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Zukunft der Sternbrücke in HamburgMehr Streit um Stabbögen

Nach Anwohner*innen und Fachleuten stößt sich nun auch die Bezirkspolitik an den Sternbrücken-Plänen. Stadt und Bahn wollen aber daran festhalten.

Schön oder nicht? Die geplante Brücke zementiert eine Fixierung aufs Auto Foto: DB Netz AG/Vössing Ingenieurgesellschaft

Hamburg taz | Was lange währt: Seit über zehn Jahren plant die Deutsche Bahn nun schon herum an der Zukunft der Sternbrücke: Seit 2009 gibt es Überlegungen, die alte Bahnbrücke Stresemannstraße Ecke Max-Brauer-Allee abzureißen und eine neue zu errichten. Eine langwierige Sache: Mehrere dann bedrohte Musikclubs – „Waagenbau“, „Fundbureau“ und „Astra Stube“ sowie die anfangs noch nicht existierende „Beat-Boutique“ – erhielten wiederholt Aufschub, zuletzt bis Ende 2021.

Mitte April nun kam wieder Bewegung in das Projekt – und richtiggehend Gegenwind auf. Zuletzt rumorte es in der Politik auf Bezirksebene: Einen Grünen-Antrag gegen ein Weiter-So und für mehr Mitsprache hat vergangene Woche der Planungsausschuss fraktionsübergreifend gestützt.

Denn bekannt geworden war im April auch, wie die Kreuzung einmal aussehen soll: Eine Stabbogenbrücke mit Lärmschutzwänden überspannt auf den Entwürfen die Kreuzung – üppig hinausragend über die umgebenden Gebäude. Der Protest richtete sich dann auch aufs Ästhetische. So murrte etwa auch die Linksfraktion über „eine 108 Meter lange, wuchtige Konstruktion nach dem Vorbild der Fehmarnsundbrücke“.

Auch ist die bestehende Brücke denkmalgeschützt, und der Denkmalverein auch Teil der jungen Sternbrücken-Beschützer*innen-Initiative. Diese bemängelte früh das Fehlen von Transparenz bei der Planung, und das taten dann auch der Architektenbund und die Ingenieurskammer: Wo ein nachvollziehbarer Ideen-Wettstreit hingehört hätte, erkannten diese Praktiker*innen nur im Hinterzimmer Entworfenes.

Empfehlung nach oben

Im Beschluss vom 20. Mai verweist der Altonaer Planungsausschuss auf das Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG).

Handlungsbedarf für den Senat ergibt sich aus Paragraf 27: Demnach kann die Bezirksversammlung in „Angelegenheiten, die für den Bezirk von Bedeutung sind“, deren Erledigung aber nicht in seine Zuständigkeit fällt, Empfehlungen an die zuständige Behörde aussprechen.

Diese muss innerhalb von sechs Wochen mitteilen, ob und, wenn ja, wie „die Empfehlung Berücksichtigung findet“.

Von einem „federführend von der Freien und Hansestadt Hamburg koordinierten Beteiligungsverfahren“ war in einer Bahn-Mitteilung am 15. April die Rede, das „Anlieger und interessierte Bürger in die Entwicklung der Neugestaltung des Umfelds einbeziehen“ solle. Die Wirtschaftsbehörde erklärte am Montag: Unabhängig vom Planungsprozess der Bahn habe „die Behörde für Stadtentwicklung Gestaltungsalternativen untersucht, die der Öffentlichkeit in den nächsten Wochen im Transparenzportal der Stadt zugänglich gemacht werden“. Ob die dann aber ernsthafte Alternativen darstellen?

Der Kern des Problems stellt sich Beobachter*innen so dar: Das Äußere der geplanten Brücke – auch das zwingende Aus für die Musikclubs, die derzeit noch die Kasematten nutzen – ist die Folge einer Prämisse seitens der Stadt: Anders als die alte darf die neue Brücke keine Säulen haben; auf der Stresemannstraße sollen vier Fahrspuren für den motorisierten Verkehr bereitstehen – bei aller Neugestaltung würden sich also Fußgänger*innen und Radfahrende weiterhin um ein wenig Gehweg streiten müssen.

War da nicht was mit der werdenden Fahrradstadt an Alster und Elbe? Martin Bill, verkehrspolitischer Sprecher der Bürgerschafts-Grünen sowie stellvertretender Landesparteichef, verweist auf Anfrage auf die Parteifreund*innen im Bezirk Altona.

Die Bahn sieht trotz des Altonaer Ausschussvotums keinen Handlungsbedarf: Seit 2014 habe man „einen intensiven Austausch mit der Stadt und auch dem Bezirk Altona gehabt, der zu der jetzigen Lösung führte“, erklärte am Montag ein Sprecher auf taz-Anfrage. „Für diese Lösung haben wir von der Stadt einen klaren Planungsauftrag erhalten, den wir auch weiterhin verfolgen, es gibt zwischen der Stadt und der Bahn eine Vereinbarung, genau diesen Brückenentwurf zu realisieren.“

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5 Kommentare

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  • Der Status Quo ist auch deshalb eine Katastrophe, weil der Autoverkehr (wie leider fast überall in HH) voranging behandelt wird. Man könnte hier ja die Chance nutzen und diese veralteten Prioritäten einfach mal in Frage stellen und eine der vorhandenen Spuren für Bus und Fahrrad reservieren. Dann klappt das auch mit Pfeilern auf der Straße.

  • Alle schreien Klimaschutz, aber sobald die Bahn etwas bauen will, wird blockiert und behindert, bevorzugt aus der linken und grünen Ecke. Dabei kann man kaum behaupten, dass die Ecke jetzt schöner ist - es geht einfach darum, das sich nichts ändern darf.

    • @Ruediger:

      Hier geht es um das Gegenteil vom Klimaschutz. Hier geht es darum, den Autoverkehr maximal zu fördern, indem dir Brücke zu Lasten der Bahn (extrem teuer), der Anwohner*innen (extremer Eingriff) und der Fußgänger*innen und Radfahrer*innen (zu wenig Platz für die erwartbare Menge bei Fertigstellung) gigantomanisch geplant wird.

      Würde der Klimaschutz und die eigenen Vorgaben der Stadt Hamburg zur Verkehrsentwicklung ernst genommen werden, würde die Straße auf zwei Fahrbahnen verengt werden. Dann könnte geprüft werden, ob eine Brücke ohne Stützen dann passt oder mit einer Stütze gebaut werden muss. Das wäre Klimaschutz, Stadtentwicklung und modern.

      • @bicyclerepairman:

        gestapelt!!!

      • @bicyclerepairman:

        Zunächst mal geht es darum, dass die Bahn eine neue Brücke braucht. Mit dieser neuen Brücke gibt es zumindest auch die Möglichkeit, ordentliche Fahrradspuren auf die Straße zu machen. Der Status Quo ist für den Fahrradverkehr eine absolute Katastrophe, mit Zwischenpfeilern sind vernünftige Radspuren nicht möglich.