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Nato und RusslandOffene Konfrontation

Kommentar von Inna Hartwich

Seemanöver und Truppenaufmärsche folgen auf die Ausweisung der russischen Diplomaten durch die Nato. Gut war das Verhältnis noch nie.

Hat wenig Interesse an verbesserten Beziehungen zur Nato: Russlands Präsident Putin Foto: Maksim Blinov/ap

A ls im März 1954, ein Jahr nach dem Tod des sowjetischen Diktators Stalin, im damaligen NATO-Hauptquartier in Paris der Vorschlag aus Moskau landete, doch über den Beitritt der Sowjetunion zum transatlantischen Bündnis nachzudenken, zeigte man sich dort verwundert. Der Wunsch der Sowjets wurde nach zwei Monaten Bedenkzeit freilich abgelehnt. Zu groß war die Angst der NATO, die Sowjets könnten aus dem Inneren heraus das Bündnis kompromittieren.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion folgte eine Annäherung, die aber in einer großen Enttäuschung mündete, auf beiden Seiten. So zeigt sich die Allianz auch jetzt verwundert, weil Russland seine Vertretung am NATO-Hauptquartier geschlossen hat, nachdem das Bündnis acht russischen Diplomaten die Akkreditierung entzogen hatte, weil es diese für Spione hält. Die Verwunderung wirkt allerdings aufgesetzt. Die Partner haben sich seit Jahren wenig bis nichts zu sagen.

Die Diplomaten-Ausweisung und die Schließung der russischen Vertretung sind letztlich das Eingeständnis dieser Wortlosigkeit. Damit wird ein Tod konstatiert, lange nachdem er eingetreten war. Spätestens seit der Ukraine-Krise sind die Beziehungen zwischen der NATO und Russland am Boden. Moskau liegt – trotz seiner halbherzig vorgetragenen Verlautbarungen, man sei offen für einen Dialog – wenig daran, etwas an dem Bruch ändern zu wollen. Und wenn, dann bitteschön nach russischen Bedingungen.

Weil es scheint, dass die NATO nicht sonderlich bereit ist, diese Bedingungen auch nur zu prüfen, wendet es sich beleidigt ab. „Wenn ihr nicht wollt, wollen wir eben auch nicht. Und was ihr danach von uns denkt, ist uns auch egal“, ist die immer stärkere Haltung Russlands, nicht nur gegenüber der Allianz, sondern gegenüber dem Westen allgemein.

Moskau hat die NATO seit jeher als einen verlängerten Arm der USA empfunden. Diese Feindseligkeit verkauft es vor allem nach innen. Das Narrativ, von der NATO eingekreist zu sein und deshalb wehrhaft dagegen zusammenstehen zu müssen, pflegt Moskau durchaus erfolgreich. Die jüngste diplomatische Auseinandersetzung ist die Verstärkung der russischen Konfrontation mit dem Westen. Eine Krise ist es nicht.

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23 Kommentare

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  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Die NATO ist vor allem ein Transatlantisches Angriffsbündnis. Aus sämtlichen Ländern Europas und der USA werden Truppen quer durch Europa an die Grenzen transportiert, um Russland in die Knie zu zwingen. Afghanistan, Irak, Jugoslawien lassen einen schaudern. Soll Tannenberg, Königsberg wieder zurück erobert werden? Eventuell sollte man sich etwas mehr an die Geschichte des Krim- Krieges erinnern, auch damals marschierten die Mächte Europas an den Grenzen Russlands, selbst in der Ostsee, auf. Die NATO gehört aufgelöst, da sie sich immer mehr als Kriegstreiber generiert und nicht der Friedensstiftung dient. Wen will die NATO eigentlich bekämpfen, wo steht der Feind? Ach ja, Russland, und danach? Wird die NATO nach der Befreiung Russlands dann aufgelöst, oder sucht und erfindet einen neuen Gegner, eventuell China?

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @97287 (Profil gelöscht):

      NATO sollte durch ein Angriffsbündnis aller Demokratien ersetzt werden und dann die Diktaturen stürzten und vor Gericht stellen.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Der letzte Weltkrieg ist ja auch schon allzu lange her...

