Niedrige Schweinepreise: Ministerin Klöckner ratlos
Die CDU-Agrarministerin verkündet nach einem Krisengespräch kaum Neues. Kritiker fordern, weniger Schweinefleisch zu produzieren und zu essen.
Zudem sei die Antragsfrist für Corona-Überbrückungshilfen bis Ende Dezember verlängert worden. Klöckner ergänzte, sie habe die EU-Kommission aufgefordert, höhere Beihilfen für die Betriebe zu erlauben. Doch all diese Maßnahmen waren schon bekannt, haben das aktuelle Preistief nicht verhindert oder werden Experten zufolge keine nachhaltige Linderung bringen.
Angesichts der angespannten Lage auf dem Markt für Schweinefleisch hatten Tierhalter schnelle Unterstützung verlangt. Das aktuelle Preisniveau sei ruinös, erklärte der Deutsche Bauernverband anlässlich des Gesprächs von Klöckner mit Branchenvertretern. Die Lage sei für alle Betriebe existenzbedrohend. Nötig seien jetzt unter anderem weitere Corona-Hilfen und zinslose Steuerstundungen. Handel, Verarbeiter und Großverbraucher sollten sich auf eine Vermarktungskennzeichnung für deutsches Schweinefleisch einigen.
Als Ursachen für den Preisabsturz nannte Klöckner vor allem die Exportbeschränkungen in viele Drittländer infolge der Afrikanischen Schweinepest, eine aufgrund des Wetters und der Coronabeschränkungen schwache Grillsaison und coronabedingt geringere Absatzzahlen in der Gastronomie und bei Veranstaltungen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) wies aber darauf hin, dass der „Schweinefleischverzehr in Deutschland kontinuierlich zurückgeht“ – nicht erst sei Corona, sondern auch weil die Haltungsbedingungen zunehmend in die Kritik geräten. Russland und China seien dabei, ihre eigene Schweinefleischproduktion auszubauen und würden als wichtige Exportmärkte wegfallen.
Klöckner sagte, sie habe den Umbau des Systems der Nutzierhaltung „eingeleitet“. Vom Konzept bis zur Finanzierung liege dafür alles auf dem Tisch. Umweltschützer werfen der Ministerin aber vor, sie habe die Umsetzung der Vorschläge für eine Tierwohlabgabe für bessere Haltungsbedingungen verschleppt.
Die Grünen, Greenpeace und die AbL forderten, dass in Deutschland weniger Schweine gehalten werden müssten, um den Markt zu entlasten. „Sinnvoll wäre eine staatliche Förderung von Betrieben, die eine dauerhafte Perspektive haben, weil sie auf eine klimaschonende, umweltverträgliche und tiergerechte Produktion umstellen“, sagte Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. „Um die gesetzlich vorgegebenen Klimaziele für 2045 zu erreichen, darf die Zahl der Tiere in der Landwirtschaft nur noch halb so hoch sein wie heute. Und auch der Konsum wird sich entsprechend verändern müssen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
BSW in Thüringen
Position zu Krieg und Frieden schärfen