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ARD nach der Corona-PauseEndlich neues Krimi-Material

Nach der Coronapause verspricht die ARD neue Krimi-Produktionen. Vielleicht könnte sie auch Stoffe recyclen – das wäre dann sogar nachhaltig.

So ist das Kommissarleben wirklich: Charly Hübner im Einsatz bei Polizeiruf 110 Foto: NDR

H ach, da kann man sich also beruhigt wieder auf die Couch fläzen. Pünktlich zur demnächst anstehenden Sommerpause des „Tatort“ hat die ARD nämlich bekannt gegeben, dass sie noch genügend Leichen im Keller hat. Nach der kleinen Sende- bzw. Wiederholungspause geht es mit frischen Fällen weiter, Corona hin oder her.

Dabei beschleicht einen schon jetzt beim ein oder anderen Krimi im deutschen Fernsehen das Gefühl, die Senderreserven seien am Ende. Ewige Wiederholungen rufen blöderweise immer gleich ein paar FDP-Strategen auf den Plan, die dann deswegen den Rundfunkbeitrag halbieren wollen.

Jetzt haben aber schon alle Ferien- bzw. Sehnsuchtsorte der deutschen TV-Gemeinde ihre Ermittler*innen. Das ist manchmal so schön wie bei den frühen Edgar-Wallace-Filmen. Da hat Hansjörg Felmy angeblich den waschechten Kommissar bei Scotland Yard gemimt, bis die Londoner Pappkulisse wackelte und Klaus Kinski aus dem Schrank fiel. Was also tun?

Es liegen in den Schnitträumen und auf den illegal dezentralisierten Speichern doch garantiert noch ein paar Terrabyte nicht benötigtes Drehmaterial. Wäre doch gelacht, wenn sich daraus nicht noch ein paar Krimis der Extraklasse zusammenstückeln ließen. Solches Re- bzw. Upcycling ist außerdem gerade in und die Sender haben ohnehin Nachholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit.

Drehen mit Thermoskannen

Das wäre dann mal wirklich „Green Production“, so ganz ohne Extra-Reisefußabdruck im Flieger. Tonnen von Pappbechern wie beim Außendreh am Set braucht’s dann keine, im Schnittraum wird auf Porzellan serviert. Ach ne, das war bei den Intendant*innen. Aber im Schnitt haben alle ihre Thermoskannen mit.

Dann könnten sich die „Tat­ort“-Kom­mis­sa­r*innen treffen, ohne dass erst umständlich Dreh- und Auftrittspläne real engagierter Schauspieler*innen abgestimmt werden müssen und für die Dreharbeiten nur ein halber Donnerstag bleibt, weil nur da alle gleichzeitig können.

Noch verrückter: Wenn ARD und ZDF ihre Resteschnipsel beitragsschonend gemeinsam verwerten würden, könnte Charly Hübner mal bei der Soko Leipzig Nora Tschirner und Christian Ulmen zeigen, wie Kommissar wirklich geht. Vielen Krimis wird ja heute schon vorgeworfen, sie wären ziemlich sinnfrei-unverständlicher Quark. Also käme es darauf auch nicht mehr an.

Damit das Ganze nicht aus dem Ruder läuft, wird zudem ab sofort eine Programmpolizei eingeführt, die in einem zusätzlichen funk-Kanal für Ruhe, Ordnung und Reste von Logik sorgt. An die können sich dann alle Zuschauer*innen mit Lob, Fragen und sachdienlichen Hinweisen wenden. Und natürlich auch mit Kritik. Das würde beim Krimi auch zu mehr Realitätsnähe führen, wenn alle Küchenkommissar*innen vom Sofa aus mit ermitteln.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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