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Neue Eskalationsstufe im Indo-PazifikTragischer Konflikt

Fabian Kretschmer
Kommentar von Fabian Kretschmer

Australien erhält von den USA künftig Atom-U-Boote, China wird zurückschlagen. Eine militärische Entspannung ist damit in weite Ferne gerückt.

Stolz werden auf der Militärparade in Peking 2019 Raketen vorgeführt Foto: Jason Lee/reuters

F ür die chinesische Staatsführung ist „Aukus“, das neue Sicherheitsbündnis zwischen den USA, Großbritannien und Australien, ein regelrechtes Schreckgespenst. Doch auch der Rest der Welt sollte angesichts der neuen Eskalationsstufe im Indo-Pazifik besorgt sein. Peking selbst spricht von einer Mentalität des Kalten Kriegs. Die Staatsmedien warnen zudem vor einem Wettrüsten in der Region: Wenn Australien erstmals nuklear angetriebene U-Boote erhält, sei damit die Büchse der Pandora geöffnet.

Beides ist durchaus richtig, doch lassen sich die Anschuldigungen genauso gut auf Chinas Staatsführung übertragen: Peking sorgt mit seinen atomaren Raketensilos und steigenden Militäretats für Nervosität unter seinen Nachbarstaaten. Nicht zuletzt trägt Staatschef Xi Jinping Mitschuld an den Entwicklungen: Mit seinen wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen gegen etliche Staaten, die Pekings „rote Linien“ übertreten, einer zunehmend aggressiven Außenpolitik und immer bissigerer Rhetorik seiner Diplomaten macht sich China international keine Freunde.

Als Reaktion auf Aukus wird China mit Sicherheit zurückschlagen – zunächst mit wirtschaftlichen Sanktio­nen, später gefolgt von militärischen Machtdemonstrationen. Peking wird sich in seiner Ansicht bestärkt sehen, dass für die nationale Sicherheit eine militärische Aufrüstung essenziell sei. Xi Jinping vertritt ohnehin die Auffassung, dass der Westen nur die Sprache der Mächtigen versteht. Dafür lässt er das Verteidigungsbudget jährlich um rund 7 Prozent steigen, und das ist nur die offizielle Zahl.

Das vielleicht Tragische an diesem Konflikt: Je verhärteter die Fronten, desto schwieriger erscheinen Kompromisslösungen. Selbst über grundlegende Fragen werden sich China und der Westen nicht mehr einig, geschweige denn über gesellschaftliche Werte: etwa wie man Menschenrechte definiert, was genau in der Region Xinjiang passiert und ob Hongkong weiter ein Recht auf Autonomie hat. Wie können in einem solchen Klima Verhandlungen über militärische Abrüstung gelingen?

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Fabian Kretschmer
Korrespondent in Südkorea
Seit 2024 Korrespondent für die koreanische Halbinsel und China mit Sitz in Seoul. Berichtete zuvor fünf Jahre lang von Peking aus. Seit 2014 als freier Journalist in Ostasien tätig. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Betreibt nebenbei den Podcast "Beijing Briefing". Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.
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8 Kommentare

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  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    China hat in HongKong gezeigt das sein Wort nichts wert ist, dazu kommt eine massive Aufrüstung, Konflikte werden militärisch gelöst (China besetzt Inseln und baut sie zu Festungen aus), Länder die sich nicht unterordnen werden mit Wirtschaftssanktionen und Propaganda geflutet. Und dazu kommen ständige Kriegsdrohungen gegen Taiwan, Luftraumverletzungen gegenüber Japan etc.



    Außerdem wird das Land immer autoritärer und nationalistischer regiert. Chinas Nachbarn tun gut daran aufzurüsten mein Rat an Japan und Taiwan wäre sich auch Nuklear zu bewaffnen, lieber haben und nicht brauchen als nicht haben und brauchen.

  • @Bogenhaar: Nein, das Kontrollbedürfnis der Festland KP über Taiwan geht über eine wirtschaftliche Übernahme weit hinaus. Auch Hongkong war nicht ohne "Militäreinsatz" einzunehmen. Die Sicherheitskräfte, die da alles niederbügeln sind zum erheblichen Teil aus Festland-China.



    Und Taiwan ist deutlich weiter weg. Militäreinsätze gegen die Taiwanesische Luftverteidigung sind jetzt fast alltäglich und dienen der Ermüdung der Luftabwehr. Es ist eben durchaus eine Option, einfach mal einzumarschieren. So wie Putin in die Ukraine. Um Fakten zu schaffen.



    Und dann muß Biden, die USA, auch Japan, nicht nur entscheiden wollen, sondern dafür auch Optionen haben, die China beeindrucken. Wirtschaftssanktionen haben seit 40 Jahren nicht einmal Kuba zum einlenken bewegt....Blöd. Aber ist so..

  • Warum wird hier das Thema Taiwan so lautstark ausgeklammert? Die Absicht, Taiwan genauso wie jetzt bereits Hongkong in die Chinesische Volksrepublik einzugliedern ist doch schon längst erklärtes Ziel der Chinesischen Aufrüstung. Oder habe ich da was falsch verstanden? Mit dem entsprechenden Arsenal im Hintergrund wird das ganz ohne Militäreinsatz möglich.

  • Das vielleicht Tragische an diesem Konflikt? Bei Evidenz für einen wirkmächtigen kausalen Zusammenhang von Militär, Rüstung und Klima sind wir ALLE VerliererInnen. Die Sprachregelungen, Verhaltensänderungen und Maßnahmen sind aus den früheren Spiralen der Rüstungsexzesse bekannt. Vielleicht kann man auch verbal schon wieder etwas abrüsten, hier wäre Diplomatie in Hinterzimmern ggf. ein zielführender Weg. "Angst als schlechter Ratgeber", hatten wir lang genug im kalten Krieg.

  • Da China, siehe Hong Kong sich an keinerlei Abmachung und Regeln hält, kann ich verstehen das man sich dementsprechend aufrüstet.

  • Nuklear angetrieben bedeutet ja nicht "nuklear bewaffnet".



    Ich wüsste nicht wieso der Antrieb hier eine besondere Eskalation sein soll.

    • @Paul Rabe:

      Australien und die Ozeane drumrum sind groß. Schon von Vorteil nicht so oft und so weit bis zur nächsten Tankstelle auftauchen zu müssen.

      • @Tabubrecher:

        Natürlich ist ein Atomantrieb von Vorteil, aber der Antrieb ändert ja nichts an der strategischen Bedrohungslage. Die würde sich für China nur ändern, wenn die Boote auch atomar bewaffnet wären.