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KSK-Munition, AKK und Jens SpahnVom (Un-)Sichtbarsein

Munition der KSK verschwindet, taucht wieder auf. Ebenso wie Lady Gagas Hunde. Nur Gesundheitsminister Jens Spahn bleibt durchgehend sichtbar.

Spahn kam als lauter Lästerer ins Kabinett. Man durfte gespannt sein: Ist das der Anfang vom Ende? Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Niemand hört einem zu.

Und was wird in dieser Woche besser?

Friseure offen!

In Israel dürfen Geimpfte wieder ins Fitnessstudio oder ins Schwimmbad. Wird es bei uns auch so kommen? Und wo würden Sie gern mal wieder hin?

Auf die sichere Seite. Wo Geimpfte sicher nicht mehr ansteckend sind und Mutanten gebändigt. Bis dahin müssen einige noch ihre vorlaute Position fräsen: Innenminister Seehofer („keine Sonderbehandlung für Geimpfte“) und Kanzlerin Merkel („erst, wenn im September alle ein Impfangebot hatten“). Nicht jedem gelingt das im liberalen Rekordtempo des Christian Lindner: „Keine Zwei-Klassen-Gesellschaft!“ im Dezember – „Gebt Geimpften die Grundrechte zurück!“ im Februar. Nun haben sich die EU-Regierungschefs auf einen „Impfausweis bis zu den Sommerferien“ geeinigt. Das wird eine tolle Sache! Denn Merkel schiebt spitzbubesk hinterher: Ob der Pass auch Reisefreiheit bedeute, müsse man dann mal sehen. Unsere fußballaffine Kanzlerin weiß, dass nicht jeder Pass verwandelt wird.

Viel wurde über Gesundheitsminister Jens Spahn diskutiert: Es ging um Schnelltests, die nicht schnell genug kamen, aber auch um seine Berliner Immobilien. Geht die interessierte Öffentlichkeit da zu weit, oder ging er zu weit, als er wissen wollte, welche Journalisten sich über seine Immobilien informierten?

Unterdes hat er auch noch frisch infiziert Unternehmer bespaßt und neulich die versprochenen Gratistests wieder einsammeln müssen. Spahn kam als lauter Lästerer ins Kabinett, und man durfte gespannt sein: Ist das der Anfang vom Ende? Inzwischen ist das geklärt: Ja. Man weiß nur nicht, wessen. Der Große Münsterländer kassierte gute Noten für umsichtiges Agieren. Nun begegnet er der legendären Merkel-Logik: Hochgeschriebene leben kürzer. Ein schriller Sidekick wie Phi­lipp Amthor kann einfach mal eine Staffel aussetzen. Der Coronaminister kann sich derzeit nicht unsichtbar machen. Keine große Karriere ohne überwundene Krise. Das erinnert drollig an die Logik von Impfungen: Spahn hat einen Schuss Seuche bekommen, wie stark ist seine Immunreaktion?

Annegret Kramp-Karrenbauer hat Fehler ihres Hauses im Umgang mit der rechtlich fragwürdigen Munitionsamnestie bei der KSK eingeräumt. Alles wieder gut?

Bei der Rückgabeaktion kam mehr Munition zusammen, als das KSK vermisst hatte. Also reichlich was übrig für die Opposition. Der Kompaniechef hätte nicht amnestieren dürfen, der Generalinspekteur hätte es nicht verschweigen dürfen, die Ministerin hätte wissen müssen. Oder sagen wir mal so: „taz recherchiert besser als der Militärische Abschirmdienst“ ist mehr, als wir zu fürchten wagten. AKK ließ keine Pressefragen zu und verschwand, der Eile halber ohne Pressetross, nach Afghanistan. Gruß in den Bunker.

Am Freitag ging das Berliner Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ in die nächste Phase. 175.000 Unterschriften müssen nun gesammelt werden, um die Vergesellschaftung von Wohnungsunternehmen weiter voranzutreiben. Haben Sie auch schon Angst vor dem Gespenst des Kommunismus?

Linke, Gewerkschaften, Mieterbund unterstützen das Begehren, die Grünen sind dafür und dagegen. Und die SPD hofft, mit Thilo Sarrazin auch das Problem ausgeschlossen zu haben. Er versilberte die staatlichen Wohnungen, die schließlich bei der Deutsche Wohnen landeten. Wird Sarrazin freuen, wenn bei Deutsche Wohnen Deutsche wohnen. Egal. Knapp unter Weltrevolution wäre, den Fehler zuzugeben und das Gebinde flugs zurückzukaufen.

