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Leopoldinaforscher über NaturschutzSchluss mit Billigfleisch

Mitglieder der Wissenschaftsakademie raten zu einer höheren Steuer auf Fleisch und Milch. Das soll den Konsum senken – und die Artenvielfalt schützen.

Muuuuh: Kälber auf einem Biobauernhof Foto: Matthias Bein/dpa

Berlin taz | Forscher der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leo­poldina fordern höhere Preise für Fleisch und Milch, um den Verlust von Tier- und Pflanzenarten zu reduzieren. Die Mehrwertsteuer beispielsweise für Steaks und Butter solle von derzeit 7 auf die regulären 19 Prozent erhöht werden, schreiben 13 Mitglieder der Gelehrtengesellschaft in einem neuen Diskussionspapier.

Sollte der Konsum dieser Produkte trotzdem nicht ausreichend sinken, müssten diese auch durch einen vom Treibhausausstoß abhängigen Aufschlag verteuert werden. Zusätzlich raten die Forscher zu Bildungs- und Aufklärungskampagnen sowie der Förderung neuer Speisepläne in Kantinen und der Ausbildung von Köchen, um den Verzehr tierischer Produkte und die Nahrungsmittelverschwendung zu senken.

„Die Erzeugung von Fleisch, Milch und anderer Tierprodukte stellt eine bedeutende Ursache für den Biodiversitätsverlust und den Klimawandel dar“, die sich gegenseitig beeinflussten, erläutern die Wissenschaftler. Dieser Teil der Landwirtschaft „nimmt 60 bis 70 Prozent der globalen wie auch der europäischen Agrarflächen (Grünland und Acker) in Anspruch, davon durchschnittlich 40 Prozent der Ackerflächen zum Futtermittelanbau“.

Fleisch und Milch lieferten aber nur 18 Prozent der globalen Nahrungsmittelkalorien. Rund 70 Prozent der Regenwaldverluste in Südamerika wurden dem Papier zufolge durch die Fleischproduktion verursacht. Etwa 80 Prozent des globalen Artenverlusts entstehe, weil zum Beispiel Wälder gerodet und intensiv landwirtschaftlich genutzt werden. Gleichzeitig würden rund 14,5 Prozent der Treibhausgase für tierische Produkte ausgestoßen.

Reform der Agrarsubventionen

Die Einnahmen aus der erhöhten Mehrwertsteuer „könnten zum Sozialausgleich, Biodiversitätsschutz und zur Förderung von technischen Maßnahmen einer emissionsärmeren Tierhaltung eingesetzt werden“, ergänzen die Wissenschaftler. „Produkte aus dem Ökolandbau könnten weiterhin steuerbegünstigt bleiben.“

Zudem verlangen die Forscher, die EU-Agrarsubventionen nur noch für umwelt- und grundwasserschonende Bewirtschaftungsformen zu zahlen, den Einsatz von Düngern und Pestiziden durch Abgaben auf diese Stoffe zu vermindern, landwirtschaftlich genutzte Moore wieder zu vernässen und Naturschutzgebiete noch besser zu schützen und zu erweitern.

Der Deutsche Bauernverband wollte sich auf taz-Anfrage am Freitag nicht zu dem Papier äußern.

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28 Kommentare

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  • Förderkonzept für die Fleischindustrie

    Die USt ist eine prozentuale Abgabe. Damit wird teueres Fleisch um einen höheren Betrag verteuert als Billigfleisch. Damit werden dann die industriele Fleischerzeugung zusätzlich gefördert. Beim Export wird die USt abgezogen. damit wäre das Konzept eine Exportsubvention.

    Was helfen würde wäre eine Erhöhung der Löhne in der Fleischindustrie, und stärkere Ausrichtung der Produktionsbedingungen in Richtung Nachhaltigkeit.

  • Den Lebensmittel-Anteil bei Hartz IV verdoppeln, dann kann auch das Fleisch deutlich teurer werden.

    • @Kunz:

      Hieße also 561 statt 416 €.



      Dann wird die Hemmschwelle, arbeiten zu gehen, deutlich erhöht.

      • @zzzap:

        Ohne Arbeitsplätze hat das ganze mit Hemmschwelle nichts zu tun, und wenn man dank geringster Löhne bei Vollzeitarbeit trotzdem von der ARGE nicht loskommt schwindet die Motivation noch mehr.

