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Amtsenthebungsverfahren gegen TrumpGenug gehört, Amigos?

Die Anhörungen im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump sind vorbei. Und die Gräben zwischen Demokraten und Republikanern sind so tief wie nie.

„Wir haben einen unethischen Präsidenten“, sagt der Ausschussvorsitzende Adam Schiff Foto: Erin Scott

Selten ist die Tiefe der Gräben in Washington so deutlich geworden wie an den fünf Tagen öffentlicher Hearings im Geheimdienstausschuss. Da stritten DemokratInnen und RepublikanerInnen darüber, was Realität ist. Und da zeigten KarrierediplomatInnen und millionenschwere Amigos, die erst jüngst in die Außenpolitik gekommen sind, Uneinigkeiten darüber, wer Freund und Feind ist.

Unterdessen benahm sich der Mann, um den es bei dem Impeachmentverfahren geht und dem der Entzug seines Amts wegen Verrat, Bestechung oder anderen schweren Vergehen droht, als wäre er lediglich ein außenstehender Kommentator. Präsident Donald Trump begleitete die langatmigen und detaillierten Hearings aus seinem Büro mit persönlichen Beleidigungen und Einschüchterungen einzelner ZeugInnen per Tweet – dabei nahm er insbesondere Frauen ins Visier.

Am Donnerstag kam er mit einem handgeschriebenen Zettel auf die Wiese am Weißen Haus und las ab: „Ich will nichts von der Ukraine“ und: „Kein Quid pro quo.“

„Wir haben einen unethischen Präsidenten“, befand Ausschussvorsitzender Adam Schiff am Donnerstag, dem Tag, als die öffentlichen Hearings seines Ausschusses zu Ende gingen. Schiff fügte hinzu: „Amerika ist besser als das.“ In den Reihen der DemokratInnen wird er damit auf Zuspruch stoßen. Die ZeugInnen in den öffentlichen Hearings haben belegt, dass alle Fäden der Politik und der Erpressungen gegenüber der Ukraine im Weißen Haus zusammen gelaufen sind.

Es erscheint klar, dass die Mehrheit im Repräsentantenhaus für eine Amtsenthebung von Trump stimmen wird. Auch wenn die Einzelheiten auf dem Weg dahin und der Terminplan noch offen sind. Aber die Frage bleibt, welche politischen Folgen das haben wird. Denn den DemokratInnen ist es nicht gelungen, Keile in die dicht geschlossenen republikanischen Reihen im US-Kongress zu treiben. Und auch Umfragen von der WählerInnenbasis zeigen bislang keine nennenswerten Veränderungen.

Schuld oder Schabernack?

Im Geheimdienstausschuss hat keinE RepublikanerIn den Präsidenten für unschuldig erklärt. Stattdessen haben die ParteigängerInnen des Präsidenten sich darauf geeinigt, das ganze Verfahren als absurd zu bezeichnen. Immer wieder nutzte Devin Nunes, der republikanische Sprecher im Geheimdienstausschuss, seine Redezeiten, um zu wiederholen, dass die DemokratInnen bis heute nicht akzeptiert hätten, dass ihre Kandidatin die Wahlen von 2016 verloren hat.

Ein Impeachmentverfahren gegen einen US-Präsidenten ist ein extrem seltenes und schwerwiegendes Ereignis. Das gegenwärtige ist erst das dritte in der 243 Jahre langen Geschichte der USA. Aber Nunes macht es zu einem politischen Manöver, einer Verschwendung von Steuergeldern und zu Schabernack.

Nach Nunes’ Interpretation gibt es in Washington seit Anfang 2017 jede Menge „Schabernack“: von den Analysen sämtlicher US-Geheimdienste, wonach Russland in den Wahlen von 2016 mitgemischt hat; über die Ermittlungen des FBI und die Russland-Untersuchungen von Sonderermittler Robert Mueller bis hin zu dem Impeachmentverfahren.

taz am wochenende

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Während die DemokratInnen ihr Impeachment in der unteren Kammer vorbereiten, wo sie die Mehrheit halten, arbeitet Trump an dessen Revision im Senat, wo seine Partei die absolute Mehrheit hat. Der US-Präsident hat die Ermittlungen der DemokratInnen im Repräsentantenhaus nach allen Kräften behindert. Unter anderem hat er MitarbeiterInnen aus dem Weißen Haus und dem Außenministerium die Aussage verboten, zentrale Dokumente unter Verschluss gehalten und die Legitimität der Ermittlungen bestritten. Aber für die nächste Phase im Senat erwägt er eine 180 Grad Kehrwende.

Am Donnerstag konferierte er mit mehreren republikanischen SenatorInnen über das künftige Vorgehen. Allerdings ist noch unklar, wie groß er sein eigenes Impeachmentverfahren im Senat fahren will. Es geht um Wahltaktik. Sollten die republikanischen StrategInnen zu dem Ergebnis kommen, dass es Trumps Wiederwahl im November 2020 nutzt, lange bis zu seinem Freispruch im Senat zu warten, werden sie die Hearings in die Länge ziehen.

Nicht mit der offiziellen Diplomatie abgesprochen

Fiona Hill war bis Juli Fachfrau für die Ukrainepolitik im Nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses. Zusammen mit David Holmes, der an der US-Botschaft in Kiew arbeitet, bildete ihr Auftritt den krönenden Abschluss der öffentlichen Hearings.

Hill und Holmes beschrieben, wie Trumps persönliche Vertraute parallele Kanäle in der Ukrainepolitik aufbauten. An der Spitze dieser „Amigos“ stand Trumps persönlicher Anwalt, der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudolph Giu­lia­ni. Auch Gordon Sondland, der Trump eine Million Dollar spendete, bevor er vom Hotelunternehmer zum Botschafter der USA in Brüssel befördert wurde, gehörte dazu.

Die Arbeit der „Amigos“ in der Ukraine war nicht mit der offiziellen Diplomatie abgesprochen und zielte immer wieder scharf gegen sie. So führten Giulianis Mitarbeiter vor Ort eine Schmierenkampagne gegen die Botschafterin der USA, Marie Yovanovitch, die angetreten war, die Korruption zu bekämpfen. Trump holte die Botschafterin nach Washington zurück. Vor dem Hearing bestätigen DiplomatInnen, dass ein US-Präsident das Recht hat, seine BotschafterInnen auszuwählen. Aber, so Hill, „eine Schmierenkampagne ist nicht nötig.“

Trump ist der korrupteste Präsident der US-Geschichte

Bernie Senders

Während die offiziellen DiplomatInnen versuchten, die Demokratie in der Ukraine zu stärken und das Land im Kampf gegen Russland und gegen die Korruption zu unterstützen, agierten Trumps „Amigos“ in einer anderen Richtung. Ihnen ging es darum, Trumps kommenden Wahlkampf auf dem Umweg über die Ukraine zu stärken. Dafür hielten sie Militärhilfe im Wert von fast 400 Millionen Dollar zurück und nutzten das begehrte und bis heute nicht zustande gekommene Treffen mit dem Oval ­Office als Druckmittel. Um beides zu bekommen, sollte der ukrainische Präsident Ermittlungen gegen Trumps heimischen Gegenspieler Joe Biden und dessen Sohn einleiten.

„Trump ist der korrupteste Präsident der US-Geschichte“, sagt der demokratische So­zia­list Bernie Sanders. Wie alle demokratischen Bewerber für Trumps Nachfolge unterstützt er das Impeachmentverfahren. Aber es bleibt ein Dilemma. Der Unternehmer und demokratische Präsidentschaftskandidat Andrew Yang beschreibt es so: „Wann immer wir über Trump reden, verlieren wir. Auch wenn es um sein Impeachment geht.“

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6 Kommentare

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  • "Erpressungen gegenüber der Ukraine" - was soll das für Deutsch sein?







    Und der Unterschied zwischen "zusammen laufen" und "zusammenlaufen" scheint auch nicht klar zu sein.

    Sprachlich lässt die taz in letzter Zeit gerne Mal zu wünschen übrig.

  • Er wollte doch den Sumpf in Washington austrocknen... doch nur die Frösche wurden ausgetauscht gegen größere.

    • @danny schneider:

      Schönes Bild. So ist's.

  • Sorry. Eine amerikanische Botschafterin sollte in der Ukraine die Korruption bekämpfen? Sozusagen völlig losgelöst von der Regierung bzw. dem Außenministerium? Was sind das denn für Geschichten? Trump hätte doch die Botschafterin jederzeit ohne Begründung absetzen können. Dazu brauchte er doch keine Amigos.



    Und wieso wird eigentlich vorausgesetzt, dass die Demokraten weniger korrupt und machtgeil sind als die Republikaner?

    • @Rolf B.:

      Weil gern so getan wird, als wären die Demokraten Linke.

  • "...Botschafterin der USA, Marie Yovanovitch, die angetreten war, die Korruption zu bekämpfen."

    Was hat sie dann die ganze Zeit gemacht?