piwik no script img

Wirtschaftliche Folgen des KlimapaketsSozialer Ausgleich fehlt

Das Klimapaket hilft der Wirtschaft. Davon profitieren aber laut gewerkschaftsnahen Ökonomen vor allem Besserverdienende.

Die Bahn wird billiger, bleibt für arme Leute aber weiter oft zu teuer Foto: Stephan Elsemann/plainpicture

Berlin taz | Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) kritisiert die Sozialverträglichkeit des Klimapakets der Bundesregierung. Es belaste einkommensschwache Haushalte stärker, während die darin vorgesehenen Entlastungen besonders Besserverdienenden zugutekämen. „Es ist mehr sozialer Ausgleich nötig“, sagte Sebastian Dullien, Direktor des Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, bei der Vorstellung des wirtschaftspolitischen Jahresausblicks.

Insgesamt sei das Klimapaket wirtschaftlich sinnvoll, der darin vorgesehene CO2-Preis stelle aber „die Frage nach einer wirksamen sozialen Abfederung“, so Dullien. Ein CO2-Preis von 35 Euro pro Tonne führt nach Berechnungen des Instituts zu jährlichen Mehrausgaben von 89 Euro pro Person. Die Haushalte mit dem geringsten Einkommen müssen danach einen dreimal so hohen Anteil ihres Nettoeinkommens für Preissteigerungen aufwenden wie Haushalte mit hohem Einkommen. 2021 soll die Bepreisung bei 25 Euro starten, 2023 sollen 35 Euro erreicht werden.

Zur Abfederung der Mehrausgaben habe die Bundesregierung zwar Ausgleichsmechanismen beschlossen, diese griffen aber nicht für alle Einkommensklassen gleichmäßig. Durch die Senkung der EEG-Umlage und die geplante Erhöhung der Pendlerpauschale profitierten Menschen mit hohem Einkommen besonders, sagte Dullien. Wer weniger als den Grundfreibetrag von 9.408 Euro im Jahr verdiene, habe hingegen trotz der versprochenen Mobilitätsprämie das Nachsehen.

Ähnlich wirke die Senkung der Mehrwertsteuer im Fernverkehr der Deutschen Bahn von 19 auf 7 Prozent. Darüber freuten sich die Besserverdienenden, denn Menschen mit wenig Geld würden sich die relativ teuren Fahrkarten nicht leisten, sagte der Ökonom mit Verweis auf Fahrgastuntersuchungen. Einzig die Erhöhung des Wohngelds um 10 Prozent im Jahr 2021 wirke der ungleichen Lastenverteilung tatsächlich entgegen.

Erneut forderte Dullien mehr Investitionen im Zusammenhang mit dem Klimapaket. Statt der veranschlagten 25 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren hält das IMK 155 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren für notwendig.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Solange nicht bei den Größten Verursachern angesetzt wird, sondern nur bei denen mit dem geringsten Anteil, ist das für mich kein "Klimaschutz" sondern Schutz der Industrie und dem militärischen Komplex. Oder kann mir mal jemand erklären, warum man auf das Autofahren verzichten soll, wenn die ca. 750 Mio. Autos gerade einmal einen Anteil von 1% haben? Oder warum soll ich auf das Fliegen verzichten, wenn der weltweite Flugverkehr gerade einmal einen Anteil von unter 3% hat? Warum redet man darüber nicht nur jeden Freitag sondern jeden Tag?



    Dagegen die Bau Industrie hat einen Anteil von über 50%, oder die Textilindustrie, die sind schmutziger als alle 750 Mio. Autos und der gesamte Flugverkehr zusammen? Oder die Industrielle Landwirtschaft? Oder die ca. 90 000 Frachtschiffe, die ja alle mit Schweröl fahren, einem giftigen und dreckigem Abfallprodukt der Ölindustrie? Die 15 größten Frachtschiffe davon sind schmutziger als alle 750 Mio. Autos? Warum redet darüber niemand?



    Ganz zu schweigen der militärische Komplex, alleine der von den USA ist so gigantisch, die verbrauchen täglich mehr als 50 Mio. Liter? Also das ist so eine riesen Menge, dass es nahezu lächerlich ist, daneben über Elektromobilität zu reden. Warum reden wir darüber nicht?



