: Forderungen nach härterem Lockdown
Spahn und Lauterbach wollen wegen steigender Infektionszahlen rigidere Maßnahmen. Nötig sei ein „richtiges Runterfahren unserer Kontakte“, sagt der Gesundheitsminister
Von Ulrich Schulte
Angesichts immer schneller steigender Corona-Infektionszahlen werden die Rufe nach einem härteren Lockdown lauter. „Wenn jetzt parallel zum Impfen die Infektionszahlen wieder rasant steigen, wächst die Gefahr, dass die nächste Virusmutation immun wird gegen den Impfstoff“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) der Bild am Sonntag. Im Falle einer Mutation „stünden wir wieder mit leeren Händen da“. Dann bräuchte es neue Impfstoffe. Braun forderte etwa regionale Ausgangsbeschränkungen.
„Wenn wir die Zahlen nehmen, auch die Entwicklungen heute, brauchen wir eigentlich noch mal 10, 14 Tage mindestens richtiges Runterfahren unserer Kontakte, unserer Mobilität“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag bei einer Online-Diskussionsveranstaltung der Bundesregierung.
Auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach plädierte für härtere Maßnahmen. Covidpatienten auf Intensivstationen seien jetzt im Durchschnitt 58 Jahr alt, twitterte er am Samstag. „Die Stationen sind bald voll.“ Die 40- bis 70-Jährigen rechneten noch gar nicht damit, demnächst vielleicht wochenlang dort behandelt werden zu müssen oder sogar zu sterben. „Es ist völlig verrückt, dass wir Wochen vor der Impfung nach einem Jahr Kampf uns jetzt quasi aufgeben und eine solche Tragödie für viele Familien noch zulassen“, sagte Lauterbach. Man müsse beherzt auch wenig populäre Maßnahmen ergreifen.
Gleichzeitig startete eine Debatte über eine neue Bund-Länder-Runde. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte für Anfang der Woche weitere Gespräche zwischen Bund und Ländern über einen harten Lockdown in Aussicht, allerdings nicht unbedingt im großen Format. „Wir müssen das auch mit anderen Ländern vorbesprechen, mit dem Bundeskanzleramt. Wir sehen halt, die Zahlen rasen förmlich hoch“, sagte Kretschmann am Samstag. Bei den Gesprächen am Montag und Dienstag müsse man „zu Klarheit kommen“. Ob die nächste Konferenz, die im April geplant ist, vorgezogen werden muss, sagte der Grüne nicht.
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) erteilte solchen Überlegungen am Sonntag eine Absage: „Es braucht nicht ständig neue Gespräche, sondern die konsequente Umsetzung der Notbremse“, betonte Söder in der Augsburger Allgemeinen. Dazu gehörten bei Inzidenzen über 100 auch Ausgangsbeschränkungen.
Auch Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch lehnte ein Vorziehen der für den 12. April geplanten Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. „Eine erneute MPK klingt für viele Menschen inzwischen wie eine Bedrohung“, sagte Bartsch den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. In Richtung Bundesregierung kritisierte er: „(…) bei Themen wie der Zulassung und Vorbestellung von Sputnik-V oder dem Impfen durch Hausärzte wird kostbare Zeit vertrödelt.“
Währenddessen steigt die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland weiter. Zuletzt lag der Wert der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche laut Robert Koch-Institut (RKI) bei 129,7, wie aus Zahlen vom Sonntag hervorgeht. Damit ist der Wert mittlerweile wieder so hoch wie Mitte Januar (131,5). (mit dpa)
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