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Aktuelle Coronazahlen in DeutschlandWeniger Fälle oder weniger Tests?

Die Zahl der Neuinfektionen geht leicht zurück – doch ob es eine Trendwende ist, bleibt unklar. Die Zahl der Toten und Intensivpatienten steigt weiter.

Ein Mitarbeiter im neuen Corona-Schnelltestzentrum am Münchner Flughafen Foto: Andreas Gebert/reuters

Berlin taz | Es ist nicht leicht, sich derzeit ein klares Bild von der Coronasituation in Deutschland zu machen. Die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Deutschland, die das Robert-Koch-Institut jeden Morgen mitteilt, sieht auf den ersten Blick nicht schlecht aus: Der Sieben-Tage-Mittelwert ist am Montag und Dienstag jeweils leicht gesunken – auf zuletzt rund 18.360 Infektionen pro Tag.

Das ist eine gute Nachricht, denn in den vergangenen Wochen war dieser Wert teils exponentiell gestiegen und hatte sich zeitweise innerhalb von nur neun Tagen verdoppelt. Doch ob das Wachstum durch die neuen Beschränkungen, die vor drei Wochen angekündigt wurden und vor gut zwei Wochen in Kraft traten, jetzt wirklich gestoppt ist, ist derzeit schwer zu sagen.

Denn seitdem hat sich noch etwas anderes verändert: Das Robert-Koch-Institut hat neue Kriterien für die Coronatests veröffentlicht. Wer nur leichte Symptome hat oder nur entfernteren Kontakt mit einem Infizierten, soll in der Regel nicht mehr getestet werden. Damit hat die Behörde darauf reagiert, dass die Testkapazitäten in Deutschland zuletzt komplett ausgelastet waren, was zu Engpässen und Verzögerungen geführt hatte.

Diese neuen Kriterien haben in der vergangenen Woche bereits Wirkung gezeigt: Bei den Laboren, die zum Verband Akkreditierte Laboren in der Medizin (ALM) gehören, ging die Gesamtzahl der durchgeführten Tests um gut 12 Prozent auf 1,27 Millionen zurück. Die Zahl der positiven Tests blieb praktisch unverändert, der Anteil der positiven Tests stieg damit von 8,0 auf 9,2 Prozent. Die ALM-Labore führen über 90 Prozent der deutschen Coronatests durch – die vom Robert-Koch-Institut am Mittwoch gemeldeten Zahlen weichen darum geringfügig ab.

Eine Trendwende ist schwer festzustellen

Die Veränderung von Testzahl und Testkriterien macht es schwer, die Infektionszahlen zu interpretieren. Einerseits führt die gesunkene Testzahl dazu, dass bei gleichem Infektionsgeschehen weniger Infektionen festgestellt werden. Andererseits wären bei gleicher Testzahl mehr positive Ergebnisse zu erwarten, wenn jetzt verstärkt Menschen mit starken Symptomen getestet werden und weniger Symptomlose.

Welcher dieser beiden Effekte überwiegt, lässt sich derzeit nicht seriös sagen. „Den Effekt der veränderten Testkriterien können wir schwer messen“, sagt der ALM-Vorsitzende Michael Müller. Ob es bei den Neuinfektionen tatsächlich schon einen Trendwende gegeben habe, sei darum „fragwürdig“. Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass die Dunkelziffer angesichts der ausgelasteten Labore steigen werde.

Belegung der Intensivstationen ist aussagekräftiger

Ein realistischeres Bild von der Lage zeichnet die Anzahl der Corona-Patient*innen, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen. Denn diese werden anders als die Infizierten vollständig erfasst, allerdings mit größerer Verzögerung – im Frühjahr folgte der Höhepunkt der Intensivbelegung etwa zwei Wochen nach dem Höhepunkt der gemeldeten Neuinfektionen.

