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Ehemaliger Fallmanager über Hartz IV„Sanktionen sind destruktiv“

Herbert Sternitzke arbeitete 15 Jahre im Jobcenter Bielefeld, hat Tausende Menschen beraten. Er plädiert für eine Abschaffung der Sanktionen.

„Auf Dauer sollte es keine Sanktionen mehr geben.“ Wartezimmer im Jobcenter Bielefeld Foto: Wolfgang Stahr/laif
Barbara Dribbusch
Interview von Barbara Dribbusch

taz: Herr Sternitzke, Sie waren 15 Jahre im Jobcenter Bielefeld als Fallmanager tätig, haben also Tausende von Hartz-IV-EmpfängerInnen beraten. Sanktionen sehen Sie kritisch. Warum?

Herbert Sternitzke: Auf Dauer sollte ganz auf Sanktionen verzichtet werden. Die Sanktionen waren ursprünglich bei der Einführung von Hartz IV im Jahre 2005 im Konzept „Fördern und Fordern“ enthalten. Man hatte die Idee, man muss fordern, damit die Leistungsempfängerinnen und -empfänger einen gewissen Druck verspüren, damit sie sich für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Das funktioniert in gewisser Weise schon, nur kommen dadurch Entwicklungen zustande, die nicht von Vorteil sind.

Welche Entwicklungen?

Die Leute nehmen irgendwelche Arbeitsstellen an, die sie gar nicht gut finden, nur um dem Sanktionsdruck zu entgehen. Das kann zum Beispiel irgendeine Hilfstätigkeit in der Leiharbeit sein. Das führt aber eben nicht zu nachhaltigen Integrationen.

Wieso nicht?

Die Menschen verlassen den Job nach relativ kurzer Zeit wieder. Die machen die Arbeit dann nur für drei Monate oder sogar für eine noch kürzere Zeit. Manchmal kommt es dann auch aufgrund von Überforderungen zu Krankheitssituationen. Die Neigung, die Interessen der Leute, die Motivation passt nicht zu dem, was sie an Arbeitsstellen vorfinden. Dadurch beziehen sie dann immer wieder aufs Neue Arbeitslosengeld II.

Ist der Verdienst, das Geld, nicht genug Motivation, um länger im Job zu bleiben?

Die Motivation über das Geld ist nicht groß genug, auch wenn man mit Arbeit immer mehr Geld zur Verfügung hat, als wenn man nur die Leistung bezieht. Aber die Löhne, gerade für Hilfstätigkeiten in der Dienstleistung zum Beispiel, sind so niedrig, dass man dann vielleicht 200, 300 Euro mehr hat. Der Arbeitsmarkt ist hart in diesen Bereichen, in der Produktion, der Gastronomie oder bei den Lieferdiensten. Dann haben die Leute vielleicht eine Schuldenproblematik, sie müssen vom Lohn Schulden abzahlen. Das alles drückt auf die Motivation.

privat
Im Interview: Herbert Sternitzke

65 Jahre alt, ist studierter Sozial­pädagoge und hat 15 Jahre als Fall­manager im Jobcenter Bielefeld gearbeitet, war dort auch Personalrat. Seit Kurzem ist er in Rente.

Was soll besser werden ohne Sanktionen?

Sanktionen sind eine destruktive Form der Motivationserzeugung, wir brauchen aber eine konstruktive Form der Motivationsentwicklung. Viele der Leute haben keine Berufsqualifikation. Eine Arbeitsaufnahme ist viel nachhaltiger, wenn man eine Qualifikation hat, und sei es nur eine Teilqualifikation, auf der man dann aufbauen kann, mit einer qualifizierteren Arbeit und besserer Bezahlung. Das ist dann eine Arbeit, wo die Leute eher dabei bleiben. Daran müssen wir arbeiten, diese Selbstwirksamkeit, auch dieses Selbstvertrauen zu schaffen. Dem steht ein Drohpotenzial durch Sanktionen aber entgegen.

Können Sie dazu ein Beispiel nennen?

