Reformprozess bei Eliteeinheit KSK: Führung stellt gutes Zeugnis aus

Nach den Skandalen beim KSK sollte die Eliteeinheit reformiert werden. Das habe gut geklappt, besagt ein Bundeswehrbericht. Doch es gibt offene Fragen.

Getarnte Scharfschützen des KSK im Gelände

Scharfschützen des KSK bei einer Vorführung am Tag der Bundeswehr in Fassberg, Niedersachsen, 2017 Foto: Björn Trotzki/imago

BERLIN taz | Vor einem Jahr hat die Verteidigungsministerin angekündigt, mit einem „eisernen Besen“ beim Kommando Spezialkräfte (KSK) durchzufegen. Anlass für Annegret Kramp-Karrenbauers (CDU) Äußerung waren rechtsextreme Vorfälle in der Eliteeinheit mit Sitz in Calw. Nun hat der oberste Soldat der Bundeswehr aufgeschrieben, was bei dem großen Reinemachen herausgekommen ist.

Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, stellt dem Reformprozess ein gutes Zeugnis aus. Die „Aufarbeitung der Fehlentwicklungen und Missstände sowie umfassende strukturelle Veränderungen im KSK“ kämen faktisch einer Neuaufstellung des Verbandes gleich, heißt es im Abschlussbericht der „Arbeitsgruppe Kommando Spezialkräfte“, den Zorn am Mittwoch vorgelegt hat. Die allermeisten der 60 Maßnahmen seien bereits umgesetzt.

Eine der auffälligsten Neuerungen: Es wurden neue Dienstposten geschaffen, weil es nicht genügend personelle Ressourcen gegeben habe, mit gravierenden Folgen: „Überlastung, Frustration, Vorschriftenverstöße sowie schließlich die Entstehung weitgehend regelungsfreier Räume.“ Mehr als 50 zusätzliche Posten gibt es nun in der Führungsebene des KSK, für Personal und vor allem im Bereich der Logistik. Damit soll auch dem äußerst schludrigen Umgang mit Munition entgegengewirkt werden. Gegen den Kommandeur der KSK laufen immer noch strafrechtliche und disziplinarrechtliche Ermittlungen, weil er eine wohl illegale Munitionsamnestie angeordnet hat. Die Verteidigungsministerin hat von dieser Aktion angeblich erst erfahren, als die taz Anfang des Jahres darüber berichtet hat.

30 zusätzliche Dienstposten gibt es auch für die Ausbildung der KSK-Soldaten, die ausgegliedert wurde und nun der Infanterieschule des Heeres unterstellt ist. Grundsätzlich soll es nun mehr psychologische Begleitung geben. Soldaten, die kürzlich ins KSK versetzt wurden, bekommen in einem Lehrgang „Einsteiger in das KSK“ Themen wie „Persönlichkeitsbildung“ und „Verfassungstreue“ nähergebracht.

Viele Rechtsextremismus-Verdachtsfälle

Das Verteidigungsministerium hatte dem KSK ein „in Teilen ungesundes Eliteverständnis“ attestiert, auch einzelnen Führungskräften. Deshalb sei nun die Dienstaufsicht verbessert worden. So finde nun einmal im Quartal unter Leitung des Inspekteurs des Heeres in Calw ein „Jour Fixe KSK“ statt.

Im Zuge der Reformen wurde 2020 die 2. Kompanie des KSK aufgelöst, weil es dort eine „toxische Führungskultur in Verbindung mit fehlgeleitetem Eliteverständnis sowie extremistischen Tendenzen“ gegeben habe. Symbol für die Problematik ist die Abschiedsfeier des Kompaniechefs 2017, bei der Rechtsrock lief und Hitlergrüße gezeigt wurden.

Ein Teilnehmer der Party wurde im März verurteilt, weil er Waffen und Bundeswehrmunition zu Hause gehortet hatte; der Oberstabsfeldwebel musste die Bundeswehr verlassen. Nahezu alle Soldaten, die zum Zeitpunkt der Auflösung noch in der Kompanie waren, sind immer noch im KSK oder in angrenzenden Bereichen eingesetzt. Bei ihnen gab es keine Beanstandungen.

Im KSK gibt es überproportional viele Rechtsextremismus-Verdachtsfälle, insgesamt 50 seit 2017. Diese sind längst nicht alle abgearbeitet. Sechs Soldaten mussten die Bundeswehr bisher verlassen, 18 wurden versetzt oder sind freiwillig aus dem KSK ausgeschieden, bei sieben habe sich der Verdacht nicht bestätigt. Weil Disziplinarverfahren in der Regel sehr lange dauern, wurde ein neuer „Versetzungstatbestand“ eingeführt, damit Problemfälle zumindest schneller aus dem KSK entfernt werden können.

Prepper finden keine Erwähnung

Auf die verschiedenen rechtsextremen Problemfelder im KSK wird im Abschlussbericht nicht eingegangen. Keine Erwähnung findet etwa, dass sich mehrere KSK-Soldaten als Prepper auf einen „Tag X“ vorbereitet haben.

Erwähnt wird nur, dass man kein „rechtsextremistisches Netzwerk“ erkannt habe, was aber vor allem an der engen juristischen Definition liegt, auf die sich bezogen wird. „Bekannt wurde ein Geflecht von Kontakten und Kennverhältnissen unterschiedlicher Art und Intensität zwischen einzelnen im Fokus stehenden Personen, welche durch eine übereinstimmende Geisteshaltung getragen zu sein scheint und das weiterhin aufgeklärt und bearbeitet wird.“

Die Wehrbeauftragte des Bundestages Eva Högl (SPD) hat sich optimistisch gezeigt, dass das KSK eine „gute Zukunft“ habe. Im Deutschlandfunk mahnte sie aber auch weitere Aufklärung an, etwa, was die „Schweinskopf-Party“ von 2017 angehe.

Aus Reihen der Opposition kommt Kritik an dem sehr positiv dargestellten Reformprozess. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Agnieszka Brugger und Tobias Lindner, Sprecher für Sicherheitspolitik seiner Fraktion, betonen, dass mit dem Bericht nun kein Schlussstrich gezogen werde dürfe. „Dafür sind die nach wie vor offenen Fragen zu rechtsextremen Vorfällen und Netzwerken, zum Umgang mit Munition, zu fragwürdigen Verträgen und Vergaberechtsverstößen zu groß und gravierend“, heißt es in ihrer Erklärung. Die beiden werfen der Verteidigungsministerin eine „nachlässige und zögernde Aufklärung“ vor.

Kramp-Karrenbauer will am Montag kommender Woche erneut das KSK in Calw besuchen und danach offiziell mitteilen, wie die Zukunft der Spezialeinheit aussieht. Gerade ist sie in einem besonderen Einsatz: KSK-Soldaten sichern den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan.

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Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

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