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Konten Verstorbener ohne Erb*innenAm Ende gewinnt die Bank

Gibt es keine Erb*innen, geht das Geld verstorbener Kontoinhaber*innen nach einer Wartefrist an die Bank. Schleswig-Holstein will das ändern.

Wohin mit den Werten, die niemandem zugeordnet werden können? Schließfächer in einer Bank Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Neumünster taz | Zwei bis neun Milliarden Euro – das entspricht den Baukosten von zweieinhalb bis elf Elbphilharmonien – liegen bundesweit auf Konten, deren Inhaber*innen unbekannt oder ohne Erb*innen verstorben sind. Zurzeit fließt dieses Geld nach 30-jähriger Wartefrist an die Banken. Das Parlament in Schleswig-Holstein will das ändern, braucht dazu aber die Unterstützung anderer Bundesländer und der Bundesregierung.

„Für uns in der Jamaika-Koalition ist klar, dass die Kreditinstitute sich das Guthaben auf solchen Konten nicht einfach einverleiben sollen“, sagte Ole Plambeck (CDU) im Landtag. Dafür erhielt die Regierung grundsätzlich Zustimmung von der Opposition: „Wir brauchen nach dem Beispiel anderer europäischer Staaten ein Meldesystem für nachrichtenlose Konten und einen angemessenen gemeinnützigen Einsatz für das Geld“, so Stefan Weber (SPD). Auch Lars Harms (SSW) fand: „Hier geht es um Geld, das sehr viel sinnvoller eingesetzt werden könnte.“

Die Banken selbst halten sich bedeckt. Auf taz-Anfrage teilt der Sparkassen- und Giroverband nur spröde mit, man habe „die Landtagsdebatte zu nachrichtenlosen Konten zur Kenntnis genommen“.

Tatsächlich bedeutet jede Änderung der aktuellen Rechtslage eine Verschlechterung für die Geldhäuser. Denn zurzeit gilt, dass die Bank ein Konto weiterführt – und Grundgebühren einzieht –, auch wenn es jahrelang keine Überweisungen oder Abbuchungen mehr gibt, das Konto also ruht. Zwar versuchen Kreditinstitute in standardisierten Verfahren, etwa durch eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt und der Umzugsdatenbank der Deutschen Post, die Besitzer*innen oder mögliche Erb*innen solcher Konten aufzuspüren, doch das gelingt oft nicht.

Unter den G7-Ländern ist Deutschland das einzige, das freie Vermögen den Banken überlässt

Ein Problem sei, dass immer weniger klassische Sparbücher geführt würden, die beim Ordnen von Nachlässen auftauchen, so Annabell Krämer (FDP). Die Zahl vergessener Konten könnte also noch steigen. Nach 30 Jahren löst das Institut das Konto auf, das „Geld geht im Rauschen der Banken unter“, kritisiert Lasse Petersdotter (Grüne). „Da lassen sich sinnvollere Lösungen finden.“

Unter den G7-Ländern ist Deutschland das einzige, das freie Vermögen den Banken überlässt. In der Schweiz gibt es ein Zentralregister, Informationen über bewegungslose Konten werden im Netz veröffentlicht. Meldet sich niemand, geht das Geld an die Bundesverwaltung. In Großbritannien landen die Summen in einem Fonds für gemeinnützige Zwecke. Auch Australien oder Japan verfahren ähnlich, berichteten Abgeordnete bei der Landtagsdebatte.

Die Vorschläge sowohl der Jamaika-Regierung als auch der SPD sehen ein bundesweites Zentralregister vor. Jamaika möchte einen Fonds einrichten, die Vermögen sollen für „gemeinnützige Zwecke und Risikokapital für Start-up-Unternehmen“ verwendet werden.

So eine Mischung „kann sich vermutlich nur Jamaika ausdenken“, spottete SPD-Finanzexperte Weber. Er wünscht sich eine Stiftung und eine rein gemeinnützige Verwendung der Mittel. Über die verschiedenen Vorschläge soll der Finanzausschuss des Landtags beraten.

Doch auch wenn es in Kiel eine Einigung gibt, ein einzelnes Bundesland kann das Problem nicht lösen – aus rechtlichen wie aus rein praktischen Gründen: Viele Banken, erst recht die Internet-Institute, agieren bundesweit. So setzt Schleswig-Holstein auf eine Bundesrats­initiative.

