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Niedrige SchweinepreiseMinisterin Klöckner ratlos

Die CDU-Agrarministerin verkündet nach einem Krisengespräch kaum Neues. Kritiker fordern, weniger Schweinefleisch zu produzieren und zu essen.

Angespannte Lage auf dem Markt für Schweinefleisch Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Berlin taz/dpa | Das von Bundesagrarministerin Julia Klöckner organisierte Branchengespräch zu den sehr niedrigen Preisen für Schlachtschweine ist ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen. Die CDU-Politikerin teilte nach der Konferenz am Mittwoch zwar mit, ihr Ministerium habe erreicht, dass deutsches Schweinefleisch trotz des hiesigen Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest wieder in „vielen Drittländern“ verkauft werden dürfe.

Zudem sei die Antragsfrist für Corona-Überbrückungshilfen bis Ende Dezember verlängert worden. Klöckner ergänzte, sie habe die EU-Kommission aufgefordert, höhere Beihilfen für die Betriebe zu erlauben. Doch all diese Maßnahmen waren schon bekannt, haben das aktuelle Preistief nicht verhindert oder werden Experten zufolge keine nachhaltige Linderung bringen.

Angesichts der angespannten Lage auf dem Markt für Schweinefleisch hatten Tierhalter schnelle Unterstützung verlangt. Das aktuelle Preisniveau sei ruinös, erklärte der Deutsche Bauernverband anlässlich des Gesprächs von Klöckner mit Branchenvertretern. Die Lage sei für alle Betriebe existenzbedrohend. Nötig seien jetzt unter anderem weitere Corona-Hilfen und zinslose Steuerstundungen. Handel, Verarbeiter und Großverbraucher sollten sich auf eine Vermarktungskennzeichnung für deutsches Schweinefleisch einigen.

Als Ursachen für den Preisabsturz nannte Klöckner vor allem die Exportbeschränkungen in viele Drittländer infolge der Afrikanischen Schweinepest, eine aufgrund des Wetters und der Coronabeschränkungen schwache Grillsaison und coronabedingt geringere Absatzzahlen in der Gastronomie und bei Veranstaltungen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) wies aber darauf hin, dass der „Schweinefleischverzehr in Deutschland kontinuierlich zurückgeht“ – nicht erst sei Corona, sondern auch weil die Haltungsbedingungen zunehmend in die Kritik geräten. Russland und China seien dabei, ihre eigene Schweinefleischproduktion auszubauen und würden als wichtige Exportmärkte wegfallen.

Klöckner sagte, sie habe den Umbau des Systems der Nutzierhaltung „eingeleitet“. Vom Konzept bis zur Finanzierung liege dafür alles auf dem Tisch. Umweltschützer werfen der Ministerin aber vor, sie habe die Umsetzung der Vorschläge für eine Tierwohlabgabe für bessere Haltungsbedingungen verschleppt.

Die Grünen, Greenpeace und die AbL forderten, dass in Deutschland weniger Schweine gehalten werden müssten, um den Markt zu entlasten. „Sinnvoll wäre eine staatliche Förderung von Betrieben, die eine dauerhafte Perspektive haben, weil sie auf eine klimaschonende, umweltverträgliche und tiergerechte Produktion umstellen“, sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. „Um die gesetzlich vorgegebenen Klimaziele für 2045 zu erreichen, darf die Zahl der Tiere in der Landwirtschaft nur noch halb so hoch sein wie heute. Und auch der Konsum wird sich entsprechend verändern müssen.“

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6 Kommentare

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  • Wann werden die bäuerlichen Betriebe merken, dass man den Bock zum Gärtner macht, wenn man Julia Klöckner um Hilfe bittet?

  • Haben unseren Fleischkonsum stark reduziert. Kein Billigfleisch mehr, keine Salami mehr. Keinen Aufschnitt. Statt Schwein und Rind jetzt öfter mal Geflügel. Auch Käsekonsum auf ca. 30% reduziert. Dafür mehr Gemüse, Obst, Salat etc.

  • Ich zahle gerne 50% mehr für Fleisch, wenn



    - die Tiere deutlich mehr Platz haben und würdiger gehalten werden



    - die 50% auch bei den Bauern ankommen die Tiergerechter züchten und nicht nur bei Edeka & Co.



    Dann esse ich halt etwas weniger und lege eine Kartoffel mehr dazu. das ist mir eine Tier-gerechtere Zucht allemal wert. Ich esse eh wenig Fleisch, abr ganz darauf verzichten will ich nicht. Und wo es geht, kaufe ich direkt beim Bauer hier.

    • @Rudi Hamm:

      ...- die Tiere deutlich mehr Platz haben und würdiger gehalten werden

      - die 50% auch bei den Bauern ankommen die Tiergerechter züchten und nicht nur bei Edeka & Co...



      Ich antworte Ihnen: Massentierhaltung abschaffen! Was heißt "deutlich mehr Platz"..."würdige Haltung"...? Und wie geht es beim Verladen, dem Transport, dem Ausladen, dem Zuführen zum Tötungsakt...zu? In diesem Zusammenhang möchte ich Leo Tolstoi zitieren...



      „Solange es Schlachthöfe gibt, wird es Schlachtfelder geben.“



      „Wenn der Mensch ernstlich und aufrichtig den moralischen Weg sucht, so ist das erste, wovon er sich abwenden muß, die Fleischnahrung. Denn abgesehen von der Aufregung der Leidenschaften, die durch diese Nahrung verursacht wird, ist dieselbe ganz einfach unsittlich, weil sie eine dem sittlichen Gefühl widersprechende Tat, das Morden, erfordert. Vegetarismus gilt als Kriterium, an welchem wir erkennen können, ob das Streben des Menschen nach moralischer Vollkommenheit echt und ernstgemeint ist.“



      "Vom Tiermord zum Menschenmord ist nur ein Schritt, und damit auch von der Tierquälerei zur Menschenquälerei."



      „Fleischessen ist ein Überbleibsel der größten Rohheit; der Übergang zum Vegetarismus ist die erste und natürlichste Folge der Aufklärung.“



      „Der Mensch kann leben und gesund sein, ohne daß er zu seiner Ernährung Tiere tötet. Wenn er also Fleisch ißt, so ist er mitschuldig am Morde von Tieren, nur um seinen Geschmack zu schmeicheln. So zu handeln, ist unmoralisch. Das ist so einfach und unzweifelhaft, daß es unmöglich ist, nicht beizustimmen. Aber weil die Mehrzahl noch am Fleischgenuß hängt, so halten ihn die Menschen für gerechtfertigt.“



      Ich denke, damit hat er schon vor weit mehr als hundert Jahren den Menschen in die Verantwortung genommen, die Grausamkeit gegen Tiere und auch schon die Teilnahmslosigkeit gegenüber ihrem Leiden zu verurteilen.

      • @Struppo:

        Ihre Meinung, ich respektiere sie.



        Respektieren sie bitte, dass ich nicht so denke und ihre Aussagen nicht teile.

        • @Rudi Hamm:

          Respekt ist die eine Sache...sich mit Tatsachen kritisch auseinandersetzen die andere...