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Neuer Datenschutzbeauftragter in HamburgGroße Fußstapfen

Der bisherige Datenschutzbeauftragte hatte sich mit Konzernen angelegt. Nun soll ihn Thomas Fuchs beerben. Die Linkspartei übt Kritik an der Auswahl.

Ist Medienwächter, wird nun Hamburgs Datenschützer: Thomas Fuchs Foto: Markus Scholz/dpa

Hamburg taz | So lange er nicht auch ganz formal von der Bürgerschaft in sein künftiges Amt gewählt worden ist, will sich Thomas Fuchs nicht äußern – so weit, so verständlich. Dass er als kommender Hamburgischer Datenschutzbeauftragter ein Amt antritt, das seinen regelmäßigen Gang an die Öffentlichkeit nötig machen wird, dürfte ihm aber bewusst sein: Beim Datenschutz brauche es mehr öffentliche Debatten, hatte sein Vorgänger zu dessen Abschied noch einmal sehr deutlich gemacht.

Am Donnerstag gaben die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen bekannt, dass sie sich auf Fuchs als neuen obersten Datenschützer geeinigt haben. „Mit seiner Expertise und Erfahrung bringt er die besten Voraussetzungen mit, die starke Rolle eines kritischen Datenschutzes in Hamburg weiterzuführen“, freute sich Grünen-Fraktionschefin Jenny Jasberg.

Und SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf klang ebenfalls ganz optimistisch: „Wir sind davon überzeugt, dass er die wichtigen Belange des Datenschutzes in unserer Stadt engagiert, neutral und mit großer Sachkenntnis vertreten wird.“

Dass die SPD die Hoffnung auf einen neutralen Datenschutzbeauftragten hegt, ist allerdings nachvollziehbar angesichts der Fußstapfen, in die Fuchs tritt: Vorgänger Johannes Caspar hatte sich immer wieder vehement gegen Vorhaben des Senats gestellt – selten zur Freude der Sozialdemokrat:innen.

Viele Aufgaben, wenig Personal

Ob bei der Reform des Transparenz- oder des Polizeigesetzes, aber auch im Zuge der automatisierten polizeilichen Ermittlungen infolge des G20-Gipfels war Caspar immer wieder in Opposition zur Senatspolitik gegangen.

Geholfen hat das allerdings selten. Ebenso wenig hat der Senat mit der wachsenden Zahl an Aufgaben, die dem Datenschutzbeauftragten und seinen Mit­ar­bei­te­r:in­nen aufgetragen wurden, die Mittel für entsprechend mehr Personal zur Verfügung gestellt. Caspar hatte deshalb schon die Unabhängigkeit der Stelle infrage gestellt.

Große Konzerne wie H&M, Google oder Facebook dagegen, deren deutsche Tochtergesellschaften in Hamburg sitzen, konnte Caspar auf Basis seiner Befugnisse immer mal wieder durch angeordnete Strafzahlungen in die Schranken weisen.

Auch Fuchs steht mit Google schon im Konflikt: Der 56-Jährige ist bislang noch Direktor der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MAHSH), der Regulierungsbehörde für den privaten Rundfunk in Hamburg und Schleswig-Holstein. Google wehrt sich mit zwei Klagen gegen Beanstandungen durch die MAHSH, wonach die Kooperation des Konzerns mit dem Bundesgesundheitsministerium gegen den Medienstaatsvertrag verstoße.

Linke beklagt fehlende Transparenz

Fuchs hatte 2008 die Stelle als Direktor der MAHSH angetreten. Seine dritte Amtszeit sollte eigentlich bis zum Januar 2023 laufen. Die Hamburger Politik kennt Fuchs allerdings auch gut: Nachdem er zunächst als Rechtsanwalt arbeitete, zog es ihn als persönlicher Referent des damaligen Wirtschaftssenators Thomas Mirow (SPD) hierher. Später wechselte Fuchs in die Behörde für Wissenschaft und Forschung, anschließend zur Kulturbehörde. Zwischenzeitlich saß er auch im Vorstand der Stiftung Elbphilharmonie.

Vor der Entscheidung gab es allerdings schon ordentlich Kritik: Während sich die Grünen bei der Auswahl der Kan­di­da­t:in­nen über das transparente Verfahren freuten, sah die Linke das Gegenteil. Sie kritisierte schon vor der Festlegung auf Fuchs das Verhalten der Regierungsfraktionen, weil sie eine gemeinsame Anhörung der Kan­di­da­t:in­nen verweigert hätten. „Hamburg braucht einen starken Datenschutzbeauftragten, der von möglichst vielen Fraktionen mitgetragen wird“, sagte Cansu Özdemir. Die CDU will sich dieser Kritik nicht anschließen.

In der Bürgerschaft wird die Transparenzfrage trotzdem Thema: Um in Zukunft den Posten frühzeitig neu zu besetzen – Caspar war bereits im Juni ausgeschieden – müsse die Nachfolgesuche künftig früher beginnen und gemeinsame Kandidatenanhörungen stattfinden. So will es ein Antrag der Linken für die kommende Bürgerschaftssitzung. Dort wird Fuchs dann auch von der Bürgerschaftsmehrheit für sechs Jahre gewählt.

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