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Rechtsextremer VerdachtsfallSicherheitsrisiko im Bendlerblock

Der Geheimdienst MAD ist auf einen mutmaßlichen Rechtsextremisten im Verteidigungsministerium gestoßen. Er soll dort als Referent arbeiten.

Fassade des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin in der Abenddämmerung Foto: Michael Gottschalk/imago

BERLIN taz | In der Abteilung SE des Verteidigungsministeriums werden die internationalen Einsätze der Bundeswehr vorbereitet und gesteuert. Auch die Spezialkräfte und das militärische Nachrichtendienstwesen liegen in der Zuständigkeit der Abteilung „Strategie und Einsatz“. Und ausgerechnet dort soll ein mutmaßlicher Rechtsextremist als Referent arbeiten. Auf ihn ist der Bundeswehrgeheimdienst MAD aufmerksam geworden, wie das Ministerium am Mittwoch den zuständigen Fach­po­li­ti­ke­r:in­nen im Bundestag mitteilte.

Nach taz-Informationen handelt es sich um einen zivilen Referenten, also einen Beamten, nicht um einen Soldaten. Seinen Zugang zu vertraulichen sicherheitsrelevanten Unterlagen bekam er nun gekappt. Über den Vorgang hatte zuerst der Spiegel berichtet. Was genau die vom MAD ermittelten „sicherheitserheblichen Erkenntnisse mit Bezug zum Rechtsextremismus“ umfasst, ist bislang nicht bekannt.

Es ist nicht der erste rechtsextreme Verdachtsfall in dieser Abteilung des Ministeriums. Seit vergangenem Herbst wird ein Regierungsdirektor überprüft, der Mitglied der vom Verfassungsschutz wegen „rechtsextremistischer Bestrebungen“ beobachtetem Burschenschaft Hamburger Burschenschaft Germania ist oder war.

Auch das besonders stark von Rechtsextremismus-Vorfällen betroffene Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr macht wieder mit Soldaten von sich reden, die offenbar nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen. Und das zu einem für das KSK äußerst ungelegenen Zeitpunkt. Gerade erst hat der Verband in in kleinem Rahmen in Calw sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. Und zuletzt waren die Pressemeldungen über das KSK oft positiv ausgefallen, weil die Spezialkräfte bei der Evakuierung von Ortskräften aus Afghanistan mithalfen.

Reichsflagge aufgehängt

Die Wehrdisziplinaranwaltschaft führt Vorermittlungen gegen zwei KSK-Soldaten. Im Fokus steht zum einen ein Offizier, der vor sieben Jahren in einer WhatsApp-Gruppe mit anderen Soldaten „eine geringe Anzahl an Bildern mit rechtsextremistischem Hintergrund“ verschickt haben soll. Es gebe keine Erkenntnisse, dass weitere Mitglieder der Gruppe extremistische Bezüge hätten. Das beschlagnahmte Smartphone des Leutnants ist aber offenbar noch nicht vollständig ausgewertet.

Auch gegen einen Oberstabsfeldwebel des KSK wird nun intern ermittelt. Er soll nach taz-Informationen bei einer Fallschirmsprungausbildung in den USA im Jahr 2015 neben der gültigen deutschen Flagge eine Reichsflagge aufgehängt haben oder das zumindest nicht unterbunden und gemeldet haben. Mindestens acht weitere Teilnehmer des Lehrgangs ließen sich davor fotografieren. Gegen sie sollen nun auch disziplinarrechtliche Ermittlungen aufgenommen werden – sofern sie identifiziert werden.

Im Verteidigungsministerium sieht man die beiden Verfahren, über die am Wochenende bereits die Bild am Sonntag berichtet hatte, als Beleg dafür, dass die eingeleiteten Maßnahmen zur verbesserten Bekämpfung des Rechtsextremismus Wirkung zeigen. Beim KSK, einem vergleichsweise kleinen Verband, gab es in den vergangenen Jahren mehr als 50 Rechtsextremismus-Verdachtsfälle. Eine KSK-Komapanie wurde in der Folge komplett aufgelöst, ihre Mitglieder sind aber teils immer noch in Calw stationiert. Der Fall des Referenten im Verteidigungsministerium hat laut dem Ministerium keinen Bezug zum KSK.

Bei rechtsextremen KSK-Soldaten blieb es nicht bei bloßen Ideologiebekundungen. Ein Unteroffizier etwa wurde Anfang des Jahres zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er illegal Waffen bei sich zu Hause lagerte und Munition und Sprengstoff, den er bei der Bundeswehr geklaut hatte.

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