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Neues vom HohenzollernstreitDer kleinliche Prinz

Neues von den Hohenzollern: Georg Friedrich von Preußen behauptet, er will den Diskurs. Nur: Warum bekämpft er ihn dann juristisch?

Hübscher Auftritt: Georg Friedrich von Preußen mit Frau Sophie am Mittwoch im Kronprinzenpalais Foto: Jens Kalaene/dpa

Am Mittwochabend hatte Georg Friedrich von Preußen noch einen hübschen Auftritt im Kronprinzenpalais zu Berlin. Im Beisein von Bundesminister Peter Altmaier rühmte er sich, ein Mann des freien Wortes und der wissenschaftlichen Streitkultur zu sein. Klang gut, Anlass war die Buchpremiere von Lothar Machtan „Der Kronprinz und die Nazis. Hohenzollerns blinder Fleck“. Georg Friedrich hat Machtans Studie tatsächlich generös gefördert, dem Autor privilegierten Zugang zum Familienarchiv verschafft. Klingt aber weniger gut, so man weiß, wie selektiv der Preußen-Chef vorgeht und seine Kritiker juristisch bekämpfen lässt.

Der deutsche Historikerverband dokumentiert die juristischen Feldzüge des Ururenkels des letzten deutschen Kaisers auf einem eigens eingerichteten „Hohenzollern-Klage-Wiki“. Das ganze Ausmaß, mittels Abmahnungen Wissenschaftler, Journalisten oder Politiker einschüchtern zu wollen, wird dabei ersichtlich. Beim Antichambrieren mit Altmaier und Machtan mag sich Georg Friedrich jovial geben. Die juristische Praxis zeichnet ein eher hartes, kleinliches Bild.

Allein am Donnerstag (19. 8.) wurden vor dem 10. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin vier Berufungsverfahren verhandelt. In allen ging es um das freie Wort im Hohenzollernstreit, und wo solches endet. Etwa bei einer Twittermeldung der Grünen aus dem Berliner Landesparlament.

Die Grünen-Fraktion hatte im Juli 2019 getwittert: „Dass die #Hohenzollern Mitsprache bei der künftigen Geschichtsdarstellung reklamieren, geht in einer #Demokratie gar nicht! @dpwes erwartet von Senat&Bund, dass sie jegliche Form einer erinnerungspolitischen Einflussnahme grundsätzlich ausschließen.“

Von der Meinungsfreiheit gedeckt

Daniel Wesener, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Landesparlament, durfte am Donnerstag erleichtert lächeln. Das Kammergericht unter Vorsitz von Richterin Susanne Tucholski sah das politische Statement von der Meinungsfreiheit gedeckt. Der Anwalt der Hohenzollern, Markus Hennig, zog zurück, der Berufung der Grünen wurde stattgegeben.

Erfolgreich war auch die Berufung des Verdi-Magazins „M“ – Menschen Machen Medien. Bei den Gewerkschaftern hatte es geheißen, Georg Friedrich von Preußen habe sich als „besonders klagefreudig erwiesen, was die wissenschaftliche und mediale Aufarbeitung der Geschichte seiner Familie angeht“. Solche Äußerungen müsse der Ururenkel hinnehmen, der sich in einer vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit Bund, Ländern und Museen befindet, so das Gericht. Das vorige Urteil des Landgerichts Berlin wurde kassiert.

Keinen Erfolg mit ihrer Berufung hatte hingegen die deutsche Sektion der Open Knowledge Foun­da­tion. Sie hatte zu faktisch suggeriert, gar niemand käme ins Privatarchiv der Hohenzollern hinein.

Und dann war da noch der Berufungsfall des Historikers Stephan Malinowski. Sein Buch „Die Hohenzollern und die Nazis. Geschichte einer Kollaboration“ wird im Herbst erscheinen. Für das Land Brandenburg war er 2014 als Gutachter tätig.

Hohenzollern ohne Wünsche

Im Juli 2019 zitierte ihn eine Journalistin der Deutschen Welle mit dem Satz: „Der Wunsch, die Geschichtsschreibung und die Deutung des Hauses Hohenzollern selbst steuern und öffentlich finanzieren zu lassen, erscheint mir, sehr vorsichtig gesagt, abenteuerlich.“ Es war eine Interpretation aus einer privaten Mailkorrespondenz. Die Deutsche Welle löschte ihn.

Das Kammergericht sah dennoch eine falsche Tatsachenanknüpfung als gegeben. Beide Parteien haben nun den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, die Kostenaufteilung des Verfahrens steht noch aus.

2017 hieß es vonseiten der Preußen-Erben übrigens noch: „In Anlehnung an das 1877 eröffnete, im II. Weltkrieg zerstörte Hohenzollern-Museum in Schloss Monbijou plant das Haus Hohenzollern die Einrichtung eines neuen Hohenzollern-Museums. Unter Einbeziehung zahlreicher früher in Schloss Monbijou präsentierten und in Familienbesitz verbliebener Exponate soll die Geschichte der Hohenzollern-Dynastie und ihrer Regenten aus heutiger Sicht dargestellt werden. Dabei wird das als Hauptleihgeber auftretende Haus Hohenzollern maßgeblich an Konzeption und Gestaltung des neuen Museums beteiligt sein.“ Kein Wunsch nach Einflussnahme?

Mit dem freien Wort und wie man es interpretiert, ist es so eine Sache.

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14 Kommentare

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  • Er ist kein Prinz, er führt nur diesen Begriff, als infantil anmutenden Bestandteil seines Namens. Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass 1918 mit Abdankung die Namensführung aller sogenannten „Adligen“, zu Entsagung oder Exil hätte führen müssen, wie in Österreich und zu vollständiger Enteignung sowieso. Im Übrigen trauere ich der französisch-Revolutionären Umgangsformen im Umgang mit Adel nach.

