piwik no script img

Foto: Valery Sharifulin/TASS/dpa

Machthaber Lukaschenko in BelarusDer einsame Präsident

„Verschwinde!“, rufen Menschen in Belarus Präsident Lukaschenko zu. Wer ist der Mann, der vorgibt, sein Volk zu lieben, es aber niederknüppeln lässt?

A m Montag dieser Woche tritt Ale­xan­der Lukaschenko in weißem Kurzarmhemd in Minsk vor seine Anhänger. Er ist mit dem Hubschrauber gekommen, andere Verkehrsmittel benutzt der belarussische Staatschef offenbar nicht mehr gern. Mit fistelnder, sich überschlagender Stimme, vor sich zwei Mikrofone, versucht er seine Zuhörer*innen auf seine Person einzuschwören. „Ihr habt mich damals gebeten, das Volk vor dem Abgrund zu bewahren und Ordnung zu schaffen. Das haben wir getan. Wir haben mit euch ein schönes Land aufgebaut. Wem wollt ihr dieses Land geben? Wenn das jemand will, werde ich das nicht zulassen, selbst wenn ich tot sein sollte“, sagt er und unterstreicht seine Worte immer wieder mit einem Faustschlag in die Luft.

Manchmal klatschen einige Zuhörer*innen, dann erhebt Lukaschenko gönnerhaft die rechte Hand, wie um die euphorisierten Massen zu beruhigen, die es weit und breit nicht gibt. „Schändet nicht dieses ruhige, friedliche und blühende Land, um das uns alle beneiden! Wir haben keine Verbündeten, alle wollen uns in die Knie zwingen. Ich knie jetzt vor euch nieder, zum ersten Mal in meinem Leben. Ihr habt das verdient“, sagt Lukaschenko.

Ist das vielleicht sein letztes Aufgebot? Und wer ist dieser Mann, der noch vor wenigen Wochen im Wahlkampf sagte, er liebe sein Land, und was man liebe, gebe man nicht her?

Jetzt, nach der offensichtlichen Wahlfälschung, schallt dem Staatschef immer wieder dieses eine Wort entgegen. Es kommt von streikenden Arbeitern der großen Traktorenfabrik, von protestierenden Frauen auf den Straßen, von freigelassenen Demonstranten, die ihre Wunden, die ihnen von Sicherheitskräften zugefügt wurden, zeigen. Es lautet: „Verschwinde!“

Schändet nicht dieses ruhige, friedliche und blühende Land, um das uns alle beneiden!

Alexander Lukaschenko, Präsident

Alexander Lukaschenko wirkt schon lange wie aus der Zeit gefallen. Aber dieser Tage scheint der belarussische Staatschef den Bezug zur Realität verloren zu haben. Seit mehr als einer Woche wird das Land, in dem er seit 26 Jahren herrscht, von Protesten erschüttert. Sicherheitskräfte, Sondereinheiten und der belarussische Geheimdienst, der noch immer den Namen KGB trägt, können den Volkszorn nicht zum Schweigen bringen. Lukaschenko aber hat bisher keinerlei Andeutungen gemacht, von der Macht lassen zu wollen. Seine Biografie kann Erklärungen für dieses Verhalten anbieten.

1996: Lukaschenko ist noch nicht lange an der Macht. Bei der Wahl gibt er sich optimistisch Foto: reuters

Alexander Lukaschenko wird am 30. August 1954 in dem Dorf Kopys geboren. Über den Vater ist nichts bekannt. Die Mutter Ekaterina, die als Melkerin arbeitet, zieht den Jungen allein auf. In der Schule gilt er als schwierig. Schon früh wird Alexander bei der örtlichen Miliz aktenkundig.

Der belarussische Schriftsteller Wladimir ­Nekljajew charakterisiert Lukaschenko als „wandelndes Lehrbuch Freuds“. „Ich kenne ihn sehr gut. Er hat von seiner Kindheit erzählt, und da habe ich verstanden, warum er sich allen anderen gegenüber anders verhält als gegenüber sich selbst. Er ist unter schrecklichen Bedingungen aufgewachsen. Er war das Schmuddelkind im Dorf. Wenn er irgendwo vorbeikam, bekam er einen Klaps auf das Hinterteil. Und er dachte sich: Wenn ich erwachsen bin, werde ich es euch allen zeigen!“ Und genau das tut er jetzt.“

Noch während der Schulzeit lernt Lukaschenko seine spätere Frau Galina Rodionowa kennen, 1975 heiraten die beiden. Im selben Jahr wird ihr Sohn Wiktor geboren, fünf Jahre später kommt Dmitri auf die Welt. Als Lukaschenko 1994 erstmals zum Präsidenten gewählt wird, wir greifen der Geschichte voraus, bleibt Galina in ihrem Heimatdorf Ryschkowytschach, und die Wege der beiden trennen sich. In einem der seltenen Interviews, das Rodionowa gegeben hat, erzählt sie 2005 der russischen Tageszeitung Komsomolskaja Prawda, wie alles begonnen hatte.