Da fällt mir ein Mann ein, der keine Berufsausbildung hatte, der immer wieder über Zeitarbeitsfirmen im Gartenlandschaftsbau gearbeitet hatte, aber nach kurzer Zeit wieder die Arbeit verlor und wieder im vollen Leistungsbezug landete. Da muss man mit ihm überlegen, welche Qualifikation der Mann erwerben könnte, die seinen Neigungen entspricht, um vielleicht in einen Umweltbetrieb hineinzurutschen. Das kann ein Kurs in der Nutzung von Motorsägen sein oder eine Weiterbildung über die Tätigkeit in Baumschulen. Mit einer solchen Teil­qualifikation wäre bei seiner nächsten Tätigkeit der Lohn höher und damit auch die Motivation höher, in der Arbeit auf Dauer zu bleiben.

Haben Frauen mit Kindern besondere Probleme, in den ersten Arbeitsmarkt zu kommen?

Ich hatte jahrelang eine junge Frau mit Migrationsgeschichte beraten, die eine deutsche Staatsangehörigkeit hatte, sehr gut deutsch sprach und über das Fachabitur verfügte. Sie hatte aber den Weg eingeschlagen, keine Berufsausbildung zu machen, und arbeitete in der Gastronomie, im Lieferservice. Sie hatte Kinder, dann kam eine Trennung vom ­Partner. Sie hatte einfach keine Ressourcen mehr, sich um eine Qualifikation zu kümmern. Dann ist es doch gelungen, sie auf den Weg zu bringen, sie macht jetzt eine dreijährige Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, mit fast 40 Jahren. Wer Familie hat, im Niedriglohnbereich arbeitet und aufstockendes Arbeitslosengeld II bezieht, läuft Gefahr, aus dem Leistungsbezug gar nicht mehr herauszukommen.

Sind die Anforderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt gestiegen?

Ich denke, jeder Modernisierungsschub in der Wirtschaft löst gesellschaftlich einen gewissen Anteil an Modernisierungsverlierern aus. Das sind Leute, die den schulischen und beruflichen Anforderungen nicht mehr standhalten können. Mir sind in der Beratung junge Männer begegnet, die haben keine Ausbildung und keine Tagesstruktur, die sind computersüchtig geworden, haben sich zurückgezogen in eine eigene Welt. Die sind einfach nicht mehr realitätstauglich. Dieser Fluchtreflex, dieses Abschotten vor der Realität, die ja auch nicht einfach ist auf dem Arbeitsmarkt, das sind keine Einzelfälle, das werden immer mehr.

Es heißt oft, Hartz IV sei auch ein Auffangsystem für psychisch Kranke.

60 Prozent oder mehr der Kunden im Fallmanagement der Jobcenter haben mittlerweile komplexe Problemlagen, darunter fehlende Ausbildungen, oft extrem fordernde familiäre Verpflichtungen, besonders behaftete Lebenssituationen und oft mittlerweile auch gravierende gesundheitliche Probleme.

Es taucht in den Debatten über die Sanktionen aber auch immer wieder das Gespenst vom Hartz-IV-Empfänger auf, der sich mit der Sozialleistung und sogenannter Schwarzarbeit auf Dauer einrichtet. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Ich würde nicht sagen, dass es das nicht gibt. Aber insgesamt, wenn man sich die Zahlen anschaut, ist das eher selten. Im Jahre 2018 hatten wir beispielsweise 144.000 Fälle mit Verdacht auf Leistungsmissbrauch, das sind bei 7 Millionen Empfängern von Arbeitslosengeld II nicht so viele. Nur in 8.800 Fällen kam es zu einer Anklage wegen Leistungsmissbrauch. Das sind nur 0,1 Prozent.

Aber 2019 gab es 800.000 Sanktionen. Das ist nicht so wenig.