  • Wenn Putin irgendwann die Nase voll hat, kann ich ihn gut verstehen. Haben wir denn nun wirklich NICHTS aus der Vergangenheit gelernt. Was AKK da von sich gegeben hat ist unfassbar dumm. Die hat doch völlig den Verstand verloren! www.n-tv.de/politi...ticle22884414.html



    Frau AKK sollte ihre letzte Dienstreise nach Leningad machen:



    de.wikipedia.org/w...oje-Gedenkfriedhof



    Hier liegen Leningrader.

    Hier liegen Bürger – Männer, Frauen und Kinder.



    Neben ihnen Soldaten der Roten Armee.



    Mit ihrem Leben



    Verteidigten sie Dich, Leningrad,



    Die Wiege der Revolution.



    Nicht alle ihre edlen Namen können wir hier nennen,



    So viele sind es unter dem ewigen Schutz von Granit.



    Aber wisse, der du diese Steine betrachtest:



    Niemand ist vergessen und nichts wird vergessen.

  • Nun, wir sollten einmal nachfragen, wie es dazu gekommen ist.



    Angeblich - seit 2008 bzw. 2014 ist Russland total aggressiv gegenüber dem Westen.



    Nun, wie würde die US-Regierung reagieren, wenn China ein Militärbündnis mit Mexiko anstrebt und - sagen wir- 250.000 Soldaten in Mexiko stationieren wird. Dann wird die USA sicherlich nicht sagen "Oh, Mexiko kann sich verbünden mit wem es will".



    Es war Wahnsinn, ein so zerrissenes Land wie die Ukraine (Ukrainer im Westen, im Osten eine sehr viele ethnische Russen und russisch sprechende Menschen) zu zwingen, sich zwischen Westen und Russland zu entscheiden.



    Es ist Wahnsinn, ein Militärbündnis an die Grenzen einer Großmacht ausweiten zu wollen, ohne diese Großmacht selbst auch aufnehmen zu wollen.



    Und wem nutzt dieser Konflikt? Niemandem. Es wird nur Energie, Geld und Ressourcen verschwendet. Die bräuchten wir, um den Klimawandel zu stoppen.

  • Ein sinnvoller Dialog zwischen Nato und Russland ist weder möglich noch wünschenswert. Worüber soll die Nato denn reden mit einem faschistoiden Russland, das gewaltsam Grenzen verschiebt und Nachbarstaaten territorial amputiert?



    Es ist höchste Zeit für containment Russlands statt appeasement. Letzteres hat die EU in den letzten 20 Jahren versucht und ist damit krachend gescheitert. Es ist höchste Zeit für zielführende Sanktionen gegen Putins Umfeld. Damit könnte die EU einen Riss in der Putin-Nomenklatura herbeiführen, der das Regime kollabieren lassen könnte. Wenn Putin seiner Nomenklatura nicht mehr den Zugang zu europäischen Banken und Immobilien oder die freie Einreise nach Europa garanieren kann, dann wird das Putin-Regime instabil. Das wäre ein Erfolg für die freie Welt und ein Erfolg für Russland, ohne auch nur eine einzige Patrone verschossen zu haben.

    • @Michael Myers:

      Also ein Regime-Change. Hm. Wie sind eigentlich die letzten Versuche ausgegangen?

    • @Michael Myers:

      "Worüber soll die Nato denn reden mit einem faschistoiden Russland, das gewaltsam Grenzen verschiebt und Nachbarstaaten territorial amputiert?"

      Erfahrungsaustausch :-)

    • @Michael Myers:

      Streich mal die Demokratie aus Deinem Denken. Denn auf der Ebene von Krieg und Frieden, dem beruehmten Voelkerrecht, sind alle Staaten gleich. Ohne diese souveraene Gleichheit waere ein Voelkerrecht gar nicht moeglich. Und damit auch der Frieden.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Michael Myers:

      Das ist ja der Witz, die Putin-Versteher sind Feinde des russischen Volkes weil sie wollen diese korrupte Herrschaft durch politische Anerkennung stabilisieren. Die Menschen in Russland haben besseres verdient.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Mal ein verrückter Gedanke:

        Wie wäre es, wenn man die Menschen in Russland entscheiden lässt? Sie haben bewiesen, dass sie verhasste Regierungen stürzen können.

