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Attentat auf iranischen KernforscherBlutige Botschaft

Kommentar von Susanne Knaul

Der Tod des Kernphysikers Fachrisadeh wird das iranische Atomforschungsprogramm kaum verzögern. Eine Wirkung dürfte das Attentat trotzdem haben.

Die Familie des ermordeten Kernphysikers Mohsen Fachrisadeh nimmt Abschied Foto: MNA/ap

D as iranische Atomwaffenprojekt mit dem Mord an dem Kernphysiker Mohsen Fachrisadeh stoppen oder auch nur deutlich verlangsamen zu können, ist zu illusorisch, als dass man in Israel – davon ausgehend, der jüdische Staat stehe hinter dem Attentat – ernsthaft damit rechnen wird. Der ermordete Fachrisadeh galt zwar als Schlüsselfigur des Forschungsprogramms, trotzdem wird er zu ersetzen sein.

Spätestens seit den Exekutionen einer ganzen Serie iranischer Atomforscher vor rund zehn Jahren dürfte in Sachen Nachfolge für die Experten vorgesorgt worden sein. Die Hinrichtung Fachrisadehs ist vielmehr Teil der psychologischen Kriegsführung gegen den Erzfeind. Einmal mehr führt Israels gefürchteter Geheimdienst Mossad der Welt vor Augen, dass „unser langer Arm jeden erreicht, der uns schadet“, wie es Regierungschef Benjamin Netanjahu in ähnlichem Zusammenhang einmal festhielt.

Bemerkenswert ist diesmal vor allem das Timing. Für die Exekutionskommandos spielen aktuelle politische Umstände viel weniger eine Rolle als die Gunst der Stunde. Man schlägt zu, wenn man sicher sein kann, dass das Ziel getroffen wird, ohne dass dabei ein allzu großer Kollateralschaden entsteht, sprich: dass Unbeteiligte sterben. Fachrisadeh stand seit Jahren auf der Abschussliste des Mossad. Dass er gerade jetzt getötet wurde, ist aus israelischer Sicht auch politisch günstig.

Der Tod des iranischen Top-Atomphysikers schließt sich geradezu ideal an den Ausgang der US-Wahlen an. Der Anschlag ist gleichzeitig ein Signal an den künftigen Chef im Weißen Haus. Joe Biden wird das erneute Gespräch mit der iranischen Führung suchen, nachdem die USA vor gut zwei Jahren das Atomabkommen mit Teheran aufkündigten.

Eine Lockerung der unter dem scheidenden US-Präsidenten Donald Trump verhängten und aktuell zusätzlich verschärften Sanktionen wäre jedoch ganz und gar nicht im Sinne Israels. Nicht so schnell und nicht ohne uns! Das ist die Botschaft aus Jerusalem.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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3 Kommentare

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  • Gehen wir mal, rein hypothetisch, davon aus, es waren Kidon oder der Mossad hat irgendwelche Leute angeworben, die Volksmodschahedin würden mir da sofort einfallen.

    Das Atomprogramm lässt sich auch so nicht aufhalten, etwas verlangsamen vielleicht. Für Israel, ist ein von den Sanktionen teilweise befreiter Iran, aber ähnlich gefährlich, wie ein nuklear bewaffneter Iran.

    Die Aussetzung der Sanktionen hat die finanziellen Möglichkeiten des Iran erheblich erweitert und dass die nicht jeden Rial, den sie jetzt mehr zur Verfügung hatten, ins Sozialsystem oder die Wirtschaft des Iran investieren, war auch jedem klar, außer natürlich den Europäern und der Obama Administration. Das ist auch nicht die Schuld von Hassan Rohani, der würde das sicher gerne tun, ist aber, was solche Dinge angeht, nicht derjenige, der im Iran Entscheidungen trifft. So floß also viel Geld und Material an die Partei G'ttes und die anderen iranischen Verbündeten, Teile dieser Verbündeten, befinden sich in kriegerischen Auseinandersetzungen mit Israel.

    Solange also wieder ein ähnlicher Deal mit dem Iran angestrebt wird, läuft dieser israelischen Interessen zuwider und auch den Interessen der VAE, von SA und einiger weiterer Staaten.

