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Hinrichtung von Ruhollah Sam im IranDie nackte Angst des Regimes

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Die Hinrichtung des regimekritischen Journalisten Sam ist nicht nur grausam, sie soll auch Proteste unterbinden und die Theokratie festigen.

Am Samstag im Iran hingerichtet: Der ins Land verschleppte Journalist Ruhollah Sam Foto: dpa

D ieses Jahr wurden im Iran schon weit über 100 Menschen hingerichtet, viele von ihnen politische Gefangene. Doch die Exekution von Ruhollah Sam am Samstag ist mehr als ein weiteres Opfer: Da wurde ein Exiliraner, der in Europa politisches Asyl erhalten hat, in den Irak gelockt, um ihn dann zu entführen, im Iran vor Gericht zu stellen und schließlich zu exekutieren. Über diese Begleitumstände regt man sich in den europäischen Hauptstädten zu Recht besonders auf.

Die Hinrichtung eines Mannes, der sehr viele Iraner erreichen konnte, zeigt überdeutlich, wie sehr sich das iranische Regime vor sozialen Unruhen fürchtet. Es herrscht die nackte Angst. Die vergangenen Protestwellen 2017 und 2019 haben sich schnell vom eigentlichen Anlass, etwa Benzinpreiserhöhungen, gelöst und sich fundamental gegen den theokratischen Machtanspruch der regierenden Elite gerichtet.

Durch das Coronavirus wird sich die wirtschaftliche und soziale Lage noch einmal drastisch verschlimmern. Kommen Proteste erst einmal wieder in Gang, könnten sie das Regime ernsthafter bedrohen als in der Vergangenheit. Dennoch wäre es falsch, die Menschenrechtsfrage mit dem Atomabkommen zu verknüpfen, wie es derzeit viele, darunter der Publizist Navid Kermani und der Grünen-Politiker Omid Nouripour, fordern. Es klingt verführerisch einfach, doch wie es meist ist mit den einfachen Lösungen: Sie helfen nicht weiter.

Es hat sich in der Vergangenheit bewährt, Abrüstungsfragen als Abrüstungsfragen zu verhandeln und eben gerade nicht mit anderen Themenbereichen zu verquicken. Wird das Nuklearabkommen mit Menschenrechtsfragen vermengt, wird es scheitern. Dieses Scheitern ist in jeder Hinsicht zu gefährlich, um es billigend in Kauf zu nehmen.

Sanktionen und politischer Druck wegen der massiven Menschenrechtsverletzungen im Iran können und sollten unabhängig vom Atomdeal beschlossen werden. Die wirtschaftliche Lage im Iran ist derzeit so ernst, so dramatisch, dass sie durchaus schnell zum Erfolg führen können.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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12 Kommentare

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  • Nicht immer nur das negative sehen. Es gibt auch Fortschritte. Bisher wurde nichts über ein Glückwunschtelegramm des Grüßonkels berichtet.

  • Der Westen trägt mindestens einen Teil des Stricks mit. Die jahrzehntelange Beschwichtigung von Teheran, in der auch die hier heiß geliebten Grünen federführend waren, haben das Regime ermutigt, mit seinen Menschenrechtsverbrechen fort zu setzen. Der zweite Fehler war, die iranische organisierte Opposition für Konzessionen gegen Teheran zu opfern und der Propaganda der Mullahs gegen sie blind zu folgen. So lange die internationale Gemeinschaft nur schöne Worte und leere Resolutionen übrig hat, wird sich nichts im Iran ändern, außer dass der Westen seine Grundwerte weiter verkauft und sich ansonsten nur das Gewissen rein wäscht, ohne dass dafür Teheran zur Rechenschaft gezogen wird. Alleine die Tatsache, dass das Massaker von 1988 bis heute nicht einmal vor einem internationalen Gerichtshof angeklagt wurde, spricht Bände. Steinmeier und Frau Roth sollen aufhören, sich mit irgendwelchen unwichtigen Aktivisten zu treffen, die nichts verändern werden. Nur der iranische Widerstand wird diesen Alptraum beenden und sonst niemand. Und dafür brauchen sie alle Unterstützung, die sie kriegen können. Was sollte im Iran anders sein, als in Südafrika? Oder ist Black Lives Matter doch mehr Wert als Iranian Lives Matter? Wird die Freiheit einer Nation heute dadurch entschieden, wer in Hollywood oder in Lobbygruppen sitzt? Oder zählen die universellen Werte der UN Charta?