Lukaschenko liebt Eishockey, so wie die halbe Nation. Im Dress der Nationalmannschaft 1998 Foto: Vasily Fedosenko/reuters

Ihr Sascha sei jedes Mal vier Kilometer hin- und vier Kilometer wieder zurückgelaufen, bei Wind und Wetter, nur um sie zu sehen. Über Politik hätten die beiden nie miteinander gesprochen. Die wichtigen Entscheidungen habe immer Sascha getroffen, sie habe sich untergeordnet. Auf die Frage, ob sie immer noch verliebt sei, antwortet sie: Natürlich.

1975, da ist Lukaschenko 21 Jahre alt, schließt er sein Studium am Pädagogischen Institut in Mogilow als Lehrer für Geschichte und Gesellschaftskunde ab. Zehn Jahre später erwirbt er nach einem Fernstudium an der Belarussischen Akademie für Landwirtschaft in Gorki zudem ein Diplom als Ökonom für Agro-Industrieproduktion.

Die plötzlich beendete Karriere beim Militär

Zunächst sieht es so aus, als würde der junge Mann Karriere bei Staat und Armee machen. Zwei Jahre lang dient Lukaschenko als politischer In­struk­teur bei den Grenztruppen des sowjetischen Geheimdienstes KGB in Brest, nahe der Grenze zur Volksrepublik Polen. Daran schließt sich eine Tätigkeit als Sekretär des Komsomol, des Jugendverbands der UdSSR, an. Nach seinem Eintritt in die KPdSU arbeitet er von 1980 bis 1982 als Politkommissar bei einer in Minsk stationierten Panzerdivision der Roten Armee. Doch dann muss etwas Einschneidendes geschehen sein: Lukaschenko wird vorzeitig aus der Armee entlassen – wegen Wahnvorstellungen, so heißt es.

Er war das Schmuddelkind. Er dachte sich: ‚Wenn ich erwachsen bin, werde ich es euch allen zeigen!‘ Das tut er jetzt

Wladimir Nekljajew, Autor

Fast 20 Jahre später veröffentlicht die belarussische Zeitung Nascha Swoboda ein medizinisches Gutachten des belarussischen Psychiaters Dmitri Schigelski. Diesem zufolge wurde bei Lukaschenko bereits 1976 eine schwere Persönlichkeitsstörung dia­gnostiziert – ein Befund, den Militärpsychiater 1982 bestätigt hätten. Dem Psychiater gelingt es noch vor dieser Veröffentlichung, sich in die USA abzusetzen. Gegen ihn wird in Abwesenheit ein Strafverfahren wegen Verleumdung des Präsidenten der Republik Belarus eingeleitet.

Zurück im zivilen Leben, steht Lukaschenko Mitte der 1980er Jahre in Gummistiefeln im Landleben – eine Pose, in der er sich bis zum heutigen Tag gern präsentiert. Er wird zunächst stellvertretender Direktor einer Kolchose, wechselt ein Jahr später zu einem Kombinat für Baumaterial, bevor er 1987 nach einem kurzen Intermezzo als Parteisekretär der Kolchose „Lenin“ zum Direktor der Sowchose Gorodetz avanciert. Dieses Amt bekleidet er formal bis 1994.

Wie Alexander Lukaschenko Politiker wurde

Lukaschenko macht erste Gehversuche in der Politik. Es ist die Zeit von Michail Gorbatschows Perestroika und Glasnost. Der Generalsekretär der KPdSU glaubt, das erstarrte sozialistische System reformieren zu können. Für März 1989 setzt Gorbatschow Wahlen zum Kongress der Volksdeputierten an – es ist die der erste halb freie Wahl in der 70-Jährigen Geschichte der Sowjetunion.

Alexander Lukaschenko tritt im Wahlkreis Mogilow an und unterliegt in der zweiten Runde nur knapp. Ein Jahr später gelingt Lukaschenko in der Stichwahl der Sprung in den Obersten Sowjet der belarussischen Sowjetrepublik. Dort leitet er zunächst eine Ad-hoc-Kommission zur Durchleuchtung der kommerziellen Strukturen in den Machtorganen, bevor er die Leitung der Kommission zum Kampf gegen Korruption übernimmt.