Am Hamburger Hafen hat der Zoll 16 Tonnen Kokain beschlagnahmt. Die Clubs sind doch zu. Wer braucht so viel Koks?

Keine Ahnung. Mal in der „Sportschau“ drauf achten, ob wer die Seitenlinie auf allen Vieren abläuft. Die dürfen ja raus!

Lady Gaga bot 500.000 US-Dollar Finderlohn für ihre gekidnappten Hunde. Die beiden wurden bei einem Spaziergang geklaut, der Hundesitter angeschossen. Die Hunde sind wieder da, aber die Täter weiter unbekannt. Wer macht so was?

Stört es jemanden, dass die Künstlerin für ursprünglich Wachhunde einen nunmehr Wachmenschen bezahlen kann, der angeschossen wurde? Nein. Dann weiter.

Und was machen die Borussen?

Wie im Pokalfinale unter Tuchel spielt der BVB mit klinisch toten Trainern besonders gut. Vielleicht den nächsten – „wolle Rose kaufen?“ – gleich zum Start feuern.

Fragen: Fatma Aydemir

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Friedrich Küppersbusch
Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".
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3 Kommentare

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  • Eine auf Finanzen spezialisierte "Berater"Firma "übersieht" das Fehlen, bzw erkent die "Luftbuchung" von 1,9Mrd € in den "Büchern" nicht, aber ein Herr K (und ganz, ganz - VIELE) fordert selbstverständlich: "Die Ministerin hätte es wissen müssen!



    ".



    Die Kanzlerin weiß natürlich auch genau, was der Gde-Bgm eines 250-Seelen-Dorfes so treibt...



    "Ja, nee...is klar!"

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Herr Küppersbusch ist alt geworden.



    (Metapher)

  • Ja wie?

    “ Lady Gaga bot 500.000 US-Dollar Finderlohn für ihre gekidnappten Hunde. Die beiden wurden bei einem Spaziergang geklaut, der Hundesitter angeschossen. Die Hunde sind wieder da, aber die Täter weiter unbekannt. Wer macht so was?“

    kurz - Der Schwejk war‘s jedenfalls nicht.



    Weil “… Die größte Gefahr, gestohlen zu werden, droht Hunden, wenn man sie auf die Straße führt, damit sie ihre kleine und große Notdurft verrichten. Besonders bei dem letzten Akt gehen die meisten verloren. Deshalb schaut sich jeder Hund dabei vorsichtig nach allen Seiten um.



    Es gibt einige Systeme, Hunde zu stehlen. Entweder direkt nach Art des Taschendiebes oder durch trügerisches Anlocken des unglücklichen Geschöpfes. Der Hund ist ein treues Tier, allein nur im Lesebuch oder in der Naturgeschichte. Laßt den treuesten Hund eine gebackene Pferdewurst schnuppern, und er ist verloren. Er vergißt den Herrn, neben dem er geht, dreht sich um und geht euch nach. Speichel fließt ihm aus dem Maul, und er wedelt in der Erwartung und Vorahnung der großen Freude freundlich mit dem Schwanz und bläht die Nüstern wie der wildeste Hengst, wenn man ihn zur Stute führt.…



    »Ich wer ihn mit Rindsleber bewirten«, entschloß sich Blahnik, »mit der hab ich schon den Bernhardiner vom Fabrikanten Vydra erwischt, ein sehr treues Tier. Morgen bring ich dir den Hund unbeschädigt.«



    Blahnik hielt Wort. Als Schwejk am Vormittag mit dem Aufräumen fertig war, wurde hinter der Türe Hundegebell laut und Blahnik zog den sich sträubenden Stallpinscher, der noch struppiger war als von Natur aus, in die Wohnung. Er rollte wild die Augen und blickte so finster drein, daß er an einen hungrigen Tiger im Käfig gemahnte, vor dem ein wohlgenährter Besucher des zoologischen Gartens steht. Er knirschte mit den Zähnen und knurrte, als wollte er sagen: »Zerreißen und fressen!«



    Sie banden den Hund an den Küchentisch, und Blahnik schilderte den Verlauf des Diebstahls.

    So geht das - …beim Schwejk

    www.projekt-gutenberg.org/