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @warum_denkt_keiner_nach?:

          Dikatatoren stürzten ist nicht so einfach und sie müssen den Karren schon gehörig gegen die Wand fahren das man die Leute mobilisiert kriegt und selbst dann gibt es keine Garantie. Derzeit dürfen die Menschen in Russland jedenfalls nicht entscheiden.

  • Ich finde es irritierend, wenn die russische Sorge vor einer Einkreisung durch die NATO als eher innenpolitisch motiviertes Narrativ dargestellt wird; es ist eine Tatsache, dass die NATO immer näher an die russischen Grenzen herangerückt ist. In solchen Formulierungen schwingt eine Unfähigkeit mit, russische Sicherheitsinteressen als legitim anzuerkennen - ein Wahrnehmungsproblem, das der "Westen" auch in anderen Konflikten hat. Man kann Krisen nicht lösen, wenn man sie manichäisch als Kampf von Gut gegen Böse, von freier Welt gegen Autokratie deutet, und nicht als Aufeinanderprallen konträrer Interessen.



    Im Falle Russlands ist ein solcher moralisierender Reduktionismus aber besonders ärgerlich, weil er so unsäglich geschichtsvergessen ist. Wenn ausgerechnet eine deutsche "Verteidigungs"ministerin meint, markige Sprüche nach Moskau schicken zu müssen und sogar vor der Drohung mit Atomwaffen nicht zurückschreckt (was im übrigen zeigt, dass Deutschland sich nicht mehr als eigenständiger Akteur begreift, denn eigentlich verfügen wir ja nicht über solche Waffen), dann sollte das eigentlich eine Welle der Empörung auslösen. Dass liberale wähnende Kreise solche Ausfälle auch noch goutieren, ist aber ein weitere Beweis dafür, dass die politische Linke ihr Verhältnis zum Liberalismus grundlegend überdenken sollte.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @O.F.:

      RusslandS7Sowietunion war schon immer eingekreist durch Norwegen, Türkei und Alaska (USA), es macht keinen Unterschied, Russland hat nuklear-Waffen daher besteht keine Gefahr einer Landinvasion, da Russland mit der absoluten Vernichtung drohen kann. Mal abgesehen davon das niemand in der NATO einen offensiv Krieg gegen Russland führen will, wirklich niemand. Russlands Sicherheitsinteressen sind vielmehr Wirtschaftsinteressen, die eigene Wirtschaft braucht Arbeitskräfte und Absatzmärkte und ist abseits von Rohstoffen und Waffen nicht konkurrenzfähig, wenn der Westen Europa in die EU holt und China Zentralasien in die neue Seidenstraße hat Russland ein Problem. Außerdem hat man ja den NATO-Russland Rat gegründet etc. um Russlands Ängste zu beruhigen. Es ist einfach unrealistisch (und extrem geschichtsvergessen) das Russland meint Osteuropa wie zu Soviet/Zarenzeiten dominieren zu können. Die Sicherheitsinteressen des kleinen Estlands haben genauso zu zählen wie die Russlands und die Esten wissen schon warum sie lieber in der NATO sind.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Nun ja, wenn man sich Machiavelli nennt, sollte man ihn auch gelesen haben... Natürlich betrifft eine militärische Einkreisung russische Sicherheitsinteressen; der Verweis auf die russischen Nuklearwaffen ändert daran nichts, weil damit der Handlungsspielraum auf die maximale Eskalation beschränkt wäre - auch Russland will auf außenpolitische Bedrohungen reagieren können, ohne den Weltuntergang herbei zu führen.



        Im übrigen - und auch hier könnte Machiavelli helfen - ist es auch keine kluge Außenpolitik, Russland in ein Bündnis mit China zu mobben (denn genau das geschieht gerade; das Problem hat also nicht Russland, sondern der Westen, der nicht verstehen will, wie sich die geopolitischen Gewichte verschieben.