  • Vielleicht würden die Leute weniger Fleisch essen, wenn jeder einmal sehen würde, wie Schlachtvieh gehalten wird. Nicht im Fernsehen, sondern in natura. Da würden vielleicht einige zum Vegatarier. Oder man würde den Kindern süße, unter guten Bedingungen gehaltene Jungtiere zeigen, und ihnen erklären, woher die Wurst kommt. Hat bei mir prima funktioniert.

  • Keine Mwst-Erhöhung.



    Wenn alle Arbeiter vernünftig bezahlt würden (siehe gerade jetzt "Subunternehmer Schlachthöfe), würde der Fleisch- und Milchprodukteverbrauch aufgrund höherer Kosten automatisch sinken.



    Aber vernünftige Bezahlung in der Fleischindustrie und Tönnies geht ja nun mal gar nicht zusammen ...

  • Ich lese Leopoldina, ich weis es ist Neoliberaler nonsense.



    Leopoldina steht für gekaufte Wissenschaft. Just saying.



    Wenn wir nicht langsam aufhören immer wieder die gequirrlte Scheisse zu wiederhohlen die uns die Neoliberalen auf die Zunge legen, dann gute Nacht.



    Hier wieder Leopoldina, die schon für den Abbau der Krankenhäuser zuständig waren. In jeder scheiss Sendung von Markus Lanz, Maybritt Illner etc. hängt ein Mitglied von "INSM - Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" rum. (Mindestens einer manchmal auch mehr).



    Bertelsmann Stiftung schreibt schon Gesetze. Tolle Demokratie wo Reiche sich einfach die Meinung kaufen können.



    Wenn die Medien sich schon als unabhängig bezeichnen, wie wäre es mit unabhängigerer (Ich weis niemand völlig unabhängig) Wissenschaft als Quelle.

  • Die Verteuerung von Lebensmitteln treibt Geringverdiener und Menschen, die von Hartz IV/Grundsicherung leben, in den Hunger. Die Sätze sind so berechnet, dass es ohne Hähnchenschenkel für 2 € das Kilo und Bremsklotzkäse für 5 € das Kilo nicht geht. Perfiderweise ist es nahezu unmöglich, von den geltenden Sätzen eine mangelfreie vegane Ernährung zu bezahlen. Gerade pflanzliche Lebensmittel, vor allem proteinreiche wie Hülsenfrüchte und Nüsse, sind in den letzten Jahren immer teurer geworden, so dass ein Kilo Protein aus Quark oder Fleisch deutlich billiger ist als ein Kilo Protein aus Hülsenfrüchten. Ich kann mir das auch ohne Aluhut nur so erklären, dass dieser Umstand politisch gewollt ist.

    • @Kunz:

      Mit einem Kilo Hähnchenfleisch und einem Kilo Käse kann eine vierköpfige Familie gut ohne jeden Protein- und Vitamin-B-Mangel für eine Woche auskommen. Die Idee einer Verteuerung durch Steuern ist sicher nicht die Beste. Ich präferiere die Abschaffung von Massentierhaltung und Tierquälerei, was letztlich den gleichen Effekt auf die Teuerung hätte.



      Man muss aus mehreren Gründen aussteigen: Ethische, klima- und naturschutzbedingte und epidemologische fallen mir ohne weiteres Nachdenken ein. Wenn ein System nicht klappt, muss man es wohl umstellen.

      • @Hampelstielz:

        Da stimme ich zu !

        Nur wird das System der Fleischerzeugung in Deutschland garantiert nicht geändert solange eine Frau wie Julia Klöckner so gut mit den Lobbyisten zusamenarbeitet. das Probem ist, daß die Politiker die eine Änderung herbeiführen könnten kein Interesse haben daran, weil sie auf irgend eine Art vom jetzigen System profitieren und zudem immer wieder gewählt werden, weil eine Mehrheit der Wähler entweder das Lobbyismus-Problem nicht erkennt oder den leuten schlicht egal ist wie ekelhaft das produziert wird was sie täglich essen.

        • @rugero:

          Man müsste eine komplett neue Verschwörungstheorie in die Welt setzen: Das Landwirtschaftsministerium, so wie die gesamte Regierung auch, wird heimlich gesteuert von - Lobbyisten der Wirtschaft! Aber nein, völlig uninteressant für den Durchschnittsverschwörungsidioten, weil zu nah an der Wahrheit ...