    Da muss man Obama wirklich mal danken, hätte der sich nicht so saudämlich angestellt und diesen Deal mit den Iranern geschlossen, obwohl klar war, was der Iran mit dem Extracash macht und so den arabischen Verbündeten in Riad und Dubai nicht nur vor den Kopf stößt, der hat denen mit der Dachlatte dagegen gehauen.



    Die hätten sich sonst nie auf offizielle Beziehungen mit Israel eingelassen.

    Zur Tat und wir bewegen uns hier im rein hypothetischen Raum, ohne Hilfe der USA, wäre es sehr schwierig gewesen. Und das macht es für mich auch unwahrscheinlich, das Israelis am Abzug waren, wir reden hier von einer schwarzen Operation. Kein diplomatischer Schutz, wirst du erwischt, kannst du froh sein, wenn die Iraner dich direkt erschießen, was sie nicht tun werden.

    • @Sven Günther:

      "Die hätten sich sonst nie auf offizielle Beziehungen mit Israel eingelassen" Da war doch mal was mit der saudischen Friedensinitiative, weit vor Obama, die Israel zusammen mit den Staaten der Arabischen Liga Frieden und offizielle Beziehungen anbot im Austausch für ein Ende der Besatzung und einen palästinensischen Staat. War doch so, oder? Und ganz so allergisch auf Austausch mit Israel waren sie auch so nicht. Informelle Beziehungen hatte man die ganze Zeit. Die Saudis und bestimmt nicht nur die beziehen israelische Spionagetechnologie um ihre Opposition in Check zu halten (die Azeris, anderes Thema, beziehen Dronen, mit denen sie die Armenier zur Minna geschlagen haben, im Austausch darf Israel mutmaßlich von azerbaij Boden aus, Anschläge im Iran durchführen) und Katar darf den Leuten in Gaza Geld zustecken, wofür eigentlich Israel zuständig wäre. Noch mal zum Anschlag, Azerbaidschan haben Sie ja auch erwähnt, in der Haaretz stand, man hat sich in den letzten Jahren beim Mossad eine ganze Gruppe iranischer Migranten, frische, nicht aus den 60er Jahren, rausgesucht und die wohl für solche Operationen trainiert, also vllcht muss da noch nicht einmal ein jüdischer Israeli seinen Kopf hinhalten, der mühsam Farsi babeln gelernt hat. Die Volksmuddschahidin wären sicher auch eine Möglichkeit, und es gibt da sogar noch eine Reihe anderer Splittergrüppchen u.a. belutschische Separatisten, Leute die vor Jahren auch die Amerikaner angeheuert haben um dem Atomprogramm nachzuspüren, wie bei S.Hersh mal zu lesen war. Die bekommen da auch Geld und neues Equipment. Win-Win. Man kann da auf jeden Fall auf Erfahrungen und Kontakte zurückgreifen, ist ja nicht der erste Anschlag gg Atomwissenschaftler. In der letzten israel. Zonder TV- Serie bei Kan, "Tehran", die sich um genau solche Ops im Iran dreht, ist übrigens ein iran/armen/jüd. Charakter die Hauptrolle zumindest dem Namen nach: "Rabinyan" vielleicht schicken sie die ja mal bald zur Unterstützung zu den Armeniern.

    • @Sven Günther:

      Sie landen dann in einer Zelle des VEVAK und das wird sehr schmerzhaft und es wird nicht wie in Spy Game laufen, dass sie jemand rettet, sie werden da sterben und am Ende an irgendeinem Kran baumeln. Freiwillige für sowas zu finden, ist schon schwer.

      Und selbst wenn man Freiwillige findet, Israel ist nicht mehr das Land, wie vor 50-60 Jahren. Die Einwanderer, die in ihren Herkunftsländern als Einheimische durchgehen, gibt es doch zumindest aus dem Iran nicht mehr. Und die Sabre können ja meistens nicht einmal Arabisch, geschweige denn Farsi. Und der Iran ist auch nicht die VAE, da fällt man viel mehr auf, es ist eine Sache, als Fremder in einem Land zu wohnen und die Sprache zu sprechen oder als Einheimischer durchzugehen.

      Selbst als Hit and Run über die Grenze von Azerbaijan oder Afghanistan, sehr gefährlich, auch wenn man nur kurz im Land ist.

      Nur weil etwas auf der Welt passiert und man Gemurmel aus Tel Aviv hört, waren die es auch, die kochen auch nur mit Wasser.