Wir brauchen in Jobcentern mehr Kapazitäten, um differenzierter auf Probleme eingehen zu können

Sanktionen und Leistungsmissbrauch sind nicht dasselbe. Sanktionen werden zumeist verhängt wegen Meldeversäumnissen oder, sehr viel seltener, weil eine Eingliederungsvereinbarung, die man abgeschlossen hat, nicht eingehalten oder eine Maßnahme abgebrochen wurde. Die Zahl der Sanktionen ist gesunken. Das ist auch gut so. Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 klare Vorgaben gemacht, wonach nicht mehr als 30 Prozent vom Regelsatz gekürzt werden darf. Da wurden im Jobcenter-System also über 14 Jahre Sanktionen verhängt, die offensichtlich nicht rechtmäßig waren. Der Verdacht auf Schwarzarbeit hingegen führt zum Verdacht auf Leistungsmissbrauch, das ist etwas anderes, und diese Verfolgung des Leistungsmissbrauchs bliebe auch bei einer Sanktionsfreiheit erhalten.

Im Gesetzentwurf von SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil wird Wert darauf gelegt, dass die LeistungsbezieherInnen eher eine Qualifikation erwerben, als einfach nur den nächsten Hilfsjob anzunehmen. Was halten Sie von dem Entwurf?

Der Entwurf Heils geht in die richtige Richtung. Wobei ich das Konzept der Grünen favorisiere, die eine Garantiesicherung und Sanktionsfreiheit fordern. Es ist gut, dass man mit dem Entwurf von Heil tendenziell von dem Drohpotenzial des Hartz-IV-Systems wegkommt, dem die Arbeitslosengeld-II-Empfänger oft ausgesetzt sind. Wir müssen in den Jobcentern aber insgesamt auch mehr Kapazitäten haben, um differenzierter auf die Problemlagen der Arbeitslosen einzugehen. Mit den derzeitigen Fallzahlen von bis zu 1:250 im Fallmanagement und im Vermittlungsbereich kann nicht wirklich differenziert und produktiv gearbeitet werden. Fallzahlen von 1:75 standen ursprünglich mal als Empfehlung im Gesetz. Da müssten wir dringend nach 15 Jahren mal hinkommen.

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24 Kommentare

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  • Herr Sternitzke, hat in vielen Bereichen recht.



    Das die Sanktionen zur Verantwortung für falsche Beratung gemacht werden ist jedoch eine Ideologische Betrachtung, um sich nicht den tatsächlichen, auch menschenverachtenden, Erfahrungen in den Jobcenter zu stellen.



    Die 2012, viel zu spät, eingeführten Beratungskonzeption (BeKo) der BA/Jobcenter stellt klar, dass die Sanktionen niemals als Motivationsinstrument dienen können. Sie sind letztes Instrument bei einer fehlenden Mitwirkung.



    Motivation kann auch nicht verordnet werden, sondern nur mit Augenhöhe und Wertschätzung in einer Beratung angeschoben werden.



    Klingt lächerlich? Ist aber die Grundlage unseres Dienstleitungsauftrages!



    Das Problem der Bundesagentur/Jobcenter liegt darin, kein nachhaltiges Konzept für die Qualität in der Beratung nachzuhalten und zu verstetigen.



    Zielvorgaben für die Kundenkontaktdichte, die Maßnahmenbesetzung und Integrationen werden ohne Wirkungsprüfung jedes Jahr verstetigt.



    Dieser Zahlendruck bei „Fallzahlen“ von 250 -350 Kunden kann sogenannte individuelle und passgenaue Unterstützung kaum sicherzustellen.



    Damit sind die Kunden den individuellen – willkürlichen -Anspruchsverhalten Ihrer Ansprechpartner im Positiven wie im Negativen ausgesetzt.

    Es würde den Kritikern der Jobcenter gut tun auch die Erfolge zu beleuchten und welche Chancen durch Weiterbildung und Umschulungen, Orientierung, Sprachkenntnissen, oder Beschäftigungsangebote jenseits des ersten Arbeitsmarktes gewährleistet werden.

    Eine Grundsicherung die nur Rechte ohne Verpflichtungen anbietet ist unsolidarisch.



    Gegenüber denen die diese Absicherung finanzieren. Aber vielmehr gegen über denen die nicht in der Lage, sind aus eigenem Antrieb beruflich und persönlich Perspektiven zu entwickeln. Diese werden mit der Illusion eines auskömmlichen Grundeinkommens aus Solidargemeinschaft ausgeschossen.

