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Vertrauensvotum für Regierung im LibanonNeue Gesichter, alte Lösungen

Julia Neumann
Kommentar von Julia Neumann

Im Libanon sitzen nach den Massenprotesten zwar neue Minister*innen im Kabinett. Doch das alte System bleibt bestehen.

Trotz der andauernden Proteste bleibt alles beim Alten Foto: Hussein Malla/ap

D as Parlament im Libanon hat der designierten Regierung ihr Vertrauen ausgesprochen. Die politischen Reibereien im Vorfeld der Abstimmung waren eine Farce. Sie zeigen, dass trotz vier Monate dauernder Aufstände alles beim Alten bleibt. Was als Revolution mit der Absetzung der korrupten Elite vollendet werden sollte, bleiben unbeantwortete Aufstände. Der neue Regierungschef Hassan Diab ist zwar Universitätsprofessor, seine Riege ist jedoch eng mit dem alten System verbandelt.

Seine Regierung genießt die Unterstützung der irannahen schiitischen Hisbollah und ihrer Mitstreiter. Während Diab auf ihr Vertrauen bauen kann, entziehen die politischen Gegner rund um seinen sunnitischen Vorgänger Saad Hariri der Regierung das Vertrauen. Es sind die alten konfessionellen Rivalitäten, von denen sich die Menschen befreien wollten.

Diabs politischen Absichten sind keine Visionen, sondern recycelte Vorschläge seiner Vorgänger. So hält er an der Idee fest, mit Fiskalreformen 11 Milliarden US-Dollar von internationalen Investoren anzulocken. Das schafft kurzfristig Abhilfe und sichert den dringend benötigten Dollar-Vorrat im Land, um die Stabilität der libanesischen Währung zu sichern. Langfristig aber erhöht es die Schuldenlast des Landes – das schon jetzt nicht imstande ist, seine Schulden zurückzuzahlen. Auch den Vorgänger-Vorschlag zum Haushalt für 2020 winkte man schnellstmöglich durch.

Von einem politischen Umbruch ist nichts zu spüren. Stattdessen wartet Diab mit Lippenbekenntnissen auf: Er wolle die Unabhängigkeit der Justiz garantieren und Anreize schaffen, in den produktiven Sektor zu investieren. Der Libanon produziert kaum Güter und ist auf teure Importe von Medizin, Öl, Gas und Lebensmitteln aus dem Ausland angewiesen. Die libanesischen Institutionen sind durchzogen von korrupten Strukturen. Die Ideen sind langfristig gut, doch schwer umzusetzen.

Die dringenden wirtschaftlichen Probleme packt Diab nicht an. Am Dienstagmorgen versprach er, die Geldanlagen auf den Banken zu sichern. Wie ihre neoliberalen Vorgänger spielt die neue Regierung der Wirtschaftselite in die Hände. Statt endlich den Reichen in die Taschen zu greifen, wird die Bevölkerung mit Steuererhöhungen und fallenden Löhnen im öffentlichen Sektor belastet.

Dieser Artikel wurde aktualisiert um 10.05 Uhr.

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Julia Neumann
Korrespondentin Libanon
Auslandskorrespondentin für Westasien mit Sitz in Beirut. Hat 2013/14 bei der taz volontiert, Journalismus sowie Geschichte und Soziologie des Vorderen Orients studiert. Sie berichtet aus dem Libanon, Syrien, Iran und Irak, vor allem über Kultur und Gesellschaft, Gender und Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Für das taz Wasserprojekt recherchiert sie im Libanon, Jordanien und Ägypten zu Entwicklungsgeldern.
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