  • A friend of mine en passant -

    “ Ist doch eher Kabarett, oder? Wenn auch schlechtes. Nur die Knete dürfen sie nicht kriegen.“



    Das walte Hugo - wa.

  • Prinzenrolle.... wasndatübberhaupt, enne Prinz? Enne Karnevalsprinz? Wir leben in einer Republik, wieso müssen diese albernen Titel weiter mitgeschrieben werden? Und, wieso gibt es bei den anderen vonundzus keinen Aufschrei... von jedem Dönerbudenbesitzer wird verlangt, er solle sich gegen islamistischen Terror aussprechen... wer verlangt von all den Adligen dass sie sich endlich mal gegen so ein Verhalten verhalten?

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Die Rolle der Hohenzollern zur Stützung der Nazi-Diktatur ist doch unstrittig, oder?



    Meiner Meinung nach gehören die enteignet.



    Titel sollten auch abgeschafft werden, wie in Österreich. Dort ist die einzige Ausnahme ein Künstlername mit "von".

  • Mir ist dieser Prinz egal. Wie auch jeder andere Prinz. Als Prinz, nicht als Mensch.

    Was mir nicht egal ist, ist das Recht auf einen Rechtsstreit, selbst wenn die taz den Grund dafür noch so kleinlich finden mag.

    • @Ber.lin.er:

      Sie Scherzkeks. Wat issen nu wieder ditte - wa. Prinzchen darf nicht klagen?



      Wie kommse denn auf das schmale Brett?

      Der Chef* des Hauses Hohenzollern -



      (darüber hat sich schon uns Ohl*03 - gerne schlapp gelacht!;)



      Als Opfer?! Geht’s noch.

      kurz - Stellen Sie doch mal nen möglichst unverschämt absurden Antrag bei der Bundesverwaltung & der des Landes Brandenburg!



      Und wartense mal drauf - daß so ein ignorantes Flacheisen wie Peter Altmaier ehna persönlich die Aufwartung macht - nachdem dieses antidemokratische Ansinnen peinlicherweise öffentlich geworden ist.



      Viel Glück & ich hoffe - se ham ausreichend Sitzfleisch - 🤪 -

      unterm———*



      “Chef“ nannte geradezu ubiquitär die Reichsschnotterbremse - der Reichsklumpfuß Dr. Josef Goebbels.



      Vgl. “Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei“



      (“Guter Redner - lausiger Schreiber“



      © Hans Mayer!;))



      Paschd scho •

      • @Lowandorder:

        Wenn Sie ein schmales Brett Ihr eigen nennen, dann bohren Sie doch ein Loch rein und hängen es an einen Nagel.

        Und dann lesen Sie noch einmal ganz aufmerksam meinen Kommentar.

        • @Ber.lin.er:

          Ja wie? Wie auch immer genau.

          Anderes erschließt sich mir nicht.



          Vermutlich - weil so ein schmales Brett wie ehna - mir nicht zu eigen ist. Gelle.



          Gut so.

  • Diese hohenzollern-sippschaft ist ein ständiges ärgernis. Zwei punkte stören mich besonders.

    Der erste betrifft die deutsche art der beendigung der monarchie. Allein das letzte amtende mitglied dieser sog. dynastie hat unermessliches leid über deutschland und die welt gebracht: 1904 bis 1908 den völkermord an den herero und nama, 1914 bis 1918 hat er als kriegsherr millionen deutsche in die hölle gehetzt.



    Wären wir mit diesen personen im november 1918 auf die französische oder russische weise verfahren wären uns zumindest die hohenzollern-kapriolen der weimarer republik, der ns-zeit und der zeit nach 1945 erspart geblieben. Stattdessen wurde wilhelm II. sehr üppig abgefunden und ließ sich auch fünfzig eisenbahnwaggons mit kostbarkeiten aus seinen schlössern in die niederlande bringen. Die weimarer republik verunglimpfte er zeitlebens als "saureublik".

    Der zweite betrifft das merkwürdige, von geschichtsvergessener verklärung bestimmte verhältnis mancher zu dieser sippe. Was hat Peter Altmeier, bundesrepublikanischer minister, mit dem ex-monarchen zu schaffen? Warum in drei teufels namen stellt ein bundesminister sich in den dienst der hohenzollern-pr? Leider ist Altmeier mit seiner würdelosen anbändelei nicht alleine.

    • @hinnerk untiedt:

      "auf die französische oder russische Weise"



      Also ganze Familien ermorden. Entzückend. Aber die alten Pantoffel-Maoisten hier erfreut so Folklore natürlich.

    • @hinnerk untiedt:

      "Wären wir mit diesen personen im november 1918 auf die französische oder russische weise verfahren wären uns zumindest die hohenzollern-kapriolen der weimarer republik, der ns-zeit und der zeit nach 1945 erspart geblieben."



      Da magst du Recht haben. Aber selbst wenn der blaublütige Furunkel am Arsch der Republik traditionell todessträfliche Abrechnungen favorisieren dürfte, hätte es eine konsequente Enteignung samt Adelstitelverbot auch getan. 🙂

      Schlimm finde ich vielmehr, dass die SPD in Brandenburg bereits wieder auf den prinzlichen Schoß gehüpft ist und die Linie des ehemaligen Linken-Finanzministers dort kassiert hat. Jetzt wollen sie wieder verhandeln...



      m.pnn.de/brandenbu...inz-/26121922.html



      Seit 1918 immer noch nichts gelernt.

  • Gerade dieser Adelsverein hat's nötig.