem Zeitpunkt längst zu spät.



      Ob das heute auch so ist, läßt sich gegenwärtig nicht eindeutig beurteilen.



      Die Idee der EU-europäischen Aufrüstung, insbesondere die nukleare, hat mehrere Haken . Schauen Sie sich mal die Zahlen der Atomsprengköpfe weltweit an:de.statista.com/st...ngkoepfe-weltweit/. Um vom amerikanischen "Schutzschirm"unabhängig zu sein ,reicht die Zeit bis 2025 nicht ansatzweise aus.

  • Also das gleiche was man seit Jahrzehnten macht, hat ja super funktioniert wie man sieht.....

  • Es geht aber nur über den Energiesektor!

  • RS
    Ria Sauter

    Wäre es nicht sinnvoller auf Deeskalation zu setzen?



    Putin noch mehr in die Enge zu treiben könnte sehr, sehr gefährlich werden.



    Stoltenbergs Aussage, Putin würde nicht wagen einen Natostaat anzugreifen ist mMn extrem unklug.

    • @Ria Sauter:

      "Putin in die Enge treiben"

      Der ist lustig. Glauben Sie der ist aus Platzangst in die Ukraine einmarschiert?

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Die vielen Waren, die EU-Staaten in China produzieren lassen und an Russland weiterverkaufen, wird Russland dann wohl direkt in China einkaufen. Das wird bereits seit den Sanktionen von 2014 in vielen Bereichen so gehandhabt. China wird sich vermutlich nicht verweigern.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      China wird nicht den westlichen Markt und dessen Interessen außer acht lassen, nur um Putins Oligarchen aufrecht zu erhalten.



      Und als kommunistisches Land wird die ideologische Solidarität mit dem Faschismus Putins auch nur mau aussehen.

      Auch diese Handelsbeziehungen werden auf Dauer eingedampft werden. Schon alleine deswegen, weil auch China sich vm Russischen Öl-Rubel unabhängig machen wird.

      Putins Russland wird wie alle Öl & Gas Junkies in den nächsten 20 Jahren auf Entzug sein, weil die Welt sich bemüht dem Klimawandel zu trotzen.

      • @Rudolf Fissner:

        Wer China als kommunistisch ansieht, muß dann aber, der gleichen Logik folgend ,auch das Land als größte Demokratie der Welt anerkennen! ;-)



        Wenn Rußland faschistisch ist,dann wird gerade ein faschistisches Land (Ukraine) von einem anderen angegriffen. Oder vielleicht gebrauchen Sie den Begriff "Faschismus" zu einseitig,relativierend,sogar verharmlosend?

  • Meiner Meinung nach sollten wir, also die zivilisierte US-Europäische Wertegemeinschaft Putin-Russland nicht weiter mit Sanktionen und Drohungen provozieren, sondern schnell an den Verhandlungstisch gehen und den Frieden für alle beschließen. Die Sanktionen werden nichts bringen, Krieg mit Russland will auch keiner, bleibt also nur die friedliche Lösung.

  • Ahem...nein, gerade der Energiesektor und SWIFT müssen geblockt werden. Warum sollte man an eine Diktatur im Krieg Geld zahlen? Oder deren Gas verwenden? Ja, das tut uns auch weh, aber Appeasement hat auch 1939 nicht geklappt. Jetzt muss man die harten Bandagen rausholen. Wenn das Land am Boden liegt, können wir gerne nachzahlen. Bis dahin darf nix mehr rein und raus und schon gar kein Geld. DAS tut ihnen weh, nicht ein paar Chips weniger, die sie ohnehin aus China bekommen.

  • Alt-Bundeskanzler GasGerd bleibt seinem Busen-und Geschäftsfreund Wladi loyal verbunden.



    Jetzt im Krieg ist das nichts weiter als Hochverrat!

    • @amigo:

      "Jetzt im Krieg ist das nichts weiter als Hochverrat!"



      Es ist echte Realsatire, so einen Satz im Leserforum einer sich (mal) als "links" verstehenden Zeitung zu finden. Danke für diese echte Perle!

    • @amigo:

      Nö. Wegen sowas kommt man nur bei Putin ins Lager. Hier Gott sei dank nicht.

      • @Rudolf Fissner:

        Wie wäre es mit einem ordentlichen Gerichtsverfahren?

  • Was sind denn das für Luschensanktionen? Sollen die sich totlachen in Moskau?



    Entweder man schmeist Russland raus aus Europa oder nicht.

  • Der Energiesektor wird ausgeblendet. Die Abschreckung wird dadurch halt überschaubar sein...

  • Wann werden endlich die russischen Oligarchen im Ausland enteignet? Halb London gehört denen....es darf kein Russe mehr mit mehr als 10 Euro in der Tasche in die EU einreisen.

  • Das übliche BlaBla. Vor den wirklich schmerzhaften Maßnahmen schreckt man dann doch zurück. Business as usual.

    • @petermann:

      Lassen Sie mich raten: Sie heizen nicht mit Gas?

      • @Strolch:

        Doch, aber es gibt in so einem Fall keine empfindlichen Maßnahmen die nix kosten.

  • So lange wir SWIFT nicht abschalten können, weil wir bei Gazprom unsere Rechnungen bezahlen müssen, so lange wird uns kein*e Ukrainer*in unser Geschwätz von uneingeschränkter Solidarität glauben. Hauptsache die Bude ist warm und bei Schröder klingelt die Kasse

  • Ich hoffe, daß die Bundesregierung erklärt, daß Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland willkommen sind, und hier Schutz und Versorgung finden. Wir müssen der Ukraine, die ohne einen wirklichen Kriegsgrund angegriffen wird, jetzt beistehen.

  • Die Begründung gegen SWIFT-Verbot ist -mit einfachsten Wörter- lächerlich.



    Viele Länder wurden von SWIFT-System vorher suspendiert.

    Für Saddam Hussain's Öl-Export unter UNO-Regulierung hat man Ware-gegen-Ware gemacht.Also das Irakische Öl wurde mit Waren bezahlt.

    Bis vor einige Jahren für Iranische Öl&Gas hat man das Gold und wieder die Ware als Bezahlungsmittel benutzt.

    Frau von der Leyen und EU wird sicher nichts vor Publikum verstecken.



    "Niemand" anders "investiert" sich hinter dieser Entscheidung.



    Sonst würde alle *investierte* Gelder ohne Swift-System in Russland stecken bleiben.