Kurswechsel der US-Notenbank Fed: Machtlos, aber ehrlich

Die Fed gibt mit ihrem Kurswechsel zu, dass sie die Wirtschaft nicht steuern kann. Jetzt muss sie noch Goldfans überzeugen, dass Panik überflüssig ist.

Jerome Powell mit Mundschutz

Fed-Chef Jerome Powell verkündete, auch Inflationsraten jenseits von zwei Prozent pro Jahr zuzulassen Foto: Getty Images/T.Katopodis

Die amerikanische Zentralbank Fed hat endlich die Realität anerkannt. Fed-Chef Jerome Powell hat in einer Grundsatzrede zugegeben, dass die Notenbank machtlos ist. Ganz so deutlich hat Powell es natürlich nicht gesagt, sondern angekündigt, dass man auch Inflationsraten jenseits von zwei Prozent pro Jahr zulassen würde.

Um diese Aussage einzuordnen, ist zweierlei entscheidend. Erstens: Momentan liegt die Inflationsrate in den USA bei 0,6 Prozent, was nur zum Teil an Corona liegt. Zweitens: Die Fed hat alles ausgereizt, um die Geldentwertung anzuheizen. Die Leitzinsen liegen wieder bei null Prozent, und es wurden etwa drei Billionen US-Dollar in die Banken gepumpt. Doch eine Inflation von zwei Prozent ist nicht in Sicht.

Die Fed befindet sich damit in der gleichen unschönen Situation wie die Europäische Zentralbank, die seit Jahren vergeblich versucht, die Geldentwertung anzukurbeln. Zuletzt lag die Inflation im Euroraum bei 0,4 Prozent.

Viele BürgerInnen wundern sich, warum die Zentralbanken eine moderate Geldentwertung erzwingen wollen. Für die KundInnen ist es doch schön, wenn die Preise nicht steigen. Aber für die Notenbanken ist es der Albtraum. Sie haben nur ein wirksames Instrument, um die Wirtschaft zu steuern: die Zinsen. Doch dieses Werkzeug versagt, wenn die Inflation nahe null ist. Würden die Zinsen nämlich deutlich über der Geldentwertung liegen, wären Kredite zu teuer und die Wirtschaft zerstört. Niedrige Inflationsraten erzwingen also niedrige Zinsen – und die einst mächtigen Zentralbanken sind machtlos.

Diesen Teufelskreis hat der Fed-Chef nun eingeräumt. Fragt sich nur: Und jetzt? Dazu schwieg Powell. Denn er hätte zugeben müssen, dass die Macht bei den Regierungen liegt. Sie können die Wirtschaft tatsächlich steuern – indem sie die niedrigen Zinsen nutzen, um Konjunkturpakete zu finanzieren.

Die Regierungen sind auch längst aktiv und wenden weltweit Billionen auf, um die Coronapandemie abzufangen. Doch diese Schulden wecken noch immer Misstrauen, und viele BürgerInnen flüchten ins Gold, weil sie einen Staatscrash befürchten. Schade, dass Powell diesen Panikern nicht erklärt hat, warum ihre Ängste überflüssig sind. Aber vielleicht kommt das ja noch. In der nächsten Rede.

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