      • 0G
        02195 (Profil gelöscht)
        @Hampelstielz:

        Diejenigen die anderen weismachen wollen, das man von den Sozialsätzen gut leben können: Wasser predigen und Wein trinken. Die Lebensmittelpreise explodieren gerade in manchen Segmenten und viele Tafeln sind noch zu.

        • @02195 (Profil gelöscht):

          So Argumente ad hominem liebe ich ja ganz besonders, die sorgen immer für so eine gepflegte Diskussion.

          Preis 1 Kg Erbsen (Hülsenfrüchte) 1,59 €



          shop.rewe.de/p/ja-...erbsen-1kg/7083761

          Preis 1 Kg Speisequark 1,50 €



          shop.rewe.de/p/ja-...stufe-500g/9393595

          Preis 1 Kg Hähnchenschenkel2,72 €



          shop.rewe.de/p/ja-...el-ca-1-1kg/139976

          Alle 3 von der günstigen ja! Hausmarke von ReWe, klären sie mich doch mal auf, was spricht da gegen die Hülsenfrüchte?

          • @Sven Günther:

            Der Preis für Speisequark bezieht sich auf 500 g bei 12% Proteingehalt gegenüber 30% bei Fleisch. 1l Milch kostet 0.99, und das auch nur dank Preisdrückerei und Industrieproduktion. Also keine andere Situation als beim Fleisch.

            • @Martin_25:

              Darum ist ja auch der Preis/KG angegeben, der muss ja trotzdem ausgezeichnet werden.

  • Das "Konzept" hätte auch vom Verband der Massentierhalter und der Fleischindustrie stammen können. Erschreckend, wie unkritisch das hier präsentiert wird. Als ob Preiserhöhungen von 12% die Tierquälerei infolge Massentierhaltung nur ansatzweise verhindern würden.

    Es liegt in der Hand des Gesetzgebers, durch andere Rahmenbedingungen die Fleischproduktion drastisch hinsichtlich Qualität und Tierwohl zu verbessern. Die Vorschläge der Leopoldinaforscher sind wohlfeil und wirklich erschreckend belanglos.



    Ich wüsste auch nicht, was an diesen Vorschlägen Ergebnis einer Forschung sein soll. Das sieht doch nach Gefälligkeitsvorschlag für die Massentierhalter aus. Deprimierend ist das. Nach der marktkonformen „Lösung“ CO2 Steuer jetzt die marktkonforme „Lösung“ für die massenhafte Fleischproduktion. Ebenfalls über Steuererhöhungen. Das ist Umwelt-, Naturschutz und Klimapolitik unter dem Aspekt, möglichst alles beim Alten zu lassen.

  • Erzeugung ohne Massentierhaltung, keine Subvention für Käfigmast, Qualzuchten usw. Alles andere bringt nichts, reine Augenwischerei.

    Deutschland kann problemlos Freilandhaltung und 100% Bio durchsetzen und würde immer noch Überschüsse produzieren. Momentan sterben Hähnchen für Centbeträge (18ct ist meine letzte Info) und Schweine für € 20.- Das geht nicht.

    Abgesehen davon sind so gut wie alle Wurstprodukte absoluter Müll. Versalzen, mit Industriefetten und Wasser gestreckt. Das ist doch keine gesunde Nahrung.

    PS:



    Für Eier vom Erzeuger müssen wir 50km fahren. (hin+zurück, Wohnort Hamburg). Aber anders geht's nicht. Subventionierte Biohühnerfarmen am Stadtrand würden den Staat so gut wie nichts kosten.

    • @el presidente:

      Man kann demeter-Freilandeier, Milch uvm. z.B. vom Hof Dannwisch liefern lassen. Machen wir hier in der Wedderau auch. Und Erzeugermärkte gibt's doch in Hamburg auch schede Menge :-).

      • @hessebub:

        Und wo soll das ökologischer sein, wenn die Bauern ins Haus liefern, als wenn es im Supermarkt im Wocheneinkauf erledigt wird? Die Qualität ist sicherlich besser, und der CO2 Ausstoß sicherlich höher. Wer nicht direkt neben dem Bauern wohnt hat also nichts davon.

      • @hessebub:

        Kann schon sein, aber ich traue solchen Sachen nicht. Wir kaufen nur direkt vom Hof, keine Zwischenstationen.

