piwik no script img

Hannibals VereinUniter verliert Gemeinnützigkeit

Der Verein Uniter, der durch paramilitärische Trainings und bizarre Rituale aufgefallen ist, ist nicht mehr steuerlich begünstigt.

Eine Torte in Form des Uniter-Logos auf einer Vereinsfeier Foto: privat

Stuttgart/Berlin dpa/taz Das Finanzamt in Stuttgart hat dem umstrittenen Verein Uniter die Gemeinnützigkeit entzogen. Das erklärte der Verein am Freitagabend schriftlich. Zuvor hatten WDR und Süddeutsche Zeitung darüber berichtet. Dem Bericht zufolge hat das Finanzamt Uniter schon im Herbst vergangenen Jahres die Gemeinnützigkeit entzogen.

Der Verein sei zunächst im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens dagegen vorgegangen. Mitte Februar sei der Widerspruch aber zurückgewiesen worden. Man werde dagegen „keine Klage einreichen und die Sache auf sich beruhen lassen, da der Verein in der Schweiz gemeinnützig ist und der Verein in Deutschland sich bereits in Liquidation befindet“, teilte das Uniter-Presseteam auf Anfrage mit. Eine Sprecherin des Finanzministeriums in Stuttgart wollte sich unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht zu der Sache äußern.

Der Verein Uniter wurde ursprünglich als Zusammenschluss aktiver und ehemaliger Spezialkräfte von Bundeswehr und Polizei gegründet. Maßgeblich dabei war der damalige KSK-Soldat André S. alias „Hannibal“, der auch eine Reihe von Chatgruppen koordinierte, in denen sich so genannte Prepper auf einen „Tag X“ vorbereiten. Mehrere Mitglieder dieser Gruppen stehen unter Rechtsterrorverdacht. André S. selbst wurde jüngst wegen Verstoßes gegen das Waffen- und das Sprengstoffgesetz verurteilt. In einem weiteren Vefahren laufen noch Ermittlungen.

Umzug in die Schweiz

Der Verein hatte seinen Sitz zunächst in Halle an der Saale und wurde dann 2016 in Stuttgart neu gegründet. Gründungsvorsitzender war ein Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, wie taz-Recherchen ergaben. Vergangene Woche wurde bekannt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) den Verein Uniter zum „Prüffall“ erklärt hat.

Das BfV sieht „erste tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung“. Interne Vereinsdokumente, die die taz veröffentlicht hat, zeigen strikte Hierarchien, bizarre Rituale und die zentrale Rolle von Ausbildungen an Waffen und in Kampftechniken.

Uniter war im Zuge der Ermittlungen zu Franco A. ins Visier der Behörden geraten. Bei dem Bundeswehrsoldaten, der Mitglied der Chatgruppe „Süd“ war, wurde mindestens ein Uniter-Patch gefunden und er nahm nach taz-Recherchen an Veranstaltungen teil, die von Teilnehmenden als Uniter-Veranstaltungen bezeichnet wurden. Franco A. hatte sich als syrischer Flüchtling ausgegeben. Er steht im Verdacht, aus einer rechtsextremen Gesinnung heraus, Anschläge geplant zu haben und muss sich deswegen vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verantworten.

Wie die taz berichtete, ist der Verein gerade dabei, seinen Sitz in die Schweiz zu verlegen, wo auch die aktuellen Vorsitzenden leben. In Deutschland soll er deswegen aufgelöst werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Nachdem den Staatsorganen immer wieder Blindheit auf dem rechten Auge bescheinigt wurde, sollte nunmehr anerkannt werden, dass anscheinend ein Heilungsprozess in Gang kommt. Und der Fall „Uniter“ ist durchaus keine Bagatelle. Mal sehen, ob die Schweiz dem deutschen Beispiel folgt!