Im März 1991 erscheint in der Narodnaja Gaseta unter dem Titel „Diktatur: Eine Variante für Belarus?“ ein programmatischer Text Lukaschenkos, in dem er mit der herrschenden Nomenklatura abrechnet. „Es ist lächerlich, dass sie immer wieder dasselbe wiederholen: dass die Opposition im Obersten Sowjet ein Ungeheuer sei und diejenigen Belarussen, die die Opposition unterstützen, destruktive Elemente. Wenn die konservativen Kräfte glauben, uns in die Vergangenheit zurückwerfen zu können, dann vergesst diese Gedanken“, heißt es darin.

Kurz nach Erscheinen dieses Pamphlets wird Lukaschenko einer der Führer der neu gebildeten Parlamentsfraktion „Belarussische Kommunisten für Demokratie“. Nach dem August-Putsch in Moskau, der niedergeschlagen wird, aber Michail Gorbatschow nur für wenige Monate in seinem Amt rettet, fordert Lukaschenkos Partei ein Verbot der Kommunistischen Partei.

Am 8. Dezember 1991 tragen Russland, die Ukraine und Belarus die Sowjetunion im belarussischen Erholungsgebiet Belaweschskaja Puschtscha zu Grabe. Zwei Tage später liegt das Abkommen zur Auflösung der Union dem belarussischen Parlament zur Abstimmung vor. Alexander Lukaschenko enthält sich. Später wird er sagen, dass die Auflösung der Sowjetunion die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts gewesen sei – ein Satz, der auch von Russlands Präsident Wladimir Putin überliefert ist.

Antikorruptionskämpfer Lukaschenko bleibt am Ball. Im Spätherbst 1993 beschuldigt er 70 Personen aus dem Dunstkreis der weißrussischen Regierung, darunter das formale Staatsoberhaupt Stanislaw Schuschkewitsch, der Korruption. Obwohl die Berechtigung der Vorwürfe niemals bewiesen wird, erklärt Schuschkewitsch, seinen Posten niederlegen zu wollen. Für den Sommer 1994 werden Präsidentschaftswahlen angesetzt. Jetzt geht es für Lukaschenko ums Ganze.

Der Dauer-Präsident

In seinem Wahlstab schart Lukaschenko junge ambitionierte Leute um sich, alle kaum älter als er selbst. Einer von ihnen, Wiktor Gontschar, der später die Seite wechselt, wird es 1999 zu trauriger Berühmtheit bringen. Der ehemalige Vorsitzende der Wahlkommission verschwindet spurlos, genauso wie drei weitere prominente Kritiker Lukaschenkos. 2004 kommt ein Sonderermittler des Europarats zu dem Schluss, dass Todesschwa­dronen des belarussischen Innenministeriums für die Entführungen verantwortlich seien.

Lukaschenkos Wahlprogramm von 1994 ist so einfach wie griffig: Senkung der Inflation, Stopp der Verarmung der Bevölkerung, Kampf gegen Mafia und Korruption sowie Wiederherstellung der Beziehungen zu den Republiken der ehemaligen Sowjetunion, vor allem zu Russland. Die Botschaft kommt gut an. Am 10. Juli wird Lukaschenko mit 80,1 Prozent der Stimmen zum ersten Präsidenten der Republik Belarus gewählt. Es ist exakt derselbe Stimmenanteil, den er 26 Jahre später wieder für sich reklamieren wird.

Am Ende? Dem Präsidenten von Belarus will sein Volk nicht länger zuhören Foto: Valery Sharifulin/imago

Schon kurz nach seinem Amtsantritt macht sich „Batka“ (Väterchen), wie er fortan im Volksmund genannt wird, daran, Schritt für Schritt seine Art von Demokratie aufzubauen. Kritische Politiker und unabhängige Medien sehen sich wachsendem Druck ausgesetzt. Bei einem Referendum 1995 besorgt sich Lukaschenko einen Freifahrtschein, um den Obersten Sowjet aufzulösen, sollte dieser die Verfassung verletzen. Ein Jahr später dürfen die Untertanen wieder an den Urnen strammstehen. Angeblich stimmen 70,5 Prozent für ein weiteres fünfjähriges Mandat von Lukaschenko und die Ausweitung seiner Vollmachten, etwa das Recht, das Parlament aufzulösen. Davon macht er umgehend Gebrauch und stellt eine Kammer aus willfährigen Abgeordneten zusammen. Damit ist die parlamentarische Demokratie in Belarus tot. Ein dritter Volksentscheid 2004 macht den Weg für eine Präsidentschaft auf Lebenszeit frei.