  • Schon sehr "mutig" mit Eintritt in den Ruhestand jetzt Tacheles zu reden.



    Dabei hat er dieses menschenverachtende System ja selbst mitgetragen.



    Einem Bekannten von mir hat man mal sanktioniert, weil er einen Termin nicht wahrnahm, obwohl er auf den Notdienst warten musste, denn der ganze Keller stand unter Wasser, er war im Haus zu dem Zeitpunkt der einzige Mieter vor Ort.



    Obwohl er dies durch Vermieter und den Notdienst bescheinigt bekam, wurde trotzdem für ein Vierteljahr um 10% sanktioniert. Der Termin im Jobcenter wäre "unabkömmlich" gewesen. Der "Hergang der Ereignisse" wäre nicht genügend "geklärt", dabei hat er alles eingereicht.



    Einige gehen in Kettensanktionen unter, Selbstmorde, Einweisungen in die Psychiatrie oder Einstieg in die Kriminalität sind die Folge.

    Leider wird in den Medien auch zu wenig über ständig "verschwundene" Unterlagen in den Jobcentern berichtet.

  • Guten Tag.



    Und ein herzliches Willkommen an den Kollegen Herrn Herbert Sternitzke.



    Ich selbst war "nur" ca. 7 Jahre jobcenter-Fallmanager. Und äußerte meine Kritik. Loyal, unter Beachtung des Datenschutzes - aber auch öffentlich. Als Nichtbeamter hatte ich ja auch keine erhöhte Treuepflicht.



    Das Ende vom Lied: ich wurde "freigestellt unter Fortzahlung der Bezüge". Seit Jahren lebe ich nun auf Kosten der Steuerzahler*innen, obwohl ich arbeiten kann und will. Und mein Gehalt ist so niedrig nicht.



    Was noch zu sagen ist: auch 30% Sanktion auf das (angebliche) ExistenzMINIMUM sind zu viel.

    Ein EX-Fallmanager im jobcenter - - Aktivist gegen Hartz IV





    Kommentar gekürzt. Bitte beachten Sie unsere Vorgaben.

    Die Moderation

  • Vorab.



    Daß die Choose - Sozialhilfe & Arbeitslosigkeit(shilfe) kombinieren mittels Hartz IV* via Agenda 2010 ein Klassenverrat - GazPromGerd & PuffreisenPeter vorweg - ein Verbrechen war & ist - is plan as plan can be.

    So erlaube ich mir als Hilfswilliger einer Arbeitsloseninitiative im ebenso abgeschiedenen Westfälisch Sibirien;) - die es - heute in Hochglanz - noch immer gibt. Mich fürs Interview zu bedanken & cum grano salis & soweit ich da Einblick habe: anzuschließe mich.



    Is doch schön -



    Wenn in dieser desolaten Welt -



    Mal was gelingt!



    Gar im Sauerland & Selbst in Bielefeld •



    & Ausbildung?! - Yes!



    That’s the goal & fällt mir ein:



    Meißner/Gabelstaplerführerschein!;)(



    Pfarrer Franz Meurer - Paff auffe Schäl Siek - fiel - v. Nell-Breuning ein.



    Griff sich nen Meister mit venia legendi;) & in der hillich Kirche kreiste das Gestühl hoch/nieder um den Alter;))🤫(so ähnlich): Am End der Schein - mit gültig Stempel von dem Meister. Fein!



    (Das Sackseecht - vor esu Woelki - war am Grein! Machen konnter nix. Nein!;))

    unterm——



    de.wikipedia.org/wiki/Franz_Meurer - “ein Guter“



    “ Er initiierte zahlreiche Aktivitäten, von einer Kleiderkammer und einer Essensausgabe über Ferienfreizeiten für 500 Kinder – „HöVi-Land“ genannt und in gemeinsamer Trägerschaft der katholischen und evangelischen Kirchengemeinden Höhenberg und Vingst[6] – bis hin zu Programmen für Arbeitslose wie etwa die Möglichkeit, einen Gabelstaplerführerschein zu erwerben.…“ Na - Si‘cher dat. Dat wüßt ich ever. Da mähtste nix.



