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Böhmermann und der SPD-VorsitzEr will es wohl probieren

Der Satiriker sucht noch eine Partnerin für die Kandidatur. Sie müsste vieles mitbringen. Wenn's klappt, wäre die Kacke am Dampfen, sagt Böhmermann.

Stellt er sich so seine Zukunft vor? Satiriker Jan Böhmermann Foto: ZDF/Julia Hüttner

Berlin taz | Sein Lebenslauf sei wie der eines Ex-Kanzlers der SPD, sagt Jan Böhmermann. „Ich habe mich aus einfachsten sozialen Verhältnissen, größtenteils mit öffentlichen Geldern, hochgearbeitet, eine klassische Gerhard-Schröder-Biographie.“ Der Moderator steht an einem kleinen Rednerpult mit der Aufschrift SPD und spricht in die Kamera – über seine geplante Kandidatur als Vorsitzender der deutschen Sozialdemokraten.

Mit diesem Vorhaben meldete sich Böhmermann in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ am Donnerstagabend aus der Sommerpause zurück. In dem knapp achtminütigen Kandidaturvideo betont der Satiriker, dass er es ernst meint. In einer Videokonferenz bei Instagram, Böhmermann nennt es Bürgersprechstunde, legt er am Freitagmittag nochmal nach: Er habe bereits vier SPD-Bezirksverbände hinter sich, nennen will er sie jedoch nicht. Nur so viel: Zwei seien im Osten des Landes, einer im Südwesten und einer im Norden. Skeptisch äußerten sich unterdessen SPD-Politiker*innen über sein Vorhaben.

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Aus der Parteizentrale hieß es am Freitagmorgen, es sei noch keine Kandidatur Böhmermanns eingegangen. Und überhaupt: Der Satiriker sei gar kein SPD-Mitglied. In seinem Video räumt Böhmermann das auch selbst ein, wischt das Problem aber gleich weg: „Jesus war auch nicht in der Kirche.“ Dann hält er ein Formular in die Höhe. „Das hier ist mein fertig ausgefüllter SPD-Mitgliedsantrag.“

Den wollte aber am Freitag zunächst niemand haben. Aus dem für den Kölner Satiriker geografisch nächstliegenden Ortsverein im Stadtteil Köln-Ehrenfeld kam ein Dämpfer. Der sozialdemokratische Bezirksbürgermeister, Josef Wirges, ließ über die Deutsche Presse-Agentur mitteilen: „Der Herr kann machen, was er will, aber aufnehmen tun wir ihn nicht.“ Böhmermann sagte in seiner Videoschalte, das habe ihn traurig gemacht. Aufgeben will er aber nicht.

Die SPD zeigt sich verschlossen

Sein Team versende Mitgliedsanträge auch an andere Ortsvereine. Ersten Angaben aus der Partei zufolge, können Bür­ge­r*in­nen aber nur dort aufgenommen werden, wo sie gemeldet sind.

Selbst wenn Böhmermann aufgenommen werden sollte – er stellt der Partei in Anspielung auf ihre Gründungsjahre einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 186,30 Euro in Aussicht – es wären noch weitere Hürden zu nehmen. Kan­di­da­t*in­nen für den Parteivorsitz müssen entweder von fünf Unterbezirken oder einem Landesverband nominiert werden.

Bewerbungsschluss dafür ist am Sonntag um 18 Uhr, und da auch Spitzenduos zugelassen sind, ist der Fahrplan für den Satiriker klar. „Ich bewerbe mich um den SPD-Vorsitz in der Doppelspitze und zwar zusammen mit der SPD-Frau, die mir bis Sonntag 18 Uhr fünf Unterbezirke oder einen Landesverband und eine gültige SPD-Mitgliedschaft organisiert.“

In seinem Video blickt Böhmermann immer wieder in seine Geburtsstadt Bremen. „Meine Heimat ist SPD-Graswurzelland“, sagt er. Doch der dortige Landesverband will den Satiriker unter keinen Umständen nominieren. „Eine Unterstützung aus Bremen ist nicht denkbar, dafür ist uns der Parteivorsitz viel zu ernst“, sagte der Bremer SPD-Landesgeschäftsführer, Ro­land Pahl, zur taz.

Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert äußerte sich belustigt. Dem Satiriker fehlten noch eine „AWO-Tischdecke und IG Metall-Cap, dann könnten die ersten Unterbezirke weich werden“, schrieb er bei Twitter. Ein Sprecher der SPD-Jugendoranisation sagte zur taz, in ihrem Interesse sei, dass über eine inhaltliche Erneuerung der Partei gesprochen werde.

Böhmermann sagte bei seiner Online-Videoschalte, noch hänge seine Kandidatur an formellen Hürden, für Inhalte sei es deshalb zu früh. Und dann noch: „Wenn es klappt, dann ist die Kacke am Dampfen, auf allen Seiten.“

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29 Kommentare

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  • Diese Witzfigur. Wenn er wenigstens gut wäre. Aber nur diese Fremdschämaktionen.... wenn er wenigstens Österreicher wäre.

  • Bühmermann bewegt sich auf niedrigstem Niveau und kann mit Kritik nicht umgehen. Insofern würde er ideal zu Trump, Erdogan und Brexit-Johnson passen.

  • Bin schon ganz heiß auf den kommenden Böhmermannzug. Jetzt geht's los! Glück auf!

  • In welchem Zustand befinden sich diejenigen, für die Böhmermann quasi der Mittelpunkt ihres Daseins zu sein scheint?



    Anders gefragt: Wie herunter gekommen und anspruchslos ist die politische Satire, dass ein Böhmermann zum Star werden kann?

  • Böhmermann nervt. Bei den Narren der Partei wäre in der letzten Reihe gut aufgehoben.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Die SPD ist tot.

  • 9G
    93559 (Profil gelöscht)

    Albrecht von Lucke hält das für die schäbigste Art der Ironie.



    www.deutschlandfun...:article_id=457648

    "Böhmermanns Aktion sei eher Ausdruck der Tatsache, dass ihm mit dieser Form des Ironischen mittlerweile nicht mehr einfällt, wie er mit der Gegenwart umgehen soll. „Das spricht eigentlich eher ein Armutszeugnis aus, über den gegenwärtigen Zustand des momentanen Polit-Entertainments dieser Generation.“ Albrecht von Lucke meint dazu: „Die Totalität der Ironie, die gebricht sich irgendwann.“

    Der Politikwissenschaftler spricht sich auch vehement dagegen aus, Böhmermann in diesem Fall auch nur ansatzweise ernst zu nehmen. „Wir dürfen doch niemanden ernst nehmen, der es selbst nicht ernst nimmt.“ Die ganze Aktion sei allein dazu da, um Aufmerksamkeit zu erheischen.

    Da seien andere womöglich weiter. „Wenn beispielsweise Rezo es schafft, mit einem Video, das nicht mehr ironischer Art war, wirklich die CDU zu attackieren, dann ist das weit politischer, als sich jetzt noch einmal über die SPD zu beugen, in einer ganz armseligen Form der Ironie seine Verachtung auszudrücken.“



    Böhmermann sage vielleicht zu Recht, „hilflos, verletzt ist die SPD.“ Er wolle nicht länger vorbeigehen, es reiche. Und doch bringe er zum Ausdruck, es sei ihm eigentlich egal, sagt Lucke: „Das ist die billigste Form der Ironie – die genau das Gegenteil von dem, was sie behauptet, meint.“"

    • @93559 (Profil gelöscht):

      Natürlich wird damit auch Verachtung gegenüber der SPD und der gesamten Politik ausgedrückt.



      Und das ja auch völlig zu Recht, wenn man sich die Wichtigtuer aus dem politischen Bereich anschaut.

      Und es ist mit Sicherheit besser in der Form wie Böhmermann damit umzugehen als wie jedweder platte Rechtspopulismus.

      • @Age Krüger:

        Ja. Wenn man wie Böhmermann auf die Old School Politik steht, wo von oben herab der starke Mann herabsteigt, dann kann man sich über die Wahlprozeduren amüsieren.

  • 9G
    90118 (Profil gelöscht)

    horst schlämmer lässt grüßen!

  • Ich fände da jetzt Hallervorden qualifizierter, wa ?