        Und was die Geschichtsvergessenheit angeht: dass auch in Ihrem kleinen historischen Kurs der nationalsozialistische Vernichtungskrieg nicht vorkommt, finde ich ebenso traurig wie bezeichnend. In solchen Momenten bin ich allerdings beruhigt, dass Russland sich zu verteidigen weiß.

        • @O.F.:

          "In solchen Momenten bin ich allerdings beruhigt, dass Russland sich zu verteidigen weiss." Etwa so, wie auf der Krim, nehme ich an...

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @O.F.:

          Ich sehe keinen Grund Russland Handlungsspielraum über souveräne Länder zu geben. Russland ist eine wirtschaftlich schwache Regionalmacht das nahezu null Appeal hat, der einzige Weg wie es Länder an sich binden kann ist durch Gewalt. Außerdem hat Russland eine sehr große Armee kann, also sich durchaus grenznah wehren.

          Das wäre schön, nur funktioniert so eine Politik mit dem derzeitigen Russland nicht, Russland will nicht Partner sein, sondern Herrscher, Putins Traum ist nicht Russland in NATO und EU sondern ein neuer Molotov-rippentrop-Pakt. Ob sich China und Russland verbünden darauf hat westliches Mobben (was soll das überhaupt sein) keinen Einfluss und ich glaube es lohnt auch nicht sich darauf einzulassen, das hieße über Russlands Kriegstreiberei hinwegzusehen aus Angst, aber Angst ist immer ein schlechter Ratgeber. Warum sollte Russland sich mit einem so schwachen und ängstlichen Westen verbünden?

          Das Problem ist Russland, Russland unterstützt Massenmord in Syrien und führt Krieg gegen die Ukraine weil sie sich der EU zugewandt hat, Russland ist keine Weltmacht mehr und kann nicht erwarten so behandelt zu werden.

          Ich dachte nicht, dass ich den Vernichtungskrieg des dritten Reiches erwähnen muss, er wird hier noch von genügend Kommentatoren erwähnt die dann über den stalinistischen Terror gegen Ukraine, Balten und Polen hinwegsehen und deren Interessen und Sicherheit zur Verhandlungsmasse erklären.

          Darüber hinaus haben Ukraine und Polen im Verhältnis mehr gelitten als Russland man sollte also mehr auf die als auf Russland hören wenn Geschichte als Faktor herangezogen wird.

    • @O.F.:

      Sehr richtig. Aber Russland wird als Zentrum des Bösen gelesen, so als ob es Russlands Schuld sei, dass die Demokratien in der Krise sind. Sozusagen den Bösewicht suchen.



      Neoliberalismus, Rechte und Linke, die immer polarisierter kämpfen, Korruption und idiotische Auslandseinsätze werden ausgeblendet.

    • @O.F.:

      "Ich finde es irritierend, wenn die russische Sorge vor einer Einkreisung durch die NATO als eher innenpolitisch motiviertes Narrativ dargestellt wird"



      Es gibt keine russische Sorge wegend er Nato, es gibt die Sorge der russischen Mafia wegen der Nato. Wenn die Nato näher an russische Grenzen gelangt, dann gelanden Rechtsstaatlichkeit und Demokratie an die Grenzen Russlands. Nichts fürchtet das mafiöse Putinregime mehr. Das Letzte, was Putin will, ist die Infektion der russischen Gesellschaft mit dem Demokratievirus. Die Nato verletzt keine russischen Sicherheitsinteressen, das weiß Putin ganz genau.

      • 9G
        97287 (Profil gelöscht)
        @Michael Myers:

        Wenn es gegen die Mafia gehen sollte, warum ist die NATO dann nicht schon längst in die Ukraine, Italien oder México einmarschiert? Auch USA stünde dann auf der Agenda.

        • @97287 (Profil gelöscht):

          Ist die NATO denn in Russland einmarschiert?

  • Die gegenseitige Ausweisung von Kontaktpersonen ist natürlich eine fundamental dämliche Politik. Aber die NATO ist gerade im Provoziermodus und Forderungen nach Rüstungserhöhung (Stichwort 2%, neue 'intelligente' Atomwaffen, etc.) müssen natürlich durch Drohkulissen unterstützt werden. Die Rüstungsindustrie freut sich.