piwik no script img

Aktivistin Sanaa Seif in ÄgyptenIn den Minibus gezerrt

Protestikone Alaa Abdel Fattah sitzt seit Jahren im Gefängnis. Nun wurde auch seine Schwester Sanaa Seif in Kairo entführt und zum Verhör gebracht.

Auch damals schon nur kurzzeitig auf freiem Fuß: Sanaa Seif im Jahr 2014 Foto: Amr Nabil/ap

Berlin taz | Für die Familie der ägyptischen Aktivistin Sanaa Seif begann die Woche mit Gewalt – und gipfelte in Seifs „Entführung“, wie ihre ältere Schwester am Dienstag sichtlich verzweifelt in sozialen Netzwerken mitteilte. Demnach wurde die 26-Jährige am Dienstag vor dem Sitz der Staatsanwaltschaft in Kairo in einen Bus gezerrt und für ein Verhör zur Staatsanwaltschaft für Staatssicherheit gebracht. Seifs Anwalt bestätigte die Angaben.

Damit hat das ägyptische Regime bereits zwei Mitglieder der Familie hinter Gitter gebracht, die für ihren unermüdlichen Einsatz für Demokratie und Menschenrechte bekannt ist. Alaa Abdel Fattah, Sanaa Seifs älterer Bruder, sitzt mit kurzen Unterbrechungen bereits seit 2013 im Gefängnis, kurz nachdem sich Präsident Abdel Fattah al-Sisi im Juli desselben Jahres an die Macht geputscht hatte. Er ist einer der prominentesten Aktivisten des Landes und war eine der führenden Stimmen der Ägyptischen Revolution von 2011.

Am Montag hatten Sanaas Schwester Mona Seif und ihre Mutter Laila Soueif vor dem Tora-Gefängnis in Kairo auf einen Brief von Alaa Abdel Fattah gewartet. Nach Angaben der Familie sowie von Amnesty International wurden sie von einer Gruppe von Frauen mit Stöcken geschlagen und ausgeraubt. Sicherheitskräfte seien zwar anwesend gewesen, seien aber nicht eingeschritten. Mona Seif verbreite Fotos der Verletzungen auf Twitter.

Empfohlener externer Inhalt

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen:

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Am Dienstag dann, als sich die Familie bei der Staatsanwaltschaft, über den Angriff am Vortag beschweren wollte, sei Sanaa Seif festgenommen worden. „Sanaa wurde gerade von einem Kleinbus vor der Generalstaatsanwaltschaft entführt!“, schrieb ihre Schwester auf Twitter. Laut Amnesty International werden ihr „Verbreitung von Falschnachrichten“, „Missbrauch sozialer Medien“ sowie „Anstiftung zu Terrorismus“ vorgeworfen.

Dreiste Sicherheitskräfte

Die Menschenrechtsorganisation verurteilte die Festnahme von Sanaa Seif wie auch den Angriff am Montag: „Sanaa Seif und ihre Familie leiden seit Jahren unter Schikane und Einschüchterung, weil sie sich für die Menschenrechte einsetzen, aber mit den Ereignissen der vergangenen zwei Tage wurde ein neuer Tiefpunkt erreicht.“

Weiter teilte Philip Luther, Nahost-Direktor von Amnesty International, am Dienstagnachmittag mit: „Die Tatsache, dass Sanaa Seif von der Staatsanwaltschaft direkt vor der Staatsanwaltschaft festgenommen wurde, zeigt, wie dreist die ägyptischen Sicherheitskräfte geworden sind.“

Sanaa Seif war schon während der Revolution von 2011, die zum Sturz des langjährigen Machthabers Hosni Mubarak führte, politisch aktiv. 2014 verurteilte ein Gericht die damals 20-Jährige zu drei Jahren Haft, nachdem sie an einer Demonstration gegen ein umstrittenes Demonstrationsgesetz teilgenommen hatte. Im Folgejahr kam sie im Rahmen einer Amnestie jedoch wieder frei.

Unter anderem als Kamerafrau war Seif an dem militärkritischen Dokumentationsfilm „The Square“ beteiligt, der die Revolution 2011 und ihre Folgen behandelt und 2014 für einen Oskar nominiert wurde. Sie kommt aus einer politisch aktiven Familie, die bereits unter Mubarak in der Opposition aktiv war. Seifs Mutter ist die Menschen- und Frauenrechtsaktivistin Laila Soueif, die Mathematik an der staatlichen Universität in Kairo lehrt.

Seifs Vater Ahmad Seif al-Islam war ein landesweit prominenter Menschenrechtsanwalt zu Zeiten Hosni Mubaraks und darüber hinaus. Als er 2014 starb, saßen Sanaa Seif und ihr älterer Bruder beide im Gefängnis. An seiner Beerdigung konnten sie nur umringt von zivil gekleideten Sicherheitskräften teilnehmen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 /