Corona, Hofreiter und Döpfner: Linke linksversiffte Lümmel
Ob wir eines Tages zu Omikron sagen können, wir kannten deine Eltern noch, die waren auch nicht nett? Und was hört eigentlich Angela Merkel?
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Angela Merkel wünscht sich Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“ zum Zapfenstreich.
Und was wird besser in dieser?
Irgendwer erklärt Merkel behutsam, dass das Lied von einer Vergewaltigung erzählt.
Schon wieder wurde eine neue Virusvariante – diesmal „Omikron“ – entdeckt. Der Flugverkehr nach Südafrika wurde bereits eingeschränkt. Glauben Sie noch an ein Ende der Pandemie?
Eher an ein Ende des griechischen Alphabets. Neun Buchstaben sind noch frei, wenn man nicht – wie bei „Xi“ – weitere überspringt, um Chinas Staatschef nicht zu verärgern. Der Rest der Debatte watet knietief im Konjunktiv: Ob die Impfung schützt – klares Jein allerseits. Ob Omikron milder oder schlimmer sei – mal gucken. Es wäre lieb, Corona lernte, seine Wirte nicht umzubringen, weil dies auch stets den Selbstmord des Virus bedeutete. Also dass wir eines Tages zu Corona sagen können: Lümmel! Ich kannte deine Eltern noch! Arschlöcher waren das.
Welcher Satz voll schöner Versprechungen gefällt Ihnen im frisch präsentierten Koalitionsvertrag am besten?
Mehr Dienst wagen. Nee, diese Sampeltechnik aus Willy Brandt, Bündnis 90, FDP-Parolen und Farbdurchfall. Vielleicht hat man das auch hinter der nächsten Spontankrise alles vergessen, abe – in welchem Papier ist eigentlich geregelt, welche der drei Werbeagenturen den Auftritt betreut?
In der Personalfrage haben sich bei den Grünen die Realos durchgesetzt. Wie haben die es geschafft, dass der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter keinen Ministerposten bekommen hat?
Grünes Karnevalslied: Identitäteräää. Am Ende von Mann/Frau, Ost/West, Realo/Fundi kam dann noch das Herkunftskriterium durch die Tür. Da hätte Hofreiter nun schon eine erfrischende LGBTQI+-Neigung raushauen müssen, um den Sack noch mal aufzumachen. Er muss ja nicht offensiv schwul sein, Özdemir ist auch kein Türke. Jedenfalls wirkt das grüne Teilkabinett eher wie ’ne Castingband denn wie die fünf verpeiltesten Jazzvirtuosen, die sich finden ließen. Zumal bei Licht betrachtet die Kriterien immer gerade dann besonders scharf gelten, wenn’s kommodiert: Nur eine von fünf kommt aus dem Osten, nach „Linken“ muss man bei den Grünen inzwischen auf Landesebene suchen. Es ist eine Realotruppe, die sich mit dem Abhaken diverser Diversitätskriterien schmückt und schützt. Das ist schade für die Art „Fortschritt“, die sich nicht individuell bemisst, sondern sozial. Aber hey, ein Wahlsieger wie die Grünen muss auch der marginalisierten SPD ein paar Themen zum Überleben lassen.
Rund zwei Drittel des Ampelkabinetts stehen jetzt, nur die SPD fehlt noch. Was glauben Sie: Wird Karl Lauterbach nun Gesundheitsminister oder nicht?
Karl Lauter- ist der Wolfgang Bosbach der SPD. WoBo wäre auch weitere 100 Jahre lang nicht Innenminister geworden: Er nützte der Union als freier Radikaler mehr als in Sachzwang und Kabinettsdisziplin eingebundener Minister. Frei Schnauze gewannen beide ihre Wahlkreise direkt. Es gibt auch diesmal keine Bürgerversicherung, kein rigides Coronaregime – Klabauterbach wäre von vornherein im Widerspruch, müsste er das als Minister mitvertreten. Im Grunde also Lose-lose-Perspektive. Lauterbach ist am besten mit dem dran, was er schon ist.
Wie sehr hat Sie überrascht, dass Springer-Chef Mathias Döpfner trotz seines BRD-DDR-Vergleichs Präsident des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger geblieben ist?
Vorschlag zur Güte: Nicht trotz, sondern wegen. Döpfner drischt seit Jahren auf die von ihm persönlich präsidierten Medien ein. Stets nach der Melodie „Deutschlands Politik- und Medieneliten schlafen den Schlaf der Selbstgerechten und träumen den Wunschtraum der Political Correctness“. Wie er 2019 vom Synagogen-Anschlag in Halle zu diesem rechtsdrehenden Querdenkerschwurbel kam, scheint seinen Kumpels klar zu sein: Lass ihn quatschen, wir finden unsere linksversifften Redaktionen ja auch bescheuert?
Als der Fußballspieler Joshua Kimmich vergangene Woche positiv auf Corona getestet wurde, war das der „Tagesschau“ eine Eilmeldung wert. Kimmich hatte sich nicht impfen lassen. Wieso ist der Fall so relevant?
Wenn wir so was wie Kimmich nicht aushalten, können wir auch gleich Impfzwang ausrufen.
Und was machen die Borussen?
Sind einmal nicht zu blöd, die Bayern zu stressen. Irgendwas stimmt da nicht.
Fragen: Nele Sophie Karsten, David Muschenich
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Mögliche Neuwahlen in Deutschland
Nur Trump kann noch helfen
Orbán und Schröder in Wien
Gäste zum Gruseln
Umgang mit Trauer
Deutschland, warum weinst du nicht?
Nahost-Konflikt vor US-Wahl
„Netanjahu wartet ab“
VW in der Krise
Schlicht nicht wettbewerbsfähig
Steinmeiers Griechenland-Reise
Deutscher Starrsinn