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Und die Intensivstationen füllen sich weiterhin: Aktuell sind gut 3.500 Intensivbetten mit Covid-19-Patient*innen belegt. Allerdings hat sich das Wachstum auch hier zuletzt deutlich verlangsamt. Während es im Oktober lange einen exponentiellen Anstieg mit einer Verdopplungszeit von zehn Tagen gab, war das Wachstum zuletzt eher linear.

Weiterhin exponentiell ist dagegen das Wachstum bei den täglich gemeldeten Coronatodesfällen: Im Sieben-Tage-Mittel sterben derzeit knapp 190 Menschen am Tag im Zusammenhang mit Covid-19, und damit doppelt so viele wie noch vor zwölf Tagen.

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7 Kommentare

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  • Auch ein symptomloser Corona-Infizierter kann das Virus weitergeben. Deshalb testen. Oder steigt die Zahl der Idioten, wenn wir mehr IQ-Tests machen?

  • Ist den Corona Labortest- Methoden zu trauen?



    Wer Kontrolliert die Hersteller? Wie ist es zu erklären, dass Leute sich einem zweiten z.T. auch einen dritten Abstrich zur selben Zeit entnehmen lassen und die Proben an verschiedene Labore mit unterschiedlichen Testherstellern versenden und widersprechende Testergebnisse erhalten?



    Kritischer Journalismus sollte einmal der Frage nachgehen wie viele falsch positive und falsch negative Laborteste bei den verschiedenen Herstellern auftreten.



    Corona - Laborteste sind ein lukratives Geschäft.



    Je mehr positive Testergebnisse es gibt um so mehr wird die Nachfrage steigen!



    Ein Schelm der Böses dabei denkt! "Cui bono?"

    • @Friedrich Spee:

      "Wie ist es zu erklären, dass Leute sich einem zweiten z.T. auch einen dritten Abstrich zur selben Zeit entnehmen lassen und die Proben an verschiedene Labore mit unterschiedlichen Testherstellern versenden und widersprechende Testergebnisse erhalten?"

      Ist das wieder so ein Latrinengerücht aus dem Internet, oder lässt sich das belegen?

    • @Friedrich Spee:

      sie sollten sich einmal mit den Tests auseinandersetzen, bevor sie Spekulationen anstellen.



      Labortests sind PCR Tests.



      Da gibt es keine Hersteller, wie sie sich das vorstellen.

      • @nutzer:

        Wie kommt es dann in einem Heim bei 32 Testungen zu 32 positiven Testergebnissen und bei einem zweiten Test aller 32 am selben Tag nur Untersucht von einem anderen Labor zu nur 9 positiven Testergebnissen.



        Das ist medizinisch gut dokumentiert.



        Ich kenne die Ärzte, die Labore und die Methoden. Ich bin selbst Arzt und dies ist keine Spekulation es ist einfach eine Tatsache und kein Latrinengerücht des Internets.



        Aber mit kritischen Fragen ist man hier wohl am falschen Ort.

        • 4G
          4813 (Profil gelöscht)
          @Friedrich Spee:

          Und die Erkrankten auf der Intensivstation würden falsch getestet und bildensichndas nur ein?

      • @nutzer:

        „Da gibt es keine Hersteller, wie sie sich das vorstellen.“



        Ist das so?



        Ich sehe da schon einen gewissen Interessenkonflikt, wenn es um die Anzahl von durchgeführten Tests geht.



        Vielleicht nicht seitens der Charité, da diese ja laut Drosten keinen Gewinn durch die PCR-Tests machen.



        Nur kommen ja nicht alle PCR‘s aus der Charité, nicht wahr?



        Ich halte die neue Teststrategie im Übrigen für sehr sinnvoll. Einerseits mindert sich durch eine höhere Vortestwahrscheinlichkeit maßgeblich die Fehlerhaftigkeit des Tests (mein Kenntnisstand), andererseits wird so eine schlichte Überforderung der Labore verhindert. Das letzteres entscheidend ist, zeigen vergangene Testpannen verschiedenster Art.