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Schulreinigung in BerlinPutzen bleibt prekär

In Neukölln wird an den meisten Schulen noch immer nicht zum Vergabemindestlohn geputzt. Das Bezirksamt sagt, ihm seien die Hände gebunden.

Bisschen was aufzuräumen: Berliner Schultoilette Foto: picture alliance/dpa | Annette Riedl

Berlin taz | In den meisten Neuköllner Schulen bleibt die Reinigung der Schultoiletten eine prekäre Angelegenheit: Obwohl in Berlin bereits seit August 2020 ein Vergabemindestlohn von 12,50 Euro gilt, zahlen die Reinigungsfirmen ihren Angestellten weitaus weniger – nämlich lediglich den Branchenmindestlohn für GebäudereinigerInnen. Der liegt bei 11,11 Euro pro Stunde und damit deutlich unter dem, was noch Rot-Rot-Grün als Mindestlohn bei Aufträgen der öffentlichen Hand beschlossen hat. Das geht aus der Antwort des Bezirksamts auf eine Anfrage der Neuköllner Linken-Fraktion hervor.

Laut Bezirksamt putzen derzeit elf Firmen mit insgesamt 125 Reinigungskräften in den Neuköllner Schulen – aber nur an einer Schule werden die Reinigungskräfte mit 12,50 Euro entlohnt. „Da seit Inkrafttreten des neuen Vergabemindestlohnes am 01. 05. 2020 nur ein Vertrag neu abgeschlossen wurde, konnte nur dort der Vergabemindestlohn vertraglich vereinbart werden“, heißt es. Auftraggeber für die Reinigungsfirmen sind die Bezirksämter, weil sie Schulträger sind.

Bei der Linken im Bezirk mag man sich mit dieser Antwort nicht zufrieden geben. Philipp Dehne, bildungspolitischer Sprecher der Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung, sagt: „Es gäbe in Neukölln durchaus die Möglichkeit, die laufenden Verträge anzupassen – wenn das Bezirksamt es wollte.“ Hintergrund ist, dass die Verträge zur Schulreinigung in Neukölln jedes Jahr zum 31. Januar verlängert werden müssen. „Das wäre eine Chance für den Bezirk zu sagen, wir passen den Mindestlohn entsprechend an.“ Im Nachbarbezirk Tempelhof-Schöneberg habe man es bereits 2020 genauso gemacht.

Juristisch keine Handhabe?

Das Bezirksamt Neukölln sieht das allerdings anders, in Tempelhof-Schöneberg habe es „Neuausschreibungen“ gegeben, da sei es nicht um Vertragsverlängerungen gegangen. In Neukölln hingegen seien die laufenden Jahresverträge „wesentlicher Bestandteil der Vertragsgrundlage bis 2023 – und eben keine neuen Verträge im Sinne des Vergabemindestlohns.“ Insofern habe das Bezirksamt hier haushaltsrechtlich „keine Handhabe“, sagt der Sprecher von Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD).

Die Bedingungen in der Reinigungsbranche sind prekär, wie auch die Berliner Initiative Schule in Not immer wieder anmahnt. Die 2019 gegründete BürgerInneninitiatve hat bereits 25.000 Unterschriften für eine bessere Reinigung der Berliner Schulen gesammelt. In sechs Bezirken war ein entsprechendes Bürgerbegehren erfolgreich. Auch ein Bündnis aus Gewerkschaften unterstützt die Initiative: Weil auch der Preis bei der Vergabe eine Rolle spielt, vergeben die Bezirksämter die Putzaufträge oft an die preisgünstigsten Anbieter. Die Firmen geben den Kostendruck an ihre Beschäftigten weiter.

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2 Kommentare

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  • 4G
    47202 (Profil gelöscht)

    Und für 11,11 € findet man keine Leute? Märchenstunde!

  • Bei einer solchen "Vertragsanpassung" ist automatisch eine Neuausschreibung notwendig. Im Übrigen gilt pacta sunt servanda.

    Es ist halt relativ sinnlos, mit Abgeordneten der die Linke über juristische Themen zu diskutieren.