Zeitungen in der Krise: Subventionen für Zustellung
Der Haushaltsausschuss des Bundestags will in die finanzielle Unterstützung von Zeitungsverlagen einsteigen. Das Parlament muss noch zustimmen.
Allerdings sollen die Ausgaben bis zur Vorlage eines Gesamtkonzepts durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gesperrt bleiben. Dieses soll eine Förderung zeitlich begrenzt auf fünf Jahre beinhalten. Der Zeitungsverlegerverband BDZV sieht nach dem Beschluss Verbesserungsbedarf.
Hintergrund der staatlichen Hilfen sind auch rückläufige Auflagenzahlen von Tageszeitungen in Deutschland und der digitale Wandel. Die Lieferung gedruckter Zeitungen muss weiterhin bis in die hintersten Winkeln Deutschlands funktionieren. Verlage beklagen gestiegene Kosten. Dies auch wegen Veränderungen in den Verlagsstrukturen durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns für Zeitungszusteller, der seit 2018 gilt.
Im aktuellen Branchenbericht des BDZV („Zeitungszahlen 2019“) ist von jährlichen Mehrkosten für die Verlage von rund 400 Millionen Euro die Rede. Rund 100 000 Zusteller – überwiegend angestellt als geringfügig Beschäftigte – bringen demnach jeden Tag mehr als 10 Millionen Zeitungen zu den Lesern. Insgesamt wurden in Deutschland im zweiten Quartal 2019 täglich 13,52 Millionen Tageszeitungsexemplare verkauft.
Bundestag muss noch zustimmen
BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff kommentierte den Beschluss des Ausschusses auf dpa-Anfrage so: Es sei gut, dass das Arbeitsministerium den Handlungsbedarf erkannt und sich entschlossen habe, auf eine Situation zu reagieren, die auch durch Regierungshandeln entstanden sei. „Eine so geringe Förderung löst aber kein einziges Problem. Die Fördersumme mag zunächst hoch erscheinen, hätte aber pro ausgeliefertem Zeitungsexemplar weniger als einem Cent entsprochen.“
Dem stehen Wolff zufolge durchschnittliche Vertriebskosten von 52 Cent pro ausgetragener Zeitung gegenüber. „Der hohe Kostendruck bei der Zeitungszustellung bleibt eine Herausforderung mit gesellschaftspolitischer Tragweite, deswegen werden wir im nächsten Jahr einen erneuten Anlauf im parlamentarischen Prozess nehmen“, kündigte er an.
Schon längere Zeit hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Unterstützung der Zeitungszustellung geprüft. Grundlage ist eine entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die bisher aber nicht greift. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses ist noch nicht das letzte Wort. Der Bundestag muss dem Ganzen noch zustimmen, voraussichtlich kommt Ende November die Abstimmung. In der Regel folgt der Bundestag einer Empfehlung des Ausschusses.
In dem Antrag, der der dpa vorlag, heißt es, dass ein System zur Förderung der Zustellung von Abo-Tageszeitungen und Anzeigenblättern eingerichtet werden solle. Ziel sei, die flächendeckende Versorgung mit Abo-Zeitungen und Anzeigenblättern zu unterstützen, die die Verlage selbst zustellen oder deren Zustellung von Organisationen erfolgt, die die Verlage mit eigenem wirtschaftlichen Risiko mindestens anteilig führen. In anderen Ländern gibt es bereits solche Förderinstrumente für Verlage.
Ohne Subventionen keine Zeitung
Anfang November hatten sich auch die Zeitschriftenverleger mit der Forderung nach Hilfestellung bei der Postzustellung ihrer Magazine an den Bund gewandt. Hintergrund sind Preiserhöhungen.
Bisher waren staatliche Subventionen für Zeitungsverlage tabu. Doch Strukturwandel, Auflagenschwund und Digitalisierung machen der Branche zu schaffen. Insbesondere im ländlichen Raum fällt es Zeitungsverlagen schwer, noch immer kostendeckend Tageszeitungen zu liefern.
In diesem Jahr sah es so aus, als könnte Thüringen das erste Bundesland ohne gedruckte Tageszeitung werden. Neue Druckerpressen kosten große Millionenbeträge, die Funke-Mediengruppe, die in Thüringen den allergrößten Teil der Medienlandschaft prägt, wird die uralten Maschinen auf absehbare Zeit nicht austauschen können. Auch die Zustellung in winzige Thüringer Dörfer macht dem Verlag zu schaffen.
Michael Tallai, der Geschäftsführer der Mediengruppe, sah die Verantwortung für seine Zeitungen daher auch bei der Politik. Wenn im ländlichen Raum der letzte Laden schließe, es keinen Arzt, keine Tankstelle und irgendwann auch keine Tageszeitung mehr gebe, dann habe auch die Politik ein Problem. Deshalb brachte er sehr früh, anders als andere Verleger, Subventionen für Zeitungsverlage in Spiel. Damals zeigten sich Vertreter der Landesregierung offen für solche Lösungen. Nun könnte es schrittweise der Bund werden, der in die Subventionierung der Zeitungen einsteigt.
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