    Wir sollten auch darüber am jeden Freitag reden!!!!



    Aber wir sollten nicht nur am Freitag darüber reden, sondern wir sollten jeden Tag darüber reden!!!!



    Will man das Klima schützen oder die Industrie? Offensichtlich will man eine weitere Massensteuer einführen, und die Industrie sowie das Militär schützen.



    Ich finde es grundsätzlich erst einmal toll, wenn auch junge Menschen, Kinder, über Themen des Lebens nachdenken. Ich finde das wirklich toll. Das ist ja erst einmal grundsätzlich etwas Positives. Aber wenn die aber offenbar, mit Informationen wieder in Halb Wahrheiten gelenkt werden, dann wird es problematisch. Und wenn die dann, den Halb Wahrheiten aufsitzen. Weil es ist nicht so ist?

  • Es bleibt eben doch ein Zielkonflikt zwischen Ökologie und Ökonomie. Immerhin ist es ja Sinn der CO2-Bepreisung, dass davon in Zukunft weniger in die Luft geblasen wird. Stichwort: Lenkungswirkung und Verhaltensänderung. Diese wird aber ganz sicher verfehlt, wenn der CO2-Preis in jedem Fall und für alle Eventualitäten auf anderem Weg wieder ausgeglichen wird. Die Erhöhung der Pendlerpauschale ist dafür ein Paradebeispiel, wenn Verkehrsmittel mit hohem CO2-Ausstoss per Pendlerpauschale immer noch (bzw. sogar noch höher) subventioniert werden.



    Die gewünschte Lenkungswirkung kann nur erzielt werden, wenn es irgendwo irgendwem wehtut.

    • @Winnetaz:

      Dann müsste man wohl doch erst einmal bei den Größten Verursachern anfangen, und nicht bei denen mit dem geringsten Anteil? Wenn man etwas verändern wollte?

      Die ca. 750 Mio Autos nämlich haben gerade einen Anteil von 1 % damit werden sie keine Veränderungen erreichen.

      Oder der weltweite Flugverkehr, einen Anteil von unter 3% auch damit wird das nicht erreicht.

      Man müsste, aber offensichtlich ist das nicht gewollt, bei den Größten wie zum Beispiel der Bauindustrie mit einem Anteil von über 50% ansetzen, oder der Industriellen Landwirtschaft, oder der Textilindustrie, oder den ca. 90 000 Frachtschiffen, die ja alle mit Schweröl fahren, einem giftigen und dreckigem Abfallprodukt der Ölindustrien?

      Ganz zu schweigen vom militärischen Komplex, alleine der von den USA ist so gigantisch. Die verbrauchen täglich mehr als 50 Mio. Liter. Also das ist so eine riesen Menge, dass es nahezu lächerlich ist, daneben über Elektromobilität zu reden. Warum reden wir darüber nicht?

      Will man das Klima schützen oder die Industrie? Offensichtlich will man eine weitere Massensteuer einführen, und die Industrie sowie das Militär schützen.

      Aber offensichtlich sind große Teile in Deutschland so Obrigkeitshörig, alles was von Oben kommt stimmt? Und betteln förmlich für eine neue Massensteuer?

  • Die Pendlerpauschale betrifft ja nur denjenigen, der einen weiten Weg zur Arbeit hat. Insoweit ist dieser Weg halt in Zukunft mit höheren Kosten verbunden.

    Durch eine Erhöhung der Pendlerpauschale wird auls niemandem nix geschenkt.

    Wer keine Arbeit hat und deshalb nicht zur Arbeit fährt, muss in diesem Punkt auch nicht entlastet werden.

  • Mal eine andere, ergänzende Sicht:



    Grob 6 Milliarden Menschen sehen in der Nutzung billiger Energie (Öl, Kohle, Gas, Holz) die Chance ihren Lebensstandard Richtung Armutsgrenze D (oder auch andere Länder) zu verschieben. Wer diesen Wunsch nicht kategorisch ablehnt, muss akzeptieren, das der Lebensstandard woanders sinken wird.



    Die Diskussion über Ausgleich ist richtig, aber zugleich auch im obigen Bild eine Art Illusion.