Feinde überall

Aber die Feinde lauern auch außerhalb der Landesgrenzen – damals wie heute. 1998 werden mehrere westliche Botschafter konspirativer Umtriebe verdächtigt und aus ihren Büros und Wohnungen vertrieben. Dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle, der es gewagt hatte, ihn zu kritisieren, lässt Lukaschenko 2012 ausrichten, es sei immer noch besser, ein Diktator zu sein, als schwul. Kurz zuvor vertraute Lukaschenko der ­Washington Post an, er verfüge gar nicht über die Ressourcen eines Diktators.

2006 hat Lukaschenko diese Ressourcen offenbar noch. Er habe die Wahl gefälscht, gibt er später zu. Eigentlich seien es 93,5 und nicht 86 Prozent der Stimmen für ihn gewesen, aber das Ergebnis habe etwas europäischer aussehen sollen.

Zwei Jahre später lernen die Belaruss*innen ihren Landesvater dann von einer ganz anderen Seite kennen. Lukaschenko taucht mit einem kleinen Jungen in der Öffentlichkeit auf. Aus „Batka“ wird „Papa“, so schreibt es der belarussische Journalist Pawel Scheremet, der dann 2016 von einer Autobombe in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zerfetzt werden wird, in der russischen Zeitung Ogonjok. Der Junge mit dem Namen Kolja, dessen Mutter Lukaschenkos ehemalige Leibärztin Irina Stepanowa sein soll, wird seinem Vater fortan nicht mehr von der Seite weichen. Er fehlt auf kaum einer der eher seltenen ­Auslandsreisen. Er begleitet seinen Vater ins Stadion, wo sich der passionierte Eishockeyspieler gerne entspannt. Auch der Besuch einer blutverschmierten ­Minsker U-Bahn-Station, wo im April 2011 bei einer Explosion 15 Menschen getötet werden, bleibt Kolja nicht erspart. Zwei Männer, ­deren Täterschaft nicht bewiesen ist, werden ­dafür per Genickschuss ­hingerichtet – es sind nicht die ­Einzigen, denen das geschieht während Lukaschenkos Herrschaft.

2014 hat der belarussische Präsident ein Erweckungserlebnis: Russlands Annexion der Krim und der Ausbruch des Krieges in der Ostukraine führen ihm plastisch vor Augen, was die Unverletzlichkeit der Grenzen und letztendlich die Souveränität auch seines Landes wert sind. Er geht auf vorsichtige Distanz zu Wladimir Putin und dient sich dem Westen an. Von dem russischen Präsidenten ganz distanzieren kann er sich nicht – zu umfassend ist die wirtschaftliche Abhängigkeit von dem großen Bruder. Doch politische Gefangene kommen frei, Visumerleichterungen folgen, und Minsk wird zum Austragungsort von Verhandlungen über die Entschärfung des Konflikts in der Ukraine.

Der belarussische Politikwissenschaftler Waleri Karbalewitsch, der eine Biografie über Lukaschenko verfasst hat, nennt zwei Faktoren, um den Aufstieg und die Langlebigkeit des autoritären Regimes in Belarus zu erklären. Es seien Lukaschenkos unstillbarer Machthunger und die Sehnsucht der belarussischen Gesellschaft nach einer Art sowjetischer Stabilität. Letztere bedient der Präsident, in dem er die sowjetische Staatswirtschaft in einen staatlich dirigierten Kapitalismus überführt: Mehr als 80 Prozent aller Betriebe befinden sich in Staatsbesitz

Dann kommt das Jahr 2020 und mit ihm die Coronakrise. „Batka“ nennt die Pandemie eine „Psychose“ und empfiehlt Wodka, Saunagänge und Arbeit an frischer Luft. Bei der Siegesparade am 9. Mai lässt er Tausende Militärs und Claqueure aufmarschieren, um den Tag gebührend zu begehen. Derweil steigt die Zahl der Infizierten.

Alexander Lukaschenko sei eine Geisel des Systems, das er selbst geschaffen habe, schreibt Karbalewitsch. „Er hat keine andere Wahl, als zu versuchen, lebenslänglich an der Macht zu bleiben.“

Genau das tut er. Doch um Lukaschenko wird es einsam, jeden Tag ein wenig mehr. Intellektuelle, Künstler, Journalisten, Fabrikdirektoren, vereinzelt schon Staatsbeamte und Polizeikräfte kündigen ihm die Gefolgschaft auf. Das bis vor Kurzem noch scheinbar unerschütterliche Regime zerfällt – stetig und unaufhaltsam. Lukaschenko kämpft – noch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Ich empfehle Ihnen Vergleiche zu ziehen mit der Rhetorik der Assads in Syrien zu Beginn des Volksaufstands 2011:



    dort wurde an die Wände vieler Orte gesprüht: "Assad oder wie brennen das Land nieder". durch Soldaten.