    Normal - 😱 -



    & himselfe =>



    www.kirche-und-leb...im-buch/print.html



    &



    de.wikipedia.org/w..._von_Nell-Breuning - nochen ein Guter



    ———



    & dess Sackjeseecht =>(& Nachfolger 🤢)



    taz.de/Erzbischof-...estorben/!5423250/



    &



    www.kirche-im-swr....=beitraege&id=1583

    & nochens *



    Hartz IV - einziges nach einem Kriminellen benanntes Gesetz. Woll.

    • @Lowandorder:

      Schröder hatte gute Gründe für die Sozialreformen: Unter anderem orientierte er ALG II lediglich an der Bedürftigkeit, nicht am letzten Einkommen. Insgesamt besteht so natürlich größerer Druck Arbeit anzunehmen. Schröder sah diesen Druck als notwendig an um das Sozialsystem finanzierbar zu halten. Er machte sich keine Illusion darüber, dass viele Menschen bei zu hohen Zuwendungen weniger gewillt sind sich bei eintretender Arbeitslosigkeit schnell neu zu orientieren. Ich habe ihn respektiert für die Umsetzung dieses Projekts obwohl er wußte, dass er sich damit nur Feinde schaffen würde. Er hielt es schlicht für notwendig. Das unterscheidet ihn von Frau Merkel die mit geradezu strafwürdigem Opportunismus regiert und nie eine Idee für das Land hatte.

      • @Goodfella:

        Schön. Daßse sich in GazPromGerds Birne so gut auskennen & ehra Bewunderung negligable wird ihm runter gehen wie Gaz öh Öl - wa.

        Schade daß der Lautsprecher in eigener Sache - keine Verwendung für sojet handsame Propagandista als einsamer Rufer in der Wüste hat.

        Kenn ihn noch mit Baskenmütze & Flasch Bier & aus der Zeit genügend ihm nahestehende Genossen & Weggefährten - die das als Kenner der Materie so anders sehen & mildernd anführen - daß er gar nicht kapiert habe. Was für einen Flurschaden er & seine Handlanger einschl. “Keiner soll hungern ohne zu frieren“Münte - da angerichtet haben. Und ooch klar - von sonem schmalen Brett - kommt sone Macholusche ooch nich runter. Newahr.



        Normal • - 🤑 -

  • Herrn Sternitzkes Offenheit in Ehren, gut dass er Kritik übt. Allerding wäre er als Personalrat ungkündbar gewesen, warum also wartet er also mit seiner Kritik bis er draußen ist aus dem System Jobcenter.

  • Jeder Brief einer Fallmanager*in an eine/n Hartz IV Bezieher*in endet mit einer Sanktionsdrohung. Für Hartz IV Bezieher*innen ist es folglich eine wahre Erleichterung wenn der Beträungsschlüssel bei 250:1 liegt oder darüber.

    Das Bundesverfassungsgericht hat das Sanktionsregime im Prinzip bestätigt und lediglich eingeschränkt. Das ist ein Skandal, schließlich stellen die Sozialverbände in schönster Regelmäßigkeit fest, dass das Existenzminimunm 200 € zu niedrig angesetzt wird. Denn bei den Bedarfsberechnungen werden systematisch reale Ausgaben weggerechnet. Ausgaben für so notwendige Dinge wie Empfängnisverhütung, digitale Infrastruktur, etc. werden ignoriert.



    Der einzige Nutzen dieses Regimes besteht darin, Menschen zur Aufnahme unzumutbarer Beschäftigung zu zwingen. So wurde ein Preisdumpning Regime auf dem Arbeitsmarkt geschaffen und Jahr um Jahr aufrecht erhalten.

    Der Sanktionsdruck auf die ALG II Empänger*innen fällt damit letztlich auf alle Arbeitnehmer*innen zurück. Die Löhne werden künstlich klein gehalten. Wer seine/ihre Arbeit verliert, findet sich nach einem Jahr Schonfrist in ALG I unweigerlich im Sanktionsregime wieder, dass zur Aufnahme aber auch wirklich jeder beschissen bezahlten Stelle zwingt. Sicher für viele gilt auch diese Schonfrist gar nicht mehr, denn schließlich leben wir in einer Arbeitswelt in der unbefristete Beschäftigungsverhältnisse in vielen Branchen eine absolute Seltenheit geworden sind.

