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Australische Tierwelt in GefahrTote Koalas sind erst der Anfang

Wissenschaftler fürchten, die anhaltenden Brände in Australien könnten fatale Folgen für das gesamte Ökosystem haben.

Flüchtendes Känguru in Canberra, Australien, am 5. Januar 2020 Foto: Lukas Coch/AAP image/reuters

CANBERRA taz | Der Koala in dem Wildtier-Rettungszentrum in der Nähe der australischen Hauptstadt Canberra, ist gar nicht zufrieden. Er knurrt wie ein Hund, als ihn sein Helfer aus dem Schlaf holt, um ihm seine verbrannte Pfote mit Salbe einzustreichen. Die kuschelig aussehenden Tiere sitzen am liebsten ruhig in einer Astgabel und verdauen.

Das kleine Beuteltier – Koalas sind keine Bären – gehört allerdings zu den Glücklichen. Tausende seiner Artgenossen waren in den vergangenen Wochen zu langsam, um den rasenden Feuersbrünsten zu entkommen. Sie verbrannten, oder sie wurden schwer verletzt von Rettern gefunden und mussten eingeschläfert werden.

Den bisher wohl größten Zoll an dieser Spezies forderten am Wochenende die Feuer auf der Känguruinsel südlich der Stadt Adelaide in Südaustralien. Ersten Schätzungen zufolge sollen allein dort bis zu 25.000 der ikonischen australischen Tiere verbrannt sein.

Der drastische Einschnitt in diese Kolonie allein könne schon fast existenziell bedrohlich sein für die Koalas, glauben Spezialisten. Da weite Teile des Lebensraums auf absehbare Zeit zerstört bleiben, drohe den Überlebenden der Hungertod. „Koalas fressen nur Blätter ganz bestimmter Eukalyptusarten. Wenn das Ausbreitungsgebiet dieser Bäume zerstört ist, können die Tiere nicht einfach zur nächsten Kolonie spazieren“, so der Tierarzt und Wildtierexperte Dr Zach Lederhose.

Womöglich bis zu einer Milliarde Tiere tot

Die Zahl der getöteten oder verletzten Koalas verschwindet allerdings im Vergleich zur vermuteten Gesamtzahl der bisher alleine im Bundesstaat New South Wales in den Flammen umgekommenen Wildtiere. Wie der Ökologieprofessor Chris Dickman von der Universität Sydney am Montag meinte, könnten in den vergangenen Wochen und Monaten bis zu einer Milliarde Säugetiere, Vögel und Reptilien getötet worden sein.

In einer Studie war der Forscher von 480 Millionen Tieren ausgegangen, die seit Beginn der Brände im September Opfer der Flammen geworden seien – eine bewusst konservative Schätzung. „Die Zahl schließt Säugetiere, Vögel und Reptilien ein, nicht aber Insekten, Fledermäuse oder Frösche. Der tatsächliche Verlust an Tierleben wird wahrscheinlich viel höher sein als 480 Millionen“, so die Universität.

Die Tierwelt des Bundesstaates sei schon ohne Feuer ernsthaft bedroht und stehe unter wachsendem Druck durch von Menschen verursachten Bedrohungen, wie Landrodungen, der Ausbreitung exotischer Schädlinge und dem Klimawandel.

Feuer sind in diesem Jahr heißer und erratischer

Die Erderwärmung wird von Experten auch für die Gefährlichkeit und Unberechenbarkeit der in vielen Gebieten Südostaustraliens weiter tobenden Buschfeuer verantwortlich gemacht. Feuer gehören zwar zum Ökosystem in Australien, seit tausenden von Jahren. Einige Pflanzen können sich sogar nur vermehren, wenn ihre Samenkapseln der Hitze oder dem Rauch eines Feuers ausgesetzt werden und sich öffnen können.

Doch Feuerwehrleute klagen, die Feuer seien in diesem Jahr viel intensiver, heißer und erratischer. Überdurchschnittlich lange Trockenzeiten, mangelnde Niederschläge – beides Folgen der Erderwärmung – hätten die Vegetation so ausgetrocknet wie das noch nie vorher der Fall gewesen sei, so führende Klimaforscher.

Vor allem die bekannten australischen Tierarten ziehen in diesen Tagen die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich. Auf sozialen Medien werden Videos von Koalas, die Fahrradfahrer um Wasser anbetteln, hunderttausendfach geklickt.

Folgen sind fatal für das gesamte Ökosystem

Der Ökologe Dickman warnte am Montag, es sei notwendig, auch die Bedeutung anderer, weniger attraktiver oder bekannter Tiere zu sehen – vor allem von kleineren, bodenbewohnenden Arten. „Es ist sehr wichtig, dass auch diese Tiere genügend große Lebensräume haben“. Die Feuer hätten den Großteil der Biotope mehrerer bereits gefährdeter Arten zerstört. Die Folgen sind nicht nur für die betroffenen Tiere fatal, sondern potenziell für das gesamte Ökosystem.

Als Beispiel führt der Wissenschaftler das kleine Beuteltier Potoroo an. Dieses Säugetier lebt in Wäldern und ernährt sich in erster Linie von Pilzen. „Dabei trägt es Pilzsporen durch die Landschaft, die wiederum von Grünpflanzen benötigt werden, um sich nach einem Brand wieder zu erholen“. Die Forschung habe „noch keine Ahnung, was geschieht, wenn eine Tierart nach einem Brand komplett aus dem System verschwunden ist.“

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