  • „Der Herr kann machen, was er will, aber aufnehmen tun wir ihn nicht.“

    Dann ist wohl mal wieder eine Klage fällig (;-))

    • @Rainer B.:

      Sinnlos.

      "Eine politische Partei sei weder verpflichtet, jeden Eintrittswilligen aufzunehmen, noch die entsprechende Ablehnung inhaltlich zu begründen, so das Landgericht Trier in seinem Urteil (Az. 5 O 68/15). Gestützt wurde die Entscheidung auf § 10 Absatz 1 PartG, wonach die zuständigen Organe einer politischen Partei nach näherer Bestimmung ihrer Satzung frei über die Aufnahme von Mitgliedern entscheiden und die Ablehnung eines Aufnahmeantrages nicht begründet zu werden braucht.

      Im Anschluss an eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Urteil v. 29.07.1987, II ZR 295/86) vertritt die Kammer die Auffassung, dass die Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

      Ein Aufnahmezwang von Mitgliedschaftsbewerbern sei im Grundgesetz nicht vorgesehen und lasse sich weder aus dem Gebot der innerparteilichen Demokratie (Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG) noch aus dem Grundrechtskatalog (insbes. Art. 2 I, 5, 8, 9, 38 GG) ableiten. Vielmehr ergebe sich aus dem Grundrecht der Parteien- und Vereinigungsfreiheit (Art. 9, 21 Abs. 1 S. 2 GG) die Freiheit, mit einem bestimmten Bürger gerade nicht zusammenarbeiten zu wollen."

      www.rechtsindex.de...-politische-partei

      • @Sven Günther:

        „Vielmehr ergebe sich aus dem Grundrecht der Parteien- und Vereinigungsfreiheit (Art. 9, 21 Abs. 1 S. 2 GG) die Freiheit, mit einem bestimmten Bürger gerade nicht zusammenarbeiten zu wollen."

        Das hält einen Thilo Sarrazin ja auch nicht davon ab, medienwirksam gegen seinen Ausschluss aus der SPD zu klagen.

        • @Rainer B.:

          Der ist aber schon Mitglied....

          • @Sven Günther:

            Das schon - aber auch unerwünschtes.

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Der neue Messias der SPD.

  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Wirklich klasse! Ohne Böhmermann-Fan zu sein: In seiner Antrittsrede wird das gesamte hohle Phrasengedresche der PolitikerInnen „at it‘s best“ zelebriert. Wen wundert es noch, dass die alle Zusammen mit dem A... nicht mehr an die Wand kommen!

  • Und mit wem?

    Mir scheint Bömi will sein Späßchen männlich ganz allein Spielen.

  • Ich finde das überhaupt nicht lustig. Noch nicht mal billig. Eigentlich nur peinlich. Böhmermann wischt sich mit der SPD den A... ab.

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Ich finde es ja hart wie andere Medien auf dieses Thema abgehen. Ganz so also ob der Böhmermann im Alleingang gestern die SPD auf 13 Prozent gedrückt hat.

    "Populismus und Demokratiefeindlich" sei die Aktion, so schallt es von der Zeit über die Welt bis zur FAZ.

    Aber mit Rechten muss man dagegen reden...manman...

  • Die Sieben Säulen der SPD:



    1. Große Ideen für kleine Leute



    2. Große Konzepte in kleinen Schritten



    3. Große Angst vor der (eigenen) kleinen Courage in großen Momenten mit kleinem Mut



    4. Großes Einknicken mit kleinem Rückrat



    5. Große Koalitionen mit kleinen Ergebnissen



    6. Großer Selbstverrat kleiner Geister



    7. Großer Absturz zur kleinen Partei

    • @Sascha Gesang:

      Niemand hat(te) die Absicht sozialistische Ideen zu verraten!

      • @Sascha Gesang:

        Nur gut, dass die Linkspartei das schon hinter sich hat ;-)

        • @Rudolf Fissner:

          Beziehen Sie sich auf die Zeit vor oder nach der Wende?



          😄

  • Primitive Spaßgesellschaftsattitüde, mehr nicht.

  • Selenski lässt grüssen

  • Schade, dass er nicht erst eingetreten ist und später die Aktion an die große Glocke gehängt hat.

    Den Spass hätte ich mir ja mal gegönnt. ^^

    So wirds wohl nur heisse Luft.