Vorbereitungen für die Beisetzung: Der Tod und die Bürokratie
Nach dem Tod sind die leiblichen Angehörigen für die Beisetzung verantwortlich. Wenn man dies nicht möchte, muss man Vorbereitungen treffen.

H eutzutage ist für viele Leute im Leben die Wahlfamilie wichtiger als die Herkunftsfamilie. Doch nach dem Tod ist Blut plötzlich wieder dicker als Wasser – wenn man sich nicht kümmert. Denn unserer Bürokratie sind Wahlfamilien egal. Stirbt eine Person, die keine Ehepartner*in oder eingetragene Lebenspartner*in hat, sind es die nächsten Angehörigen, die bestattungspflichtig sind: erwachsene Kinder, Eltern, Geschwister und Enkelkinder.
Sie müssen sich um die Bestattung kümmern, dürfen aber auch bestimmen, wie genau das abläuft. Das kann viele unschöne Konsequenzen nach sich ziehen. Zum Beispiel, dass man im verhassten Heimatdorf neben dem noch verhassteren Nazi-Onkel verbuddelt wird. Dass falsche Namen oder Pronomen bei der Trauerfeier verwendet werden. Dass Menschen aus der Wahlfamilie der verstorbenen Person nicht miteinbezogen oder von der Beerdigung ausgeschlossen werden.
Als ein guter Freund von mir starb, habe ich selbst erlebt, wie schmerzlich eine solche Situation sein kann. Mein Freund hatte seit zehn Jahren keinen Kontakt mehr zu seiner Familie gehabt, doch weil er keine anderen Vorkehrungen getroffen hatte, trat diese nach seinem Tod auf den Plan – und machte alles so, wie sie es für richtig hielt. Er wurde dort beerdigt, wo er herkam (und nie wieder sein wollte), es gab einen katholischen Pfarrer (der einen überzeugten Atheisten zu Grabe trug) und einen Horrortrip von einer Trauerrede, bei der die falsche Berufsbezeichnung noch das kleinste Übel war.
Schöne Beerdigungen haben das Potenzial, sich positiv auf den Trauerprozess auszuwirken. Diese hatte für mich den gegenteiligen Effekt: Es war eine weitere traumatische Erfahrung, die ich verkraften musste. Solche Situationen lassen sich verhindern, sogar ohne den Gang zu einer Notar*in oder Bestatter*in.
Das Problem heißt Geld
Man kann festhalten, was man sich für die eigene Bestattung wünscht und wo man beerdigt werden möchte. Aufschreiben, Unterschrift drunter setzen und an ein paar Freund*innen verteilen. Fertig. Auf dieselbe Art und Weise kann man auch eine nahestehende Person für die eigene Bestattung bevollmächtigen. Das ist rechtlich bindend – auch gegen den Wunsch der Herkunftsfamilie.
Die Sache hat nur einen Haken und der heißt: Geld. Wer finanziell nicht vorsorgt, sollte sicher sein, dass die bevollmächtigte Person bereit ist, für die Beerdigung und alle damit verbundenen Kosten aufzukommen. Und auch hier schlägt die Bürokratie den unkonventionellen Familien mal wieder ein Schnippchen: Wer nicht verheiratet ist, kann beim Sozialamt keine Unterstützung für die Bestattung beantragen. Das können wiederum nur die, die rechtlich als bestattungspflichtig gelten.
Ich weiß, dass wir alle lieber nicht an den Tod denken wollen. Und dann Vorkehrungen dafür treffen? Aber wenn schon nicht uns zuliebe, dann wenigstens für die Wahlfamilie. Die haben nämlich eine schöne Beerdigung verdient.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell