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Ministerpräsidentenwahl in ThüringenHöcke tritt als Kandidat an

Die AfD will am Mittwoch ihren Rechtsaußen Björn Höcke als Gegenkandidaten zu dem Linksparteiler Bodo Ramelow ins Rennen schicken.

Will Björn Höcke Führer von Thüringen werden? Oder nur die CDU vor sich hertreiben? Foto: Christian Jungeblodt

Berlin taz | AfD-Rechtsaußen Björn Höcke tritt am Mittwoch bei der Wahl zum Thüringer Ministerpräsidenten an. Das teilte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Torben Braga, mit und postete den Wahlvorschlag auf Twitter.

Die Landtagsverwaltung hat dies bestätigt. Höcke tritt damit gegen den Linke-Politiker Bodo Ramelow an, dessen rot-rot-grünes Wunschbündnis im Thüringer Landtag keine eigene Mehrheit hat.

Ramelow fehlen vier Stimmen für eine absolute Mehrheit, die er bereits im ersten Wahlgang aus den Reihen der CDU oder der FDP holen will. Sollte Ramelow mehr als die 42 Stimmen von Rot-Rot-Grün bekommen und als Ministerpräsidenten gewählt werden, hätten CDU und FDP ihr Versprechen gebrochen, auf keinen Fall einen Linksparteiler zu wählen, so AfD-Mann Braga süffisant.

Die CDU vor sich her zu treiben, scheint also das eigentliche Ziel der Kandidatur zu sein. Dass tatsächlich Abgeordnete jenseits der AfD-Fraktion für Höcke stimmen, scheint fast ausgeschlossen zu sein. Schließlich ist Höcke, den man mit gerichtlichem Segen als Faschisten bezeichnen darf, die Führungsfigur des extrem rechten „Flügels“.

„Es gibt keine Alternative zu Bodo“

Der „Flügel“ wird vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall im Bereich Rechtsextremismus eingestuft. Zuletzt berichtete die Zeit, dass nun Björn Höcke auch selbst mit nachrichtendienstlichen Mitteln vom Verfassungsschutz überwacht wird.

Die Wahl des FDP-Mannes Thomas Kemmerich mit den Stimmen von CDU und AfD zum Ministerpräsidenten hatte Anfang Februar ein politisches Beben ausgelöst. Kemmerich ist inzwischen zurückgetreten und nur noch geschäftsführend im Amt.

Die CDU hat danach mit Rot-Rot-Grün eine Stabilitätsvereinbarung geschlossen, die eine Wahl von Ramelow vorsieht. Sie betont seitdem aber stets, die Fraktion werde den Linken nicht wählen. Das allerdings schließt nicht aus, dass vier CDU-Abgeordnete dennoch für diesen stimmen werden.

„Dem letzten muss klar werden, dass es keine Alternative zu Bodo Ramelow gibt“, schrieb Linkspartei-Landes- und Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow nach der Ankündigung der AfD unter #bodooderbarberei auf Twitter. „Die Demokrat:innen müssen – bei allen Differenzen – zusammen halten.“

Ähnlich äußerte sich die Parlamentarische Geschäftsführerin der Thüringer Landtagsgrünen, Astrid Rothe-Beinlich. „Wir setzen darauf, dass Bodo Ramelow am Mittwoch im ersten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt wird“, twitterte sie. „So geht Verwantwortung und das sollte allen bewusst sein.“ Sonst blieben nur sofortige Neuwahlen. Die aber will die CDU auf gar keinen Fall.

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14 Kommentare

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  • Schwierige Situation für CDU und FDP. Beide Kandidaten unwählbar. Ich hoffe dass Thüringen die Ausnahme bleibt, d.h. dass man nur die Wahl hat zwischen einem rechtsextremen Nazi und einem (gemäßigten) Linksextremen. Ramelow mag ja ein passabler Ministerpräsident sein, allerdings hat er sich bis heute noch nicht dem Begriff Unrechtsstaat angenähert. Nachdem die Linke auf der Strategiekonferenz in Kassel die Masken hat fallen lassen, kann man die Verwendung des Begriffes Äquidistanz bei CDU/FDP auch nicht mehr kritisieren. Sowohl links als auch rechts tun sich im Moment Abgründe auf. Hoffentlich erkennen das die (noch nicht radikalisierten) Menschen.

    • @Ritschie:

      Bodo Ramelow ist also gemäßigt linksextrem XD

  • Ich bin ja mal gespannt, was jetzt passiert!



    Die Hintermänner in der AfD und deren berater sind zu gewiefte Taktiker und Strategen, als das sie irgend etwas dem Zufall überlassen würden.



    Wenn die Nominierung Höckes nicht wieder ein taktischer Schachzug mit Haken und Ösen ist, den die AfD nutzen wird, um das herrschende System vorzuführen, dann bin ich der Kaiser von China !!!

    • @Denkender_Buerger:

      Ich überlasse Ihnen gerne die Ansicht dass die Afd "gewiefte" Taktiker beherbergen, ziehe aber vor sie hinterfotzig zu nennen. In meiner Heimat ein gängiger Begriff und selten passender als dieses undemokratische rumgefrickel der AfD.

      • @Sehrsehrernstundtoll :

        Im Übrigen sollte man die Sache mal nüchtern-objektiv betrachten:



        Die Wenigsten wählen die Linke oder die AfD aus Überzeugung, sondern aus Protest gegen die herrschenden Verhältnisse. Und wenn diese Protestwähler schon eine nahezu erdrückende Mehrheit haben ( mehr als die Hälfte haben die AfD oder die Linke gewählt, rund ein Drittel der Wahlberechtigten ist der Wahl gleich ganz fern geblieben!), dann kann doch irgend was nicht stimmen.



        Darüber sollte man mal nachdenken und reden !!!



        Und da mehr politisch Bildung fürs Volk zu fordern (wie es vielfach gefordert wurde) ist nicht Demokratie, sondern Demagogie !!!



        Wenn hier jemand politische Bildung braucht, dann sind das eine ganze Reihe von Politikern - vor allem aus dem Lager der vielgepriesenen bürgerlichen Mitte!

      • @Sehrsehrernstundtoll :

        Es mag ja sein, daß sich einige Vertreter der AfD undemokratsch verhalten bzw. undemokratische Ansichten vertreten.



        Fakt ist aber, daß die AfD demokratsch gewählt wurde und damit demokratisch-parlamentarische Rechte besitzt. Und diese zu nutzen - das gehört nun mal zur Demokratie denknotwenig dazu wie der Tod zum Leben.



        Und davon abgesehen:



        Die Kungeleien, Mauscheleien und Ränkespiele, weche die anderen Parteien jetzt in Thüringen inszeniert haben sind unter demokratischen Aspekten mehr als zweifelhaft.



        Und die frage, wie es überhaupt passieren konnte, daß zwei Parteien von den politischen Rändern (Linke und AfD) in einem Bundesland die parlamentarische Mehrheit haben stellt schon lange keiner mehr.



        Anders gesagt:



        Demokratie bedeutet Volksherrschaft - und nicht Volksbevormundung ...

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Am Mittwoch werden wir wissen, was die Uhr geschlagen hat.



    Ich wage zu behaupten: der neue Ministerpräsident Thüringens heißt Björn Höcke.



    Der Damm ist gebrochen.



    Die Abgeordneten der FDP und der CDU werden böse Rache an der LINKEN nehmen.



    Endlich dürfen sie sich im braunen Pfuhl suhlen.

    • @82286 (Profil gelöscht):

      So ein Blödsinn, es wäre politischer Selbstmord für CDU und FDP Höcke zu wählen!

      • 8G
        82286 (Profil gelöscht)
        @Saile:

        Der Höcke stellt sich nicht zur Wahl, nur um sich ne' Watschen abzuholen.

  • "Zuletzt berichtete die Zeit, dass nun *Bernd* Höcke auch selbst mit nachrichtendienstlichen Mitteln vom Verfassungsschutz überwacht wird."



    Ist das so gewollt? ;)

  • 6G
    68514 (Profil gelöscht)

    AfD-Mann Braga hat wohl nicht aufgepaßt? Ramelow hatte im dritten Wahlgang 44 Stimmen erhalten. Also haben ihn bereits zwei Abgeordnete von CDU oder FDP gewählt. Naja, ist halt eine geheime Wahl und die Abgeordneten sind letztlich ihrem eigenen Gewissen verpflichtet. Vielleicht war's ja auch jemand von der AfD? Letzteres würde ich mal bezweifeln, und wenn doch, was würden sie damit beweisen wollen? Ich glaube, hier ist alle Aufregung umsonst. Und mit Neuwahlen wird es dann auch nicht lange dauern.

    • @68514 (Profil gelöscht):

      Neuwahlen sind erst nächstes Jahr vorgesehen. Oder hat sich der Plan geändert?

      • 6G
        68514 (Profil gelöscht)
        @Mephisto:

        Nicht daß ich wüßte, aber reicht ja so auch.

  • Ein Faschist zum Abwatschen. Politisch, selbstverständlich.