Kürzung von Landwirtschaftssubventionen: Grüne kämpfen für Großagrarier
Landwirtschaftsminister der Partei fordern eine fast wirkungslose Kürzung der Agrarsubventionen für Großbetriebe. Kleinbauern sind entsetzt.
Bisher wird der größte Batzen der jährlich rund 55 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen, die Direktzahlungen, pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche berechnet: Betriebe mit viel Land bekommen mehr Geld vom Staat, obwohl sie ökonomische Größenvorteile haben. In Deutschland kassieren rund 1.200 große Betriebe zusammen etwa so viele Direktzahlungen wie knapp 200.000 kleine Höfe. Deshalb wollen sowohl das Parlament der Europäischen Union und als auch der Rat der Mitgliedstaaten den EU-Ländern erlauben, die Direktzahlungen über 60.000 Euro pro Betrieb zu reduzieren („Degression“) und den Betrag über 100.000 Euro zu streichen („Kappung“). Bund und Länder verhandeln gerade, wie sie das umsetzen wollen.
Sachsens Ressortchef und Vorsitzender der Agrarministerkonferenz, Wolfram Günther, ließ der taz mitteilen: „Insbesondere arbeitsintensive Betriebsformen wie zum Beispiel Milchviehbetriebe müssen, egal welcher Größe, die Möglichkeit erhalten, ihre Lohnaufwendungen auf eine eventuelle Kappungs- oder Degressionsgrenze vollständig anzurechnen.“ Das hat einen simplen Grund: „Eine Kappung der Basisprämie bei 100.000 Euro je Betrieb ohne Berücksichtigung der Arbeitskosten würde in Sachsen über 400 Betriebe treffen“, so das Ministerium. Fast 50 Millionen Euro pro Jahr – rund 30 Prozent aller Direktzahlungen in Sachsen – würden dem Bundesland verlorengehen. Denn es hat wie ganz Ostdeutschland aus historischen Gründen überdurchschnittlich große Betriebe. Rund 95 Prozent des bundesweit gekappten Geldes fiele im Osten an, so das Ministerium in Dresden. Würden alle Lohnkosten angerechnet, wären „deutlich“ weniger Betriebe betroffen, skizziert es seinen Ausweg, „in Sachsen würde diese Zahl fast gegen null gehen“. Sprich: Minister Günther will eine Kappung, die so gut wie keine Unternehmen betrifft. Fast alle Großbetriebe würden so viel Geld bekommen wie bisher.
Auch in Brandenburg und Sachsen-Anhalt würden die Subventionen nur weniger Betriebe gekappt, wie die dortigen Ministerien der taz mitteilten. Sie schlossen sich der sächsischen Position an.
Mit der Offenheit für eine fast wirkungslose Kappung wollen sie nun die Forderung von Bayern und Baden-Württemberg ausbremsen, dass der Aufschlag für die ersten Hektare jedes Hofs („Umverteilungsprämie“) erhöht wird. „Für Brandenburg ist eine Kappung einer weiteren Erhöhung der Umverteilung vorzuziehen“, sagte Silvia Bender, die Staatssekretärin des dortigen Agrarministers Axel Vogel der taz. Denn da Brandenburg vor allem große Betriebe hat, fließen über die Umverteilungsprämie laut Bender jährlich 18 Millionen Euro Agrarsubventionen ab in Länder mit mehr kleineren Höfen.
CDU und CSU für mehr Umverteilung
Werden dagegen Direktzahlungen über 100.000 Euro gekappt, soll das gekürzte Geld im jeweiligen Bundesland bleiben. Darin sind sich so gut wie alle Agrarminister einig. Das betroffene Land soll die gekappten Mittel für die von den Grünen stets favorisierte zweite Säule der Agrarsubventionen ausgeben dürfen, also zum Beispiel für die Förderung der Biolandwirtschaft. Warum fordern die grünen Minister also nicht eine möglichst konsequente Kappung? „Die Betriebe sind aufgrund der in Brandenburg schwierigen Ertragslage noch auf Direktzahlungen angewiesen“, antwortet die Staatssekretärin.
Dabei hatten die Grünen im EU-Parlament eine viel schärfere Kappung beantragt. Zu solchen Einwänden sagt Bender: „Uns Grünen geht es um eine Ökologisierung der europäischen Agrarpolitik. Größe allein kann nicht das Kriterium sein.“
Selbst Bundesagrarministerin Julia Klöckner will kleinere Betriebe stärker subventionieren als ihre grünen AmtskollegInnen in Ostdeutschland. Die CDU-Politikerin lehnt zwar die Kappung ab. Sie ist aber ihrer Pressestelle zufolge der Auffassung, dass „das Instrument der Umverteilungsprämie weiter ausgebaut werden sollte“.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die bei Grünen viel Gehör findet, kritisiert, dass die Minister der Partei bei der Kappung die Lohnkosten komplett anrechnen wollen. Die EU-Agrarpolitik ringe um gesellschaftliche Legitimation, so Phillip Brändle, Pressesprecher des Verbands. „Da ist es nicht vermittelbar zu sagen: Wir können 100 Prozent der Arbeitskosten staatlich fördern lassen.“
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