    Wer auf dem deregulierten Arbeitsmarkt dann z.B. gegen unrechtmäßige Kündigungen klagt, bekommt vielleicht einen günstigen Vergleich, ganz selten sein /ihr Recht durch ein Urteil zugesprochen. Die rechtmäßigen Abfindungen kassieren dann die Jobcenter, indem sie auf ALG II angerechnet werden. Nur wenige Menschen bringen bei dieser Praxis noch den Idealismus auf sich gegen unrechtmäßige Arbeitgeberwillkür zur Wehr zu setzen.







    Die Geiz ist geil Mentalität von Arbeitgebern wird staatlich subventioniert. Schluss damit!

  • Im Kreis

    Das alles ist seit vielen Jahren bekannt und bewiesen. Es ist in vielen wissenschaftlichen Studien nachgewiesen und nachlesbar.



    Geändert wird nichts! Nur gequasselt. Und das immer schön im Kreis...lanhweilig.



    So is Polletick!



    ...

  • Ich vermute, dass Herr Sternitzke Unrecht hat:



    - den Sprüchen von Westerwelle und Schröder zufolge sollten die Erwerbslosen ja gezwungen werden.



    - Bewerbungsnachweise sollten stattfinden, weil ELo unterstellt wird, dass sie nicht arbeiten wollen.



    - Die Schaffung und Ausdehnung des Niedriglohnsektors war ja überhaupt die Absicht der Hartz-Projekte. Deshalb sollten die Leute ja irgendeine Leiharbeit annehmen.



    - es ist leider nicht so, dass jemand da nur 3 Monate drin steckt. Oft werden daraus drei Jahre.



    - Keine Lebensplanung ist mit ständigem Abruf möglich.



    Ich hoffe sehr, dass es auch richtige Weiterbildungen und Lehrgänge gibt, nicht nur die IfS-Kurse.

    Jaa, geklagt wurde gegen die Sanktionen schon lange, juristisch. Doch erst nach 14 Jahren Niedriglohnsektor-Sanktionen nahm sich das Bundesverfassungsgericht der untersten Lohnklasse an!

  • Man sollte die Agentur für Arbeit einfach abschaffen. Wer arbeiten will findet größtenteils auch ohne das Amt eine Stelle, man kann ja eine kleine Jobvermittlung und Weiterbildungsvermittlung anbieten.

  • Man muss sich klar machen, was die Sanktionen bedeuten: Der Staat definiert ein Existenzminimum (dessen Höhe nicht gerade üppig ist) und lässt dann zu, dass Menschen unter dieses Minimum sanktioniert werden.



    Der Staat sorgt also für eine existenzbedrohende Lage eines Teils seiner Bürger. Wobei dieser Teil der Bevölkerung nicht so klein ist, weil die Angst vor so einer Situation ja auch bei allen Menschen mit unsicherer, prekärer Beschäftigung ankommt.

    Dann wundert man sich, wenn die Leute psychisch krank oder kriminell werden oder für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und ihre verquasten Ideologien wie Islamismus oder Faschismus anfällig werden.

  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    Hier zeigt sich, das es einen Arbeitsektor für Leute geben muss die nur ihre Hände zum arbeiten haben.

    Arbeitgeber die auf einfache Arbeitskraft z.B. in der Logistik setzen statt Vollautomatisierung sollten z.B. Steuererleichterungen erhalten.

    • @02854 (Profil gelöscht):

      Nein, es zeigt sich, dass wir ein Bedingungsloses Grundeinkommen brauchen.

