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Volksinitiative von QuerdenkernAngst vor Kindern mit Masken

Die Initiative „Kinderschutz in Not- und Krisenzeiten“ will keine Maskenpflicht mehr in Schulen. Die Initiatoren kommen aus dem Querdenker-Milieu.

Hui, wie gruselig: Kinder tragen zu Halloween Masken Foto: Arne Dedert/dpa

Hamburg taz | Anscheinend glückliche Kinder strahlen uns an auf einem großen Foto auf der Webseite kinderschutzinfo.de, auf der eine neue Hamburger Volksinitiative für sich wirbt. Mädchen und Jungs, hell und dunkel, zufrieden und gesund sehen sie aus. Dieses Glück und diese Gesundheit möchte die Initiative „Kinderschutz in Not- und Krisenzeiten“ um Simone Belko, Claudia Breitenfeld und Sören Ottenjahn beschützen. Ein hehres Anliegen, für das sie breite Unterstützung sucht. Ein Formular kann gleich zum Unterschreiben online abgerufen werden.

Die Initiative ist ein weiterer Versuch aus dem Milieu der Querdenker und Coronaleugner, mit der Sorge um Kinder und Jugendliche Akzeptanz für vermeintlich alternative Positionen zu gewinnen. Große Aktionen aus dem Milieu haben an Attraktion eingebüßt, Aktionen wie diese Hamburger Volksini­tiative sollen die Auseinandersetzung auf andere Bereiche ausweiten.

Inwieweit die Kinder durch die Aktion geschützt werden könnten, ist aber mehr als fragwürdig. Die Forderungen offenbaren eine Nähe zur Bewegung der Querdenker und Coronaleugner, die Initiatoren kommen aus der Bewegung.

Mit dem Motto „Schutz für Kinder anstatt Schutz vor Kinder“ fordern sie Senat und Bürgerschaft auf, das „anlasslose Testen“ und die „Quarantäne für negativ getestete Kinder und Jugendliche“ zu beenden. Schluss sein soll auch mit der „generellen Pflicht zum Tragen der Masken für Kinder und Jugendliche in Schulen, Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, öffentlichen Beförderungs- und Transportmitteln und sonstigen öffentlichen Einrichtungen“.

Zudem fordern sie Senat und Bürgerschaft auf, „auf Landesebene“ darauf hinzuwirken, dass „keine generelle oder gesonderte Impfpflicht für Kinder und Jugendliche für neu zugelassene Impfstoffe eingeführt“ wird. Es solle davon abgesehen werden, Impfaktionen in Schulen und sonstigen Betreuungs- oder Bildungsangeboten oder mit Hilfe von Bildungsträgern durchzuführen.

Kritik an Katastrophenszenarien

Die „Schließung von Schulen, Kindergärten und sonstigen Kinder- und Jugendeinrichtungen zum vorbeugenden Bevölkerungsschutz nach dem Infektionsschutzgesetz“ soll unterbleiben. Ein Umdenken sei geboten, da Kinder und Jugendliche „keine Treiber der Pandemie“ seien und unklar sei, ob diese Maßnahmen die Risikogruppen schützen würden.

Kindern und Jugendlichen werde in der Coronapandemie eine „enorme Last“ aufgebürdet, heißt es in der Begründung zu den Forderungen. Die Politik biete den „Kindern vor allem Belastungen, Sorgen und Katastrophenszenarien“. „Diese Art angstgesteuerter Politik von Erwachsenen, auf dem Rücken der Jüngsten ausgetragen, hat Folgen, die langfristig noch gar nicht abzusehen sind, jedoch bereits ihre Schatten vorauswerfen“, meinen Belko, Breitenfeld und Ottenjahn.

Die Maßnahmen schädigten Kinder und Jugendliche bereits jetzt in ihrem physischen, psychischen und pä­dagogischen Wohl, eine „dauerhafte Gefährdung ihrer Gesundheit“ drohe.

Auf der Webseite stellt sich die Initiative als ein „Bündnis aus Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, Ärztinnen und Ärzten, weiteren Fachleuten u. a. aus Psychologie und Wirtschaft und engagierten Bürgerinnen und Bürgern“ vor. Die scheinen alternative Medizin zu bevorzugen. Die „einseitige Ausrichtung auf das Impfen als Allheilmittel“ sei infrage zu stellen, stattdessen solle die Politik auf die Stärkung der „Eigenverantwortung des Patienten“ setzen.

Bei „dieBasis“ engagiert

Statt „Pseudo-Gesundheitspolitik mit ungesundem Kon­trollzwang“ sei eine „Gesundheitsvorsorge zur natürlichen Stärkung des Immunsystems“ geboten. Die Initiatoren selbst verstehen sich als Aufklärende und ausdrücklich nicht als „Verschwörungstheoretiker“.

Auf der Webseite „The European“ wird Simone Belko jedoch noch deutlicher. Hier schreibt die Journalistin unter dem Titel „Der Homo Hygienicus regiert“ unter anderem, dass „die aufgeklärte Gesellschaft“ keine Menschen erschieße, weil „längst subtilere Methoden“ gefunden worden seien, „um Querdenker heim zu holen“. Das „ominöse Corona-Virus“ habe in Politik und Medien eine „neue Versklavung in der Demokratie-Matrix“ hervorgerufen: „Der Faschismus ist erwachsen geworden!“, schreibt Belko.

Gegenüber dem verschwörungsideologischen Internetmagazin „rubikon.news“ sieht auch Claudia Breitenfeld die Demokratie und die Freiheit in Deutschland nicht mehr gewahrt. Und als Vorstandsmitglied der Partei „dieBasis“ in Hamburg erklärte sie „frei nach Brecht“, dass „Widerstand zur Bürgerpflicht“ geworden sei. Sören Ottenjahn ist ebenfalls bei „dieBasis“ an der Elbe engagiert, als Beauftragter für eine ihrer vier „Säulen“ „Freiheit“, „Machtbegrenzung“, „Achtsamkeit“ und „Schwarm­intelligenz“: Ottenjahn ist für die „Freiheit“ verantwortlich.

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1 Kommentar

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  • Ich weiß nicht, ob die Forderungen aus medizinischer Sicht machbar oder sinnvoll wären, aber den Protest kann ich gut verstehen. Allwahrscheinlich sind die Kinder und die Jugendlichen die am wenigsten gefährdesten und sie mußten in diesen 2 Jahren am meisten leiden (bezogen auf die Altersstruktur). Wenn wir uns erinnern, wie wir Teenager waren und wie lange 2 Jahre gefühlt waren!



    Wir alten Säcke haben die Jugend ganz schön hängen lassen. Kaputte Schulen, schlechte Ausstattung, keine Pandemiekonzepte, ständige Panikmache im TV und Internet.



    Wenn es machbar ist, auch nur teilweise, Forderungen der Kinder und Jugend zu erfüllen, sollten wir die Mehrkosten stemmen.