  • Grundsätzlich klingt die Argumentation für mich schlüssig. Es bleibt aber die Frage wie dies konkret umgesetzt werden kann. Soll man mit Biden den Atom-Deal wieder in Kraft setzen, bei der Einhaltung des Vertrags durch den Iran die von Trump verhängten Sanktionen wieder aufheben und dann gleichzeitig neue wegen der Menschenrechtssituation verhängen? Damit wäre dem Regime die Möglichkeit genommen der Bevölkerung den Vertrag als Erfolg und konkrete Verbesserung präsentieren zu können und die Motivation zu dessen Einhaltung wiederum in Frage gestellt.

  • Das Argument dass man Menschenrechtsfragen und das Atomabkommen doch trennen müsse, ist nur ein Vorwand um weiterhin mit diesem Menschenverachtenden Regime Geschäfte machen zu können.

    Wer so denkt spielt das Spiel des iranischen Regimes.

  • Da haben ja die USA und das iranische Regime einiges gemeinsam: staatlicher Mord.



    Sehen Sie sich die Filme von Mohammad Rasulof an:



    2013: Dastneveshteha Nemisoozand / Manuscripts Don't Burn - handelt von der Arbeit eines Mordkommandos: ein kritischer Schriftsteller der nicht mehr gehen kann, wird dann mit einem Zäpfchen vergiftet.



    in einem anderen Film bringt ein iranischer Lehrer, der aus Deutschland nach Shiraz zurückkehrt, um Familienangelegenheiten zu regeln, ein Buch von Hannah Arendt mit in den Schulunterricht.

  • Die Führungsmacht des Westens richtet gerade selber fleißig hin: taz.de/Todesstrafe...lstreckt/!5737569/

    • @Linksman:

      Aber sie kommt nicht annähernd an die Nummer Zwei weltweit heran.

      Und sie hängt keine Minderjährigen an Baukränen auf. Verurteilt keine Frauen zu hundert Peitschenhieben, um sie dann hinzurichten.

      Und auch das tut die Führungsmacht nicht, sie amputiert Kindern keine Finger:

      www.focus.de/panor...n_id_12448745.html

      Das kann man zur Kenntnis nehmen oder man dreht es eben à la anti-americaine.

      Wie immer.

      • @Jim Hawkins:

        Abgeschrieben:

        Rechtsansprüche Gottes



        de.wikipedia.org/wiki/Hadd-Strafe

        Hadd-Strafen (arabisch حد, DMG ḥadd ‚Grenze‘, Plural حدود, DMG ḥudūd) sind nach dem islamischen Recht Strafen, die zum Schutz des Eigentums, der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Moral verhängt werden und als „Rechtsansprüche Gottes“ (ḥuqūq Allāh; sg.: ḥaqq Allāh) gelten

        Delikte, die diesen Strafen unterliegen, sind außerehelicher Geschlechtsverkehr (Zinā), falsche Bezichtigung des außerehelichen Geschlechtsverkehrs (qaḏf), Alkoholkonsum (šurb al-ḫamr), Diebstahl (sariqa) und Straßenraub (ḥirāba, qaṭʿ aṭ-ṭarīq).

        Hier muß ich feststellen, das ostelbische" Biotop" war nicht das schlechteste.

  • Die nackte Angst? Ist das so? Bisher ist es dem Iran doch gelungen, jede Protestbewegung im Blut zu ersticken.

    Jede und jeden zu foltern und hinzurichten, der sich empört oder organisiert. Ist er woanders, entführt man ihn eben. Passiert ja nichts.

    Das alles ohne nennenswerten Protest aus dem Westen. Dem es ja, zur Not mit Instex, um den Handel mit dem Mullah-Regime geht.

    Menschenrechte spielen da keine Rolle.

    • @Jim Hawkins:

      "Das alles ohne nennenswerten Protest aus dem Westen."

      Verstehe ich nicht.



      Gerade erst wurden von der USA alle früheren Sanktionen gegen den wieder für gültig erklärt. www.dw.com/de/http...4991975/a-54991975



      Ist das zu wenig? Was wollen Sie? Soll Maas eine en blauen Brief schreiben?

    • @Jim Hawkins:

      Ein absolut widerliches Regime mit seinen Glaubenswächtern und dauernden Gräueln. Dem Volk ist aber nicht mit Krieg und Aushungern geholfen und der Sitz der Mullahs im Sattel wird dadurch nur fester.



      Mich gruselt die "Befreiungsideologie" mit der viele an das Problem rangehen wollen. Latenter Kriegshunger....

  • Hallo,

    kleiner Hinweis: den Leadsatz verstehe ich nicht. Außerdem weisen er und die alternative Bildbeschreibung Rechtschreibfehler auf.