  • „Da müssten wir dringend nach 15 Jahren mal hinkommen.“

    Mein Gott was soll man dazu noch sagen, zu den Ausführungen des interviewten Fallmanagers? So gut wie alles Gesagte ist seit Anbeginn der „modernen Dienstleistungen auf dem Arbeitsmarkt“ bekannt. Ach was, nicht nur irgendwie bekannt, sondern durch die Arbeitsmarktforschung belegt. Der „Karusselleffekt einer Vermittlung in Zeitarbeit. Was dabei herauskommt, bzw. eben nicht „herauskommen“ kann, wenn die beruflichen Neigungen der Jobcenter-„Kunden“ systematisch missachtet werden. Der Sanktionsblödsinn sowieso. Und die drastisch überhohen Fallzahlen der Vermittler und Fallmanager.

    In einem wäre Herrn Sternitzke zu ergänzen: Sanktionen sind keine destruktive Form der Motivationserzeugung. Sanktionen vernichten Motivation.

    Hervorzuheben: „Da wurden im Jobcenter-System also über 14 Jahre Sanktionen verhängt, die offensichtlich nicht rechtmäßig waren.“

    Das sollte man sich mal sehr bewusst vor Augen führen, was da geschehen ist. Ich zitiere aus Anna Mayr: „Die Elenden“ zur Äußerung einer Ministerin aus dem Jahr 2001, anlässlich einer Konferenz der Arbeits- u. Sozialminister: „Ebenfalls in Kiel betonte die SPD-Ministerin Heide Moser im April 2001, man müsse Sanktionen verhängen >auch wenn es schwierig ist, das juristisch und verwaltungstechnisch umzusetzen

    • @Moon:

      Fortsetzung:



      Ich halte es bis heute für viel zu wenig ausgeleuchtet, was für eine Art „politisch-administrativen Komplex“ man da vor anderthalb Jahrzehnten geschaffen hat. Das ist keine herkömmliche Bürokratie mehr. Es ist ein Herrschaftsapparat der besonderen Art, in dem mitten in der Demokratie schon illiberal und autoritär regiert wird und der sich hinein verzweigt in die Bereich der sozialen Arbeit, der psycho-sozialen Betreuung und der Bildung. Da sind wir also hingekommen.

      Nichts Neues also, was das Interview sagt. Nur eben nie von der Politik zur Kenntnis genommen. Und von daher ein Interview, das in seiner Klarheit ein Signal setzen könnte.

      • @Moon:

        Quelle:



        Anna Mayr Die Elenden - Warum unsere Gesellschaft Arbeitslose verachtet und sie dennoch braucht. Seite 151.



        Anna Mayr nennt als Quelle in Bezug auf das Zitat der Äußerung der Ministerin Moser:



        Unter Fußnote 66 "Ahrens, Peter (19.04.2001): Das Recht auf Arbeit. Sozialsenatorin Roth geht auf Distanz zu Plänen der Bundesregierung, um Druck auf die Arbeitslosen zu verschärfen. Kiel ist Kanzlertreu. taz.

        • @Moon:

          Wie sollten auch Sanktionen Arbeitsplätze schaffe?



          Das ist eine absurde Vorstelluing.

  • Der Mann hat Erfahrung und Verstand. Stigmatisierung und Pseudo-Leistungsdruck wie sie bei Hartz IV praktiziert werden, können nur "Verlierer" schaffen und kosten mehr, als sie positiv bewirken.

    Ich plädiere auch dafür, die Jobcenter zu vereinheitlichen. Was im Jobcenter A gemacht wird, wird im Jobcenter B wieder ganz anders praktiziert. Ein besonders schräger Fall hat sich im JC Neukölln (Berlin) zugetragen: hier wurde ein Neu"kunde" aus seiner Selbständigkeit heraus und mit akademischer Ausbildung über die Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, sich mit entsprechendem Arbeitsschutz morgens zwischen 4 und 6 Uhr in der dortigen Jobschnellvermittlung zu melden. Er sollte sich offensichtlich sein Geld als Tagelöhner im Baugewerbe oder ähnlichem verdienen.

    Für die Arbeit der Jobcenter gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Daher: Kontrolliert endlich ausreichend die Jobcenter. Dann fallen wahrscheinlich auch viele Klagen vor den Sozialgerichten weg.

    • @Waltraut:

      Betr.: Neu"kunde"

      Soweit mir bekannt, ist das - leider - die Regel.