    In Belorus schreit Lukaschenko ins Mikro: "Das Land geht unter, wollt Ihr dass das Land kaputt geht?"



    Also eine gedankliche Ähnlichkeit: "Ich oder der Untergang."



    Sind Sie darauf gefasst oder sind Sie davon überzeugt, dass isolationistisches Zuschauen das einzig richtige ist?

  • also wie gesagt, an die Unaufhaltsamkeit glaub ich leider noch nicht, dem widerspricht eigentlich alles, sowohl die Beschreibung seiner, Lukaschenkos Persönlichkeitsstruktur als auch die schützende Hand Putins. Weißrusslands mag wirtschaftlich unwichtig sein, ist aber für Russland als Pufferstaat essenziell, ließe Putin dem Land die lange Leine oder es gar von der Leine, machte das ganze Gerede der russischen Rechtfertigungs- PR von der Einkreisung keinen Sinn. Die Argumentation, dass "die Weißrussen" ja eigentlich ein gutes Verhältnis zu Russland hätten, schon weil sie sprachlich u kulturell einander so nahe seien und deshalb ganz bestimmt nicht nach Westen abhauen wollten, soll in erster Linie eine Beruhigungspille für Putin sein, doch die wird er wohl kaum schlucken, überzeugt nicht wirklich. Sprache u Kultur verpflichten zu keiner Nibelungentreue. Schon gar nicht wenn die Grenzen nach Westen offen stehen. Der Zwang kommt von wo anders. Sicher, viel kommt darauf an, wie Lukaschenko die Proteste eindämmt, also möglichst unblutig, aber doch zwingend, sollte er hier und darin wie man Führungsfiguren der Opposition ausschaltet (siehe Nawalny, Nachhilfe brauchen, wird Putin die ihm schon geben. Im Gegenzug wird Putin in nächster Zukunft größeres Wohlverhalten L's einfordern, jetzt leichter da L nun jegliche Legitimität verloren hat. Mittelfristig kommt dann der nächste Schritt: die Wiedervereinigung, deren Grundlage L ja dummerweise selbst geschaffen hat, durch den jetzt auch wieder im Munde geführten "Staatenbund", da er die Sowjetunion am liebsten wieder zurück wollte. Naja, und wir können nur zuschauen. Der Westen wird nicht allzu lange und allzu sehr Prinzipien reiten, im Namen der Normalität und der Stabilität wird er schon bald wieder zur Tagesordnung übergehen. So wird es wohl kommen. Leider

  • Heute lese ich, dass die EU-Kommission 53 Millionen Hilfszahlungen für die "Opfer von Unterdrückung und staatlicher Gewalt", sowie für der "Zivilgesellschaft und unabhängigen Medien" (O-Ton U.v.d. Leyen) bereitstellen will.



    Ein gefundenes Fressen für die Propaganda von Putin und Lukaschenko! Wieder liefert man - meineserachtens naiv - bestes Kanonenfutter für eine Wiederholung der militärischen Intervention Russlands im Ukraine-Konflikt.



    Hat man nichts gelernt?

    • @Frank Ströber:

      50mio für die Bekämpfung der Pandemie, der Rest für die Zivilgesellschaft

  • Hm, der Umgang mit "Machthabern" scheint mir doch etwas selektiv. As Sisi z..B. lässt "sein Volk" nicht nur niederknüppeln, sondern gleich zu Tausenden erschießen, oder verschwinden. Nun gut, Mursi war ein "Islamist", aber immerhin demokratisch gewählt. Erdogan, Kurden? Prinz Salman der Zersäger? Vlt. sollte Lukaschenko seine Waffen im Westen einkaufen,



    dann wäre sein Umgang mit den Bürgern nur halb so schlimm. Pecunia non olet ;-)

  • Wenn Belarus-Machthaber Lukaschenko noch einen Funken Ehre im Leibe hat, tritt er selbst zurück und wartet nicht, bis er zurückgetreten wird, wie in Mali Präsident Keïta!

    • @Pfanni:

      Und was dann? Weiter wie in der Ukraine? NATO-"Iran-Abwehr"-Raketen in Minsk? Verkauf der staatseigenen Betriebe an Investoren?

      • @niewiederspd:

        Also lieber weiter Diktatur, Massenverhaftungen, Folter? Meinen Sie "NIEWIEDERSPD" von rechts außen oder von linksaußen?