In Berlin ist das Thema bereits angekommen, die Grünen im Bundestag hatten dazu eine Anfrage an die Bundesregierung gestellt. Das Finanzministerium sah aber keinen Handlungsbedarf: Es gebe keinen Hinweis, dass das Verfahren der Kreditwirtschaft, Erb*innen zu finden, ineffektiv sei. Modelle in anderen Ländern, etwa die englische Fondslösung, könnten „nicht fundiert bewertet werden“. Sich weiter mit dem Thema zu befassen, habe das Ministerium nicht vor.

Allerdings war das im Herbst 2019, vor der Rekord-Neuverschuldung aufgrund der Coronapandemie. Gut möglich, dass es künftig mehr Interesse an Vermögen im Gegenwert mehrerer Elphis gibt.

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5 Kommentare

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  • Wenn keine Erben zu ermitteln ist fällt das Erbe an den Fiskus - der es nicht ausschlagen kann.

    Wenn die Banken das Geld behalten begehen sie Diebstahl [zumindest aber Unterschlagung] - aber DA drücken unsere Polits mal wieder alle Augen zu - genauso wie bei Cum-Ex und Wirechard.

    Wie nennt man das, wenn Politiker mit Kriminellen gemeinsame Sache machen ?



    Mir fällt da nur ein Wort ein "Organisierte Kriminalität".

    • @Bolzkopf:

      Man könnte sich auch erst einmal informieren, bevor man einfach drauf losschreibt...

      Wenn Sie Geld zu ihrer Bank tragen, wird diese Eigentümerin dieses (!) Geldes und Sie erhalten konkludent im Gegenzug eine Forderung aus unregelmäßigem Verwahrungsvertrag (§ 700 BGB).



      Das dies so geregelt ist, hat seinen Grund in (u.a.) zwei praktischen Problemen. Zum einen müsste ansonsten die Bank Ihnen exakt dieselbe Banknote (mit entsprechender EURO Kontrollnummer) aushändigen, da diese und keine andere Ihren Besitz darstellt. Zum Anderen (und ungleich bedeutsamer) wäre dann jede Überziehung Ihres Kontos über den vereinbarten Dispo hinaus sofort eine Straftat, auch wenn Sie Geld z.B. per Karte zahlen und das Konto ist nicht entsprechend gedeckt, würde augenblicklich ein Straftatbestand vorliegen.

      Und warum die im Artikel genannte Frist von 30 Jahren? Eigentum vergeht nicht, eine Forderung aber verjährt nach genau dieser Zeit spätestens.

      • @Cerberus:

        Wenn die Gesetze so sind, bleibt es für mich auch organisierte Kriminalität. In diesen Fällen sollten die Gelder caritativen Zwecken vermacht werden MÜSSEN!

        • @joaquim:

          Da bin ich voll dabei. Verjährung ist ein geradewegs lächerlicher Grund, um den Gewinn einer Bank zu erhöhen. Oft haben die Erben gar keine Chance, Kenntnis von diesen Konten zu erlangen und die Anstrengungen der Banken diesbezüglich Klarheit zu verschaffen sind - gelinde gesagt - überschaubar.

          Ich bin gespannt, wenn das Geld zukünftig von staatlicher Seite aus eingezogen wird, werden wahrscheinlich viel mehr Erben gefunden und von der Existenz dieser Konten benachrichtigt - damit die Bank zumindest mit dem Geld weiter arbeiten kann...

    • @Bolzkopf:

      Die Gesamtsumme klingt hoch. Aber der Aufwand der Erbenermittlung ist auch nicht zu unterschätzen. Ich würde den Banken hier nicht so einfach Unterschlagung unterstellen. Der rechtmässige Erbe (der Fiskus) könnte jederzeit kommen und die Hand aufhalten - tut er aber nicht, weil er ebenfalls den Aufwand scheut, sich definitiv und rechtssicher zum Erben zu erklären.

      Fazit: wenn man keine Familie hat, lieber selbst zu Lebzeiten klare Verhältnisse schaffen, am besten per Testament zugunsten gemeinnütziger Zwecke.