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Suche nach sogenanntem ProblemwolfWanted: Wolf GW924

Seit Januar ist der Wolf GW924 in Schleswig-Holstein zum Abschuss freigegeben – nun soll das Team der Jagdberechtigten erweitert werden.

Problemwolf oder nicht? Aus der Ferne sieht ein Wolf aus wie der andere Foto: dpa

Kiel taz |Nacht für Nacht sind sie unterwegs, warten, suchen: Seit Januar jagt eine sogenannte „Entnahmegruppe“ im Südosten Schleswig-Holsteins einen Wolfsrüden. GW924, so seine Kennung, hat mehrfach hohe Zäune überwunden, um Herden anzugreifen. Auch wenn er aktuell wohl vermehrt Rehe und Hasen frisst, hat er auch in diesem Sommer Schafe erlegt.

Nun hat Umweltminister Jan-Philipp Albrecht (Grüne) angekündigt, dass ab Mitte September nicht nur die Mitglieder der Entnahmegruppe, sondern auch die örtlichen Revierpächter*innen auf den Wolf anlegen sollen.

Ob das zu einem schnelleren Abschuss des Tieres führt, ist zu bezweifeln. „Belastend“ für die Beteiligten nennt Jens Matzen, Koordinator der Wolfsbetreuer in Schleswig-Holstein, die Jagd auf den sogenannten „Problemwolf“: „körperlich und psychisch anstrengend“. Matzen selbst gehört der Gruppe nicht an, deren Mitglieder anonym bleiben – auch, um sie vor Protesten von Naturschützer*innen zu schützen. Schließlich geht es um die Jagd auf ein streng geschütztes und im Land seltenes Tier.

„Ich gehe davon aus, dass keiner es gern töten will“, sagt Matzen. Gleichzeitig aber sieht er in diesem Fall keine andere Wahl: „Wir müssen nun mal mit Wildtieren, Haustieren und Menschen in einem engen Bereich zusammenleben. Wenn ein Tier sich so verhält wie dieses, bleibt nichts anderes übrig, als es zu entnehmen.“

Der Wolf in Schleswig-Holstein

Obwohl landesweit immer wieder Wölfe gesichtet werden, ziehen die meisten Tiere nur durch. Im Juli teilte das Umweltministerium mit, dass aktuell nur zwei Wölfe im Land leben.

Die Kreise Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg, Herzogtum-Lauenburg und Segeberg gelten als Gebiete, in denen Wölfe auftauchen könnten. Steinburg und Pinneberg zählen zum Revier des Rüden GW924. Landwirt*innen müssen hier ihre Herden besonders schützen, etwa durch Zäune, um für gerissene Tiere entschädigt zu werden. Für Zäune stellt das Land 1,7 Millionen Euro zur Verfügung.

Geschossen wird im eigenen Revier

Daher hat der Wolfsbetreuer und Rissgutachter auch Verständnis für den Umweltminister, der GW924 zum Abschuss freigegeben hat: „Es ist bitter, aber geht nicht anders. Sonst kippt in der Bevölkerung das Verständnis, die Wölfe werden insgesamt abgelehnt.“

Bisher galt, dass die spezialisierte Gruppe die besten Chancen hätte, GW924 aufzuspüren. Aber der Wolf ist weiterhin unterwegs, an toten Schafen wurden seine Gen-Spuren gefunden. Daher hat Minister Albrecht nun vorgeschlagen, dass künftig Jäger*innen in den Kreisen Pinneberg und Steinburg den Wolf erlegen dürfen. Der Kreis soll auf die Revierpächter*innen begrenzt werden, sie sollen auch nur in ihrem eigenen Revier schießen dürfen.

René Hartwig vom Landesjagdverband Schleswig-Holstein verweist auf das laufende Verfahren, in dem sein Verband eine Stellungnahme ans Ministerium schicken will. Nur so viel: Fachlich geeignet wären die Revierpächter*innen für den Abschuss des Wolfs, schließlich haben sie eine Ausbildung durchlaufen und mussten sich bewähren, bevor sie ein Revier übernehmen. Nur – wie finden sie den Wolf, und wie erkennen sie ihn, falls mehrere Tiere unterwegs sind?

„Das ist nicht so ganz einfach“, sagt Hartwig. Es helfe die „statistische Vermutung“, wo sich GW924 aufhalten könnte. Eben da liegt das Problem, sagt Koordinator Matzen: „Er ist sehr scheu und bewegt sich einem Gebiet von rund 700 Quadratkilometern.“ Die Entnahmegruppe habe ihn nur aus weiter Ferne zu Gesicht bekommen.

In den kommenden Wochen stimmen Ministerium, Naturschutz und Jagdverband ab, wie die Regeln für die erweiterte Hatz aussehen sollen. Auch der Nabu hatte sich dafür ausgesprochen. Dass GW924 zuletzt weniger Schafe gerissen habe, läge daran, dass die Herden zurzeit auf den Elbdeichen weiden, glaubt Matzen: „Im Herbst stehen die Tiere wieder in Schleswig-Holstein“.

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2 Kommentare

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  • Zitat: „Seit Januar jagt eine sogenannte „Entnahmegruppe“ im Südosten Schleswig-Holsteins einen Wolfsrüden. GW924, so seine Kennung, hat mehrfach hohe Zäune überwunden, um Herden anzugreifen.“

    So viel zur Leistung, die sich (wieder) lohnen muss. Wer seine Schafe fressen darf, möchten die Bauer jedenfalls allein entscheiden. Weil: Sie nagen ja auch ohne Mitesser bereits beinah am Hungertuch bzw. an der Tischkante. Der Mensch scheint nicht sehr weit gekommen zu seit dem Beginn des Anthropozäns. Ich meine: In Richtung Souveränität. Ihm bleibt also nur eins: Der Wolf muss wieder weg. Man muss ihn abschießen (lassen), weil er noch höher klettern bzw. noch tiefer graben kann als so ein Bauer Zäune bauen.

    Was muss, das muss also. Auch, wenn es keiner will. Was die Jagd auf den „Problemwolf“ für Jäger „anstrengend“ macht nach deren eigenen Angaben. „Körperlich und psychisch anstrengend“. Der Wolf sagt dazu nichts. Zumindest nicht der taz. Wie könnte er auch?

  • Nicht weitersagen - Er hat's



    Kaa Hetz - Überlebt - Die Hatz.

    unterm——bitte Herr 🦌 — 🎶 🎶 🎶 — der alte räudige 🐺



    m.youtube.com/watch?v=jl5bfCfRTr4