Coronafall im deutschen Nationalteam: Fünf Spieler in Quarantäne
Der Coronatest von Niklas Süle fiel positiv aus. Er und vier weitere DFB-Spieler müssen in Quarantäne. Was folgt? Eine neuerliche Impfdebatte.
Joshua Kimmich war am Dienstagmorgen ein großes Gesprächsthema in den sozialen Netzwerken, ohne dass er irgendetwas gesagt oder gemacht hätte. Eine Nachricht aus dem Wolfsburger Fünf-Sterne-Hotel Ritz Carlton, wo die deutsche Fußballnationalmannschaft derzeit logiert, sorgte dafür, dass der 26-Jährige etwa auf Twitter trendete. Die Nachricht, dass ein DFB-Spieler positiv auf Corona getestet wurde, hatte die Runde gemacht.
Betroffen war allerdings nicht Kimmich, der jüngst mit seinen Erklärungen, warum er bis heute nicht geimpft ist, in den Fokus einer großen Gesellschaftsdebatte rückte. Positiv getestet wurde sein Teamkollege beim FC Bayern Niklas Süle, obwohl dieser einen vollen Impfschutz hat, wie DFB-Direktor Oliver Bierhoff mitteilte. Trotz der Infektion weise er aber keine Symptome auf. Das Vormittagstraining wurde abgesagt. Bierhoff nannte die Nachricht kurz vor den beiden abschließenden WM-Qualifikationsspielen gegen Lichtenstein und Armenien „bitter“, die Gesundheit der Spieler ginge jedoch vor.
Ein Coronafall im 28-köpfigen Kader ist angesichts täglicher Rekordinzidenzwerte derzeit in Deutschland für sich genommen nicht von sonderlicher Brisanz. Die Begleitmaßnahmen des Gesundheitsamts München Land könnten indes der Impfdebatte um Kimmich noch um ein paar weitere prominente Namen erweitern. Die Behörde ordnete nämlich Quarantäne für vier weitere Profis an, die als Kontaktpersonen eingestuft wurden.
Wie Bierhoff bestätigte, betrifft dies neben Kimmich Serge Gnabry, Jamal Musiala und Karim Adeyemi. Für die Spieler gelten die Regeln des Gesundheitsamts München Land, weil der Wohnort der Betroffenen entscheidend ist. Nach den Quarantäneregeln in Bayern müssten aber vollständig Geimpfte und Genesene nicht abgesondert werden, selbst wenn sie als enge Kontaktpersonen eingestuft werden. Im Umkehrschluss würde das bedeuten, dass es bei den vier in Quarantäne geschickten Spielern um ungeimpfte Profis handelt.
Isoliert am Tisch
DFB-Arzt Tim Meyer wollte diese Interpretation auf der Pressekonferenz am Dienstagmittag aber nicht gelten lassen. Grundsätzlich erklärte er: „Sie werden nicht erwarten, dass ich Dinge preisgebe, die der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen.“ Er habe schon von den unterschiedlichsten Quarantänemaßnahmen in Deutschland gehört, von denen auch Geimpfte bereits betroffen gewesen seien.
Der Impfstatus sei ein Kriterium bei der Entscheidung der Gesundheitsämter, aber in diesem Fall nicht das alleinige. Warum vier weitere Nationalspieler, die mit demselben Flugzeug angereist waren, nicht in Quarantäne müssen, wurde nicht weiter aufgeschlüsselt. Bierhoff versicherte, dass auch diese Spieler besonders behandelt würden. Sie sollen isoliert beim Essen am Tisch sitzen und würden getrennt von den anderen zum Training gefahren.
Sowohl Bierhoff als auch Meyer waren bemüht, die Privatsphäre der von der Quarantäne betroffenen Spieler zu schützen. Und Meyer wollte auch nicht erneut in eine Debatte über Kimmichs Haltung zum Impfen einsteigen. Dessen Meinung sei hinreichend diskutiert worden. Meyer erklärte: „An irgendeinem Punkt muss man sagen, das akzeptieren wir jetzt einfach so.“
Ein Ende dieser polarisierenden Debatte ist allerdings nicht in Sicht. Vermutlich wird es reichlich Nachforschungen und Debatten zu den nach Hause geschickten Spielern geben. Zudem steigt grundsätzlich der Druck auf ungeimpfte Fußballprofis. Oke Göttlich, der Präsident des Fußbal-Zweitligisten St. Pauli, warb am Dienstag gegenüber dem NDR dafür, dass die 2G-Regelung für Zuschauer:innen auch für Fußballprofis gelten müsse. Meyer und Bierhoff gaben zu bedenken, dass die Fußballer ihrer Arbeit nachgehen und das möglicherweise gegen das Arbeitsschutzrecht verstößt. Ein überlegenswertes Argument, allerdings hat der DFB für Journalist:innen im Stadion die 2G-Regelung vorgeschrieben.
Bundestrainer Hansi Flick hat übrigens für die ausgefallenen Profis die Wolfsburger Spieler Ridle Baku und Maximilian Arnold sowie Kevin Volland vom AS Monaco nachnominiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt