piwik no script img

EU-Programm für eine bessere BahnMehr Schnellzüge für Europa

Bis 2030 soll die Zahl in der EU verdoppelt werden. Kommissionschefin Von der Leyen will bald ein Aktionsprogramm dazu vorlegen.

Demnächst in Hochgeschwindigkeit: die Sächsische Schweiz und die Elbe auf der Zugstrecke Berlin-Prag Foto: Gregor Fischer/dpa/picture alliance

Berlin taz | Die EU-Kommission will bis Ende des Jahres ein Aktionsprogramm für bessere Bahnverbindungen in Europa vorlegen. Das kündigte Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) in einem Grußwort beim 3. Schienengipfel der Bundesregierung an.

Das Ziel der EU: Bis zum Jahr 2030 soll die Zahl der Hochgeschwindigkeitsverbindungen für Reisende in Europa verdoppelt, bis 2050 verdreifacht werden. Der Güterverkehr auf der Schiene soll nach dem Willen der Kommission bis 2030 um mindestens 50 Prozent wachsen und bis 2050 verdoppelt werden. Hintergrund des Engagements der Kommission ist das von ihr und dem EU-Parlament ausgerufene Europäische Jahr der Schiene.

Die Covid-19-Pandemie habe den Bahnverkehr in starke Mitleidenschaft gezogen, sagte von der Leyen. Aufgrund der Coronakrise sind die Fahrgastzahlen stark eingebrochen, was zu enormen Umsatzeinbußen geführt hat. „Es ist wichtig, dass die Eisenbahn gestärkt aus dieser Krise hervorgeht“, betonte sie. Mit dem 750 Milliarden Euro schweren Aufbauprogramm der EU und vereinfachten Beihilfevorschriften für die Mitgliedsstaaten stelle die EU die passenden Instrumente für die rasche Überwindung der Krise bereit. Viele europäische Staaten planten Investitionen in die Schiene, berichtete von der Leyen. „Das ist die richtige Richtung.“ Der Bahnverkehr sei als nachhaltiges Verkehrsmittel wichtig, um die Klimaziele zu erreichen. „Unsere Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität sieht eine Reduzierung der verkehrsbedingten Emissionen um 90 Prozent bis 2050 vor“, sagte sie. Bis 2030 soll der Verkehr bei Entfernungen bis 500 Kilometer CO2-neutral erfolgen.

Der nachhaltige Fernverkehr für Reisende soll besser werden. „Wir prüfen, was wir von Seiten der Kommission tun können, um neue Nachtzüge zu ermöglichen“, sagte von der Leyen.

Deutsche Bahn will keine Schlafwagen

Partner für diesen Vorstoß in Deutschland zu finden, dürfte schwer werden. Die Deutsche Bahn hat vor einigen Jahren ihr Schlafwagenangebot eingestellt. Die Bahnmanager planen nicht, diesen Fehler zu korrigieren. „Wir halten Schlafwagen nicht für wirtschaftlich“, sagte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla bei der Konferenz. Aber man habe ja Kooperationspartner. Andernorts in Europa werden Schlafwagen-und Liegewagenangebote ausgebaut, etwa in Österreich oder Skandinavien. Nachtzüge durch Europa sind eine wichtige Alternative zum Fliegen, allerdings vor allem mit Schlaf- und Liegewagen.

Um den grenzüberschreitenden Bahnverkehr zu verbessern, wollen die europäischen Verkehrsminister auf Initiative des deutschen Bundesverkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) den Schnellzug TEE wiederbeleben, der zwischen den 1950er und 1980er Jahren viele Metropolen in Europa direkt verbunden hat. „Unsere Politik ist, Anreize zum Umstieg auf die Bahn zu schaffen und den Menschen nichts zu verbieten“, sagte Scheuer mit Blick auf die Diskussion über ein Verbot von Kurzstreckenflügen.

Von Berlin nach Wien in fünf Stunden

Neue Bahnprojekte sind allerdings eine langwierige Angelegenheit. Am Rande der Konferenz wurde ein Abkommen zwischen Deutschland, Tschechien und Österreich zum Ausbau der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke Berlin-Prag-Wien unterzeichnet, die Teil des TEE-Projekts werden soll. Ab Mitte der 2030er-Jahre soll Wien von Berlin aus in fünf statt acht Stunden erreicht werden. Kern des Projekts ist der Bau eines Erzgebirgstunnels, sagte Verkehrsstaatssekretär Enak Ferlemann (CDU). Bis zum Jahr 2024 sollen die Vorplanungen abgeschlossen sein und ein Zeit- und Kostenplan vorliegen.

„Diese neue Infrastruktur wird eine Reihe weiterer Möglichkeiten von Fernverbindungen bieten“, sagte der tschechische Verkehrsminister Karel Havlíček. Dazu gehöre die direkte Verbindung von Prag nach Frankfurt. „Es wird eine Reihe von Reisezielen mit dem Zug erreichbar, die heute nur mit dem Auto oder dem Flugzeug erreichbar sind“, sagte er.

In Österreich wird für die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke die Nordbahn ausgebaut. Die Genehmigungsverfahren laufen bereits. Der Baubeginn ist für das kommende Jahr geplant.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Reisezeit ist Arbeitszeit und es macht für die Firma einen großen Unterschied ob der Mitarbeiter einen Termin an einem Tag erledigt, oder 2 Tage mit Übernachtung braucht.

    München-Berlin dauert 4h mit dem Zug, das geht nicht mehr als Tagesreise, außerdem fährt er zu selten (Taktung). Deshalb immer im Flieger.



    Dieselbe Strecke Tokio-Okayama dauert 3:10h und fährt sehr zuverlässig im 30min Takt. Das macht in Japan jeder mit dem Zug.



    Sobald München-Berlin in 3:30h im 30min Takt geht ohne Verspätungen kann man den Inlandsflug ersatzlos streichen.

  • Warum eigentlich immer Schnellzüge? Ich fahre am liebsten mit langsamen Zügen. Diese Röhren, die gefühlt mit Überschall durch die Landschaft knallen und einem beim Blick aus dem Fenster leicht übel wird, muss das wirklich sein? Können wir nicht endlich auch mal wieder langsamer werden? Bin kürzlich mit der Transsib von Peking nach Moskau gefahren, die fuhr über weite Strecke nicht schneller als 80 km/h, und das ging super.

  • "„Wir halten Schlafwagen nicht für wirtschaftlich“, sagte Bahn-Vorstand Ronald Pofalla bei der Konferenz ... „Unsere Politik ist, Anreize zum Umstieg auf die Bahn zu schaffen und den Menschen nichts zu verbieten“, sagte Scheuer mit Blick auf die Diskussion über ein Verbot von Kurzstreckenflügen."



    Nanu, das klingt ja gar nicht so öko. Und ich dachte schon, CDU/CSU wären die neuen Grünen. Wie wäre es denn, Klimaschäden bzw. CO2-Emissionen als Kosten auf Flüge aufzuschlagen (Wissenschaftler*innen, auf die sich FFF berufen, setzten da einen CO2-Preis von 180 € pro Tonne an) und dann noch mal zu gucken, inwiefern die wirtschaftlich wären ...