      Jedem Neu"kunden" soll ein Arbeitsangebot gemacht werden. Das dient der "Feststelung" der Arbeitsbereitschaft. Aus der Sicht der JC sinniger, ansonsten blödsinnger Weise hat das "Angebot" fast immer mit den bisherigen Qualifikationen der Kunden nichts mehr zu tun. Denn a) gibt es in der Grundsicherung keinen Berufsschutz mehr, was b) dann auch gleich dazu dient, zu prüfen, ob die Kunden bereit sind, da auch wirklich alle geforderten Abstriche zu machen.



      Man kann also verstehen, wenn z. B. Solo-Selbstständige in der Corona-Krise nicht in H4 wollen. Trotz der erleichterten Zugangsmöglichkeiten. Es droht die Dequalifizierung.

    • @Waltraut:

      Ich hoffe, der Mann hat entweder erfolgreich dagegen geklagt oder sich eben "krankschreiben" lassen, um dieser Idiotie zu entgehen.

      • @Bunte Kuh:

        Klage/Krankschreibung



        Ich wünsche dem Mann auch, dass er einen Ausweg findet. Fürchte nur, beide genannten Möglichkeiten bieten letztlich keinen Ausweg. Klagen dauert Jahre. Auf Krankschreibung erfolgen danach weitere Stellenangebote der genannten Art, bzw. wird der "Kunde" zur "Strafe" für andere Vermittlungsaktivitäten hintenangestellt.



        Was da stattfindet ist nicht die Beseitigung der Idiotie, sondern ihre Fortsetzung durch Individualisierung. Wenn der Mann sich bei der Schnellvermittlung meldet, wird er entweder gleich wieder fortgeschickt, weil man dort weiß, dass er die angebotenen Arbeiten nicht ausführen kann. Beim Jobcenter weiß man das auch. Man will ja auf Arbeitswilligkeit testen. Kommt der Mann also zum JC zurück, ist gut. Arbeitet er, kommt er auch zurück, wie im Interview beschrieben. Krankschreiben, klagen, arbeiten, weggeschickt werden, alles demoralisierend. Aber der "schwarze Peter" liegt so oder so immer beim Kunden. Das JC hat das Problem nicht beseitigt aber verschoben und ist von der Verantwortung frei. Dass sich das JC das Problem damit nur verlängert hat, ist JC egal. JC hat Zeit, insebondere wenn die Verantwortung (scheinbar) nicht mehr bei ihm liegt.

  • "Mit den derzeitigen Fallzahlen von bis zu 1:250 im Fallmanagement und im Vermittlungsbereich kann nicht wirklich differenziert und produktiv gearbeitet werden."



    Ich kenne ein Jobcenter, da haben die Fallbearbeiter nach eigenen Angaben je über 400 Fälle zu bearbeiten...

  • Ein Grund dafür, dass gerade ältere, aber arbeitsbereite Leute, die einmal in ALGII gelandet sind, immer nur kurz irgendwo Arbeit finden, liegt daran, dass es im prekären Bereich Formen gibt, die sich auf die Ausbeutung der Hartzer mit Hilfe des Amtes spezialisieren: Vom Amt vermittelte unbezahlte Praktika (bei Bezug von ALG), vom Amt zur Hälfte bezahlte, "geförderte" Anstellungen, und die Leute werden genau so lange gehalten, bis die Förderung ausläuft/man sie fest anstellen müsste. Konsequenzen für die unredlichen Arbeitgeber gibt es keine. Gefordert wird der Arbeitslose, gefördert die Firmen.



    Das Amt fördert unsichere Billigjobs und zwingt durch Schikane mit Sanktionen die Leute in diese Jobs. Ohne die Sanktionen wäre die Verhandlungsposition der Arbeitssuchenden besser, sie müssten unredliche Angebote nicht mehr annehmen.



    Passende Arbeitsstellen d. öff. Hand



    können eine gute Alternative sein, um psychisches Abgleiten zu verhindern und den Leuten ihre Würde wiederzugeben. Förderung für Privatfirmen für Einstellung v. Arbeitslosen muss hingegen wegfallen.