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Rassistische Attacke in Bremen-HuchtingAngriff im Nachtbus

Am Wochenende wurde eine Bremerin in einem Nachtbus rassistisch beschimpft und angegriffen. Sie musste ins Krankenhaus.

Schon wieder ein Anlass, um gegen Rassismus zu demonstrieren Foto: Werner Musterer/ Imago

Bremen taz | Sie wurde rassistisch beleidigt, „Scheiß-Afrikanerin“ und das englische N-Wort fielen mehrfach. Dann wurde sie verprügelt und dabei so schwer am Kopf verletzt, dass sie in ein Krankenhaus gebracht werden musste. Dieser Angriff auf eine 20-jährige Frau in einem Bremer Nachtbus im Stadtteil Huchting geschah am Freitagabend. Zu verantworten haben ihn drei Männer, die vermeintlichen Täter waren „alkoholisiert“, meldete die Polizei.

Bereits im Bus begannen sie mit ihren Beleidigungen, „dabei schlugen und traten sie zu dritt auf die Frau ein“, so der Polizeibericht weiter. Die Busfahrerin stoppte den Bus, woraufhin die rassistische Attacke auf der Straße weiterging. „Die Täter sollen mindestens einmal gegen den Kopf und Oberkörper der inzwischen am Boden liegenden Frau getreten haben.“ Zeug*innen kamen der Frau schließlich zur Hilfe und riefen die Polizei, die die Täter festnehmen konnte.

Der Vorfall schlug auch weit über Bremen hinaus Wellen, wie Medienberichte und Reaktionen bei Twitter und Co. zeigen. Montagmorgen meldete sich nun der Bremer Rat für Integration zu Wort. Man sei „fassungslos und traurig“ über die Tat, die „höchst verstörend, rassistisch und sexistisch“ sei.

Der Bremer Rat für Integra­tion nehme zudem eine Zunahme solcher Vorfälle wahr. „Menschen, die als fremd markiert werden, berichten uns immer häufiger von Beleidigungen und gezielten körperlichen Übergriffen“, heißt es in einer Erklärung. Aber nur wenige trauten sich, Anzeige zu erstatten. Besonders häufig seien es Frauen, die von Übergriffen berichteten: „Schwarze Frauen, als fremd markierte Frauen, muslimische Frauen, insbesondere mit Hijab.“

Diese Tat ist höchst verstörend, rassistisch und sexistisch

Bremer Rat für Integration

Der öffentliche Nahverkehr sei dabei ein besonderes Risiko. Daher habe der Rat bereits vor zwei Jahren das Gespräch mit verschiedenen Bremer Institutionen, darunter der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) gesucht, aber „leider erfolglos“.

Dabei wünscht man sich beim Rat für Integration Schulungen für die Mitarbeitenden im ÖPNV, damit diese besser mit solchen Übergriffen umgehen können. Aber auch Kampagnen zur Sensibilisierung der gesamten Gesellschaft, um sich als Zeug*in von „rassistischen, sexistischen und sonstigen gruppenbezogen menschenfeindlichen Taten“ richtig verhalten zu können. Auch an den Landesaktionsplan gegen Rassismus, den das Land laut einem Bürgerschaftsbeschluss aus dem Sommer entwickeln muss, erinnert der Rat.

BSAG-Sprecher Jens-Christian Meyer erinnert sich an keine Gesprächsanfrage durch den Integrationsrat. Mitarbeitende des Unternehmens seien aber in Deeskalation geschult. „Die Kollegin hat sofort Hilfe gerufen“, sagt Meyer über die Busfahrerin von Freitagabend, so wie es das Protokoll verlange. Spezielle Schulungen zu Rassismus gebe es in der BSAG nicht. Bei Angriffen im ÖPNV werde erst einmal kein Unterschied gemacht zwischen rassistischen, sexistischen oder sonstigen Motiven.

Als Reaktion auf den rassistischen Angriff veranstaltete das Bündnis „Solidarität in Bremen“ am Montagabend eine Kundgebung am Roland-Center in Huchting. „Mit der Kundgebung geht es um einen Ausdruck von Solidarität mit der betroffenen jungen schwarzen Frau sowie mit allen anderen Menschen, die von Rassismus betroffen, von sexistischer und rassistischer Gewalt bedroht sind“, erklärte Nazanin Ghafouri vom Bündnis.

Auch die Bremer Beratungsstelle Soliport für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt rief zur Teilnahme an der Demo auf. Ebenso Kai Wargalla, grüne Bürgerschaftsabgeordnete, die twitterte: „Wir lassen das nicht unbeantwortet.“ Das sahen insgesamt rund 100 Demonstrierende ähnlich, auch viele Passant*innen blieben trotz des Regens stehen. Einige Teilnehmer*innen erzählten von ihren eigenen Erfahrungen mit Rassismus.

Die Täter wurden festgenommen und angezeigt

Die drei Angreifer von Freitagabend flüchteten nach dem Vorfall zunächst, nachdem Zeug*innen die Polizei gerufen hatten. Sie konnten jedoch in der Nähe gestellt und vorläufig festgenommen werden. Gegen die drei Männer im Alter von 26, 45 und 49 Jahren wurden Strafanzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung eingeleitet.

Der Staatsschutz der Polizei Bremen ermittelt, der eine eigens für „diese Form der rassistisch motivierten Gewaltkriminalität“ eingerichtete Abteilung hat, sagt Polizeisprecherin Franka Haedke. „Die Ermittlungen werden dort unter Hochdruck geführt.“

Auf eine lückenlose Aufklärung hofft auch der Rat für Integration. „Solche Taten senden fatale Signale an Minderheiten-Communitys in dieser Stadt. Sie sorgen dafür, dass die Kriminalitätsfurcht einzelner Gruppen zunimmt.“ Menschen hätten Angst, sich frei zu bewegen, weil sie sich fürchten, auch Opfer von rassistischen Gewalttaten zu werden.

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4 Kommentare

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  • was der bericht nicht aussagt ...

    die täter waren keine gebürtigen bremer.



    sondern bürger eines eu-nachbarlandes.

    • @adagiobarber:

      Ich verstehe nicht, wie diese Information, wenn’s stimmt, den Ermittlungsstand weiter gebracht hätte.



      Was bringt das genau zu wissen, woher die Täter kommen?



      Eine Antwort würde mich sehr interessieren ADAG.

      • @TRG :

        Den Ermittlungsstand brauchte man nicht weiterbringen, die Täter sind ja ermittelt.

        Eine wichtige Rolle spielt es dagegen in puncto Prävention.

        Der Bremer Aktionsplan gegen Rassismus setzt auf Bildungspolitik.

        Dieser Ansatz wäre sinnfrei, wenn ein relevanter Teil der Tatverdächtigen solcher Delikte in Deutschland keine Schule besucht hat.



        (Ich persönlich glaube nicht, dass man für rassistische Straftaten EU-Ausländer_innen braucht.)

        Darüber hinaus neigt der/die gemeine Zeitungsleser_in dazu, mit solchen Vorfällen sein persönliches Weltbild zu zimmern.

        Macht wohl jede_r.

        In einer Empörungskultur, wo Distanzen an Schärfe verlieren, ist der richtige Haken wichtig, an den man einen Vorfall hängt.

    • @adagiobarber:

      Vielleicht war das für die Berichterstattung nicht wichtig. Rassistische Gewalt erfahren die Betroffenen schließlich überhaupt nicht hauptsächlich von Menschen, die weiter weg registriert sind.