        Ich will die Zustände auf dem Hof live sehen, und keine dämlichen Zertifikate.

  • Höhere MWSt trifft gerade die Geringverdiener besonders.



    Richtige Maßnahmen wären:



    - Haltungsstandards 1 u. 2 (u.a. Kastenhaltung) sofort verbieten (!)



    - Antibiotika-Missbrauch (speziell Reserveantibiotika) rigoros verbieten



    - Gülle-Verwendung drastisch reduzieren (in NRW wird sogar Gülle aus Holland ausgebracht, da Holland riguroser !)



    - Subventionierung des Schweinefleisch-Exports drastisch reduzieren, da fast 50% des Fleisches in den Export geht (auf Kosten der Nitratverseuchung des Grundwassers)



    - Verursacherprinzip anwenden, d.h. wer Böden versäucht (mit Gülle), muss auch die Kosten der Wasseraufbereitung zahlen !!!



    Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen, aber vorerst genug !!

    • @Thüringer:

      Das Ergebnis auf die Teuerung würde meinem knappen Geldbeutel durch die von dir richtigerweise vorgeschlagenen Maßnahmen nicht geringer ausfallen. Ganz im Gegenteil. Deine Vorschläge sind aber aus gleich mehreren Gründen richtig.

    • @Thüringer:

      Als Geringeinkommerin wünsche mir dennoch eine höhere Umsatzsteuer auf Wurst- und Fleischprodukte, zumindest auf konventionelle. Einmal die Woche ein Stück Fleisch reicht zumindest für einen im Büro tätigen Mitteleuropäer, bei "Feiertagen" vielleicht auch zweimal, damit der Übergang, die Gewöhnung für einige einfacher gelingen kann.

      Antibiotika sind in der Tierproduktion, aber auch beim Menschen endlich, endlich drastisch zu reduzieren und bestimmte zu verbieten. Aber das steht auch schon mind. 25 Jahre auf der Agenda.

      Und ja, Gülle und Geflügelkot wird sogar aus den Niederlanden auch bis nach Rheinland-Pfalz auf die Äcker und in Biogasanlagen gefahren - kostenfreie Lieferung, da günstige Entsorgung, inklusive.

      • @Hanne:

        Gerade das ist ja bei der USt. Erhöhung nicht besser. Wer am Konsum sparen möcht kann das auch jetzt schon tun. Auf die Qualität der Produkte und die Lebensqualität der Tire hat das allerdings keinen Einfluß.

  • RS
    Ria Sauter

    Da fällt als Habdlung nur die Erhöhung der Mehrwertsteuer ein?



    Wie unfassbar traurig ist das denn!

  • Auf der Verbraucherseite die Mehrwertsteuer zu erhöhen wäre ein rein politisches Signal. Der Verbrauch geht davon nicht zurück. Selbst die Stadionbratwurst hat schon deutlich größere Preissprünge hinter sich.



    Auf der Erzeugerseite die Subventionen anders einzusetzen, Güllerichtlinien durchzusetzen, dass wird zu einem reduzierten Angebot und damit höheren Preisen führen. Nur dürfte das nicht durch EU oder globale Importe unterlaufen werden. ZB über TTIP Abkommen, mit denen Großproduzenten aus den USA hier in den Markt gedrückt werden.

  • Die Steuer ändert leider nichts an den miserablen Produktionsbedingungen.



    Im Gegenteil, es muss noch billger produziert werden, um den Aufschlag einzusparen.

    Es wäre deutlich sinnvoller, die Produktionsbedingungen zu verschärfen:



    Keine Antibiotike, mehr Stallfläche, weniger Gülle auf die Felder ...

    Damit sinkt die Produktion deutlich zügiger als über den indirekten Hebel der Steuer.

    Aber solche Eingriffe sind ja schrecklicher Dirigismus.

  • Ist ja alles nix Neues, aber solange der oberste Industrie-Agrarlobbyist in Deutschland immer gleichzeitig Landwirtschaftsminister ist und die Blödzeitung nur bei der Erwähnung des Wortes vegetarisch Hetzkampagnen auf AfD-Niveau lostritt ändert sich auch nichts. Zumal ja nicht das Grundgesetz, sondern viel und billig fressen und saufen das de-facto Rückgrat der deutschen Demokratie darstellt, so hat man sich den "mündigen" Bürger hier